Bitte warten...

[OBF-410813-002-01]
Briefkorpus

Mittwoch, am 13. August 1941.

Mein geliebtes, teures Herz! Du!!! Mein lieber, guter [Roland]!

Herzlieb! Heute ist nun schon der zweite Tag, da ich keinen Brief von Dir bekommen habe. Ich will mich nicht sorgen – vielleicht ist irgendwo wieder mal eine Stockung eingetreten. Es wird schon wieder alles ins alte Geleis kommen. Oft war es schon so, daß über Sonntag die Post in's Stocken geriet. Wochentags kommt eine Unregelmäßigkeit selten vor. Ach, ich gönne ja der lieben Feldpost auch ihren Sonntag!! Doch, länger als 2 Tage mag ich aber nicht warten! Du. Du Armer! Wirst am vergangenen Sonntag ohne Post von mir gewesen sein – vielleicht auch am Sonnabend? Wo ich in Glauchau war. Und so geschieht nur schon recht, daß ich auch einmal warten muß. Du! Heute hat mir der liebe Siegfried geschrieben! Es geht ihm soweit noch gut. Er hat nur wieder Magenbeschwerden: Sodbrennen, kann nichts essen. Er tut mir ja soo leid! Der liebe Kerl! Was könnten wir ihm denn nur schicken, um ihm eine Freude zu machen? Wenn Du Rosinen u. Mandeln mitbringst, will ich einen schönen Kuchen backen, mit Hefe, der ist leicht verdaulich und davon schicken wir auch Hellmuth.

Siegfried liegt mit vor Smolensk, sie halten die Kessel. Er will Gott danken, wenn er heil aus diesem Morden kommt. Er möchte gerne heim, man hat ihnen eine Ruhepause versprochen. Auch daß er von Dir Nachricht hatte, teilt er mir freudigst mit! Du! Schreibe ihm nur bald wieder mal! Ich will ihm anschließend heute auch schreiben. Denke nur, was er mir freudig mitteilt. Eines Tages hieß es: Uffz. [Nordhoff], ein Päckchen! Alles staunt, zweifelt an der Tatsache. Es geht die Verlautbarung, es dürfen nach der Front keine Pakete geschickt werden jetzt. Und dann hat er mein Paket bekommen. So sehr gefreut hat er sich! Ich hatte ihm den gleichen Kuchen wie Dir geschickt[.] Du hast ihn schon längst! Den schwarz-weißen! Und zwei Filme waren mit drin, auch darüber große Freude! Sie kämen wie gerufen, meinte er. Ach, man würde ja gerne oft solche Freude bereiten, wenn man nur in der Lage wäre!

Du!! Herzlieb!! Wenn ich Siegfrieds Los bedenke und das Deine daneben – so werde ich ganz still und dankbar. Dann will der Schmerz unsrer Trennung kein Schmerz mehr sein. Denn ich weiß Dich jetzt in sicherrer Hut. Fern von allem Morden und Brennen darfst Du Deine Pflicht als Soldat erfüllen. Geliebter! Es erscheint mir neben solchem Los wie eine ganz große