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[OBF-410809-002-01]
Briefkorpus

Sonnabend, am 9. August 1941.

Mein geliebtes Herz! Du!!! Mein lieber, herzlieber [Roland], Du!!!

Oh Herzlieb! Du!!! Heute muß ich gleich so klein anfangen zu schreiben! Du!!! Soll ich Dirs' denn sagen? Du!!! Kann ich Dir´s denn sagen? Ach Du! Beinahe schäme ich mich doch vor Dir, Geliebter!!! Ach Du!!!!!!!!!! Du!!!!!!!!!! Ach Du bist doch mein Mannerli, mein liebes, liebes, gutes! Und zu Dir darf ich kommen mit meinem ganzen Vertrauen! Du verstehst mich immer – Du!!!!!!!!!! Heute früh war es, ganz zeitig, vor 6 Uhr, da habe ich sooo süß, sooo lieb [vo]n Dir geträumt – ach Du!!! Geliebter! Geliebter! Sooo süß wie heute früh träumte ich noch nie von Dir! Oh Du!!! Ich habe Dich sooooooooooooo sehr lieb haben müssen – wie noch nie in meinem Leben ich im Traum jemanden liebgehabt habe – Herzlieb! Es war so eigenartig, so wundersam – ach, ich kann es Dir doch garnicht beschreiben, wie einzigartig süß und schön das Gefühl war, als ich Dich so ganz bei mir fühlte – Geliebter, Du!!! Es ist noch niemals so gewesen, noch niemals! Du, mir ist es wie Dir gegangen, mein Hemdlein war ganz naß! Ach Du!! Du!! So lieb, sooooo sehr lieb muß ich Dich haben – ach Du!!!!! Geliebter! Mein Geliebter!!! Ich spüre es schon lange, daß die Sehnsucht nach Dir übergroß ist – diesmal muß ich mich noch viel mehr auf Dein Wiedersehen freuen als das letzte Mal! Oh Geliebter! Und darum mußte ich Dich auch so sehr lieben heute früh – ich sehne mich zu sehr nach Dir, Du!! Du!!! Daß mich ein Traum erlösen könnte jemals, ich habe es nie für möglich gehalten – heute habe ich es erlebt – ach Du!!! Du!!! Du!!!!!!!!!!!!!!! Du allein warst es, der mich dieses wunderbar-selige Gefühl erst lehrte, Du warst es, der meine ganze, große, heiße Liebe weckte – erlösen konnte – oh Geliebter! Du allein! Nun hänge ich nur noch inniger an Dir, ich muß bei Dir sein, bei Dir, um ganz glücklich zu sein in unsrer Liebe – Herzlieb! Hast Du mich wohl auch so sehr lieb darum? Oh Du!! Unser ganzes Liebesglück, es findet ja seine Erfüllung erst, wenn wir es so krönen dürfen – wenn unsre Wesen zusammenfließen, wenn unsre Herzen sich so ganz in Liebe, in Verehrung zuneigen – ach alles, alles liegt in dieser glücklichsten Stunde, was Worte so schwer ausdrücken können! Geliebter!!!!! Oh – ich spüre tief beglückt, daß Du mich verstehst – Du fühlst wie ich! Und darum bin ich doch sooo überglücklich, mein Herzensschatz! Du mein Geliebter!! Das [sic] zwischen uns so viel echtes, wahres Liebesglück webt [sic] – ist es nicht wie ein ganz großes Märchenwunder? Oh Geliebter! So kann es niemals wieder sein, noch einmal sein! Was wir miteinander erleben, es ist einmalig – unwiederbringlich – wir sind mit Leib und Seele miteinander verbunden – wir können niemals mehr voneinander lassen – weil wir uns zu sehr lieben! Du!! Und unsre tiefe Herzensliebe und unsre schöne Wesensgemeinschaft, unsre große, unwandelbare Treue, das sind die besten Grundpfeiler, die sichersten für unsre Lebensgemeinschaft. Wenn der Herrgott uns nur seinen Segen nicht versagt, dann sind wir die glücklichsten Menschen unter der Sonne.

Mein geliebter [Roland]! Mein Traum hatte mich so durcheinandergebracht und so sehr erregt, daß ich garnicht wußte anfangs, wie ich nur den Tag hinbringen sollte, ohne [da]ß ich fortwährend Dein lockendes Bild vor mir schweben sah, ohne daß ich immer an meine übergroße Sehnsucht erinnert würde. Gleich nach den üblichen Morgenarbeiten bin ich [ein] paar Wege gegangen – mittlerweile wurde es ½ 11 [Uhr], da hatte ich die Mangel bestellt. Mutsch hat mir mit tragen helfen, dann habe ich sie wieder heimgeschickt – ich wollte, ich mußte allein sein! Du!! Das einmalige Erlebnis hat mich ja so aufgeregt – ach, wenn Du darnach auch so erregt und so hungrig nach meiner Nähe sein mußt – wie ich, dann kann solch Traum nicht Erlösung bringen – dann bringt er uns nur neue Sehnsucht, viel viel größere Sehnsucht, Geliebter! Geliebter! Oh Du!! Komm bald zu mir!!! Ich kann mir dann nicht anders Ruhe verschaffen und einen Ausgleich, als durch Ablenkung, durch Arbeit – auch durch körperliche, schwere Arbeit, weil dann die Säfte anders geleitet werden, aufgebraucht werden und durch die Ermüdung hernach kann man Ruhe finden.

So habe ich 1 ½ Stunden tüchtig gerollt. Daheim alles wieder weggepackt und tüchtig gebohnert. Und dann stand unser Papa auf, es war um 2 Uhr mittags. Er sagte mir, daß ein Kaufunger Arbeiter von Tante K. bestellen soll, sie erwarte mich heute Nachmittag in Kaufungen zum Stachelbeerenpflücken. Wir hatten nämlich welche bestellt, ich bekomme nirgends welche – ich muß sie nur selbst pflücken. Das wollte ich ja auch gerne! Und trotzdem es heute ganz ekelhaft draußen war, bin ich losgefahren. Es hat mich richtig fortgetrieben, Du!! Ich mußte diese Gedanken loswerden – ich hätte mich so gequält – Du! Weil ich mich so ganz sehr nach Dir sehen muß heute, Herzlieb!! 

Es regnete, was nur vom Himmel konnte – Mutsch und Papa wollten mich nicht fortlassen – ich bin trotzdem los. Habe mich [g]ut vorgesehen, daß ich mich nicht erkälte. Beim Gerhard unten lieh ich mir das große Regencape aus, so ging's ganz fein. Um 3 Uhr war ich unten – um 7°° [Uhr] wieder daheim. Müde – naß! Mit 10 ℔ Beeren! Und 2 ℔ Klaräpfeln. Wenn Du da bist, besuchen wir K.s' nochmal, sie freuen sich! Ich habe Quark bestellt, damit wir einen Kuchen backen können. Der Sohn Hellmut war gerade auf Urlaub da, er ist in Dänemark bei der Artillerie. Er hat mir pflücken helfen, da bin ich [ein] bissel schneller fertig geworden. Ohne Cape wäre ich durchnäßt gewesen bis auf die Haut. Es ist nun schon 9 Uhr vorbei, da ich hier sitze und Dir schreibe. Ich habe erst mit den Eltern Abendbrot gegessen, ehe ich mich hinsetzte. Kaffee getrunken habe ich bei K.s, da gabs'  selbstgemachte Marmelade und Kuchen! Urlauberfreudenkaffee! Das gibts' bei uns auch in 3 Wochen! Jawohl!!

Herzlieb mein! Nun habe ich die gewünschte Müdigkeit in den ‚Knochen‘ sitzen – nun ists' beinahe auch wieder nicht richtig! Du!! Aber ich hoffe, daß ich ganz fest und traumlos schlafen kann nun. Du! Du!! Herzliebes, böses Mannerli! Daß ich Dich nun so liebhaben muß! Und ich will alles, alles aufheben bis Du kommst! Will nichts, garnichts verschwenden! Du!! Alles Dir schenken! Geliebter Du! Heute bekam ich Deinen lieben, lieben Dienstagboten! Sei viellieb [sic] bedankt dafür! Ich habe mich so gefreut darüber! Nun hast Du wenigstens wieder von mir Nachricht. Und die anderen Boten kommen ganz gewiß auch noch nach!

Herzlieb! Mein Herzlieb! Ich bin so glücklich, daß wir uns nun ganz verstehen! Du!! Hast mir so lieb über das Mißverständnis beim letzten Abschied auf dem Bahnhof zu Leipzig geantwortet. Du!! Wie hätte es können auch anders sein? Du!! Als daß wir beide uns ganz lieb verstehen! Du!!! So wie Du Dir unsern nächsten Abschied denkst! So soll es sein! Du!!! Dann kann uns gar keine Leere bedrücken! Und ganz gefaßt, ganz unsrer Liebe bewußt und Gottes liebender Hand wollen wir Abschied nehmen voneinander! Du!!!! Aber erst will ich doch Wiedersehen feiern mir Dir!! Und Dir Dein langersehntes Empfangskussel [sic] schenken! Du!! Du steckst mich doch sooo sehr an mit Deiner Heimkehrerfreude! Du!! Ach, Du!!! Nur noch 3 Sonnabende bin ich einsam! Du!! So Gott will, bist Du am 31. bei mir! Der Kam. K. schläft nun heute die letzte Nacht zu Hause – es wird ihm nicht leicht fallen, das Rückkehren – es ist Soldatenlos! Wir wollen es tapfer tragen – ich will Dir helfen dabei, Du!!!

Was wirst Du heute treiben, Geliebter? Ob Du oben auch meiner D denkst? Ich will noch den Boten auf die Post schaffen, er geht auch noch weg um 23°° [Uhr]. Du!!! Du!! Sollst nicht so lange warten müssen auf ihn! Die gestern vergessene Aufnahme lege ich bei. Morgen früh will ich in die Kirche, wir haben Dienst.

Nun gute Nacht, mein herziger Bub! Mein Schätzelein, Geliebter Du! Der Herrgott sei immer mit Dir! Kehre mir bald heim! Du!!!!!! Ich erwarte Dich voller Sehnsucht! Du! Du!!! Oh ich muß Dich sooooo liebhaben!

Ich liebe Dich! Ich bin Dein!!! Dein!!! Deine [Hilde].

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Autor Hilde Nordhoff
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Über den Autor

Hilde Nordhoff

Foto von Hilde Nordhoff. Nahaufnahme, Person im Sommerkleid, im Hintergrund Bäume.
Ba-OBF K01.Ff2_.A12. Hilde Nordhoff, 1940, Oberfrohna, Fotograf unbekannt, Ausschnitt aus Fotoalbum.

Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.

Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946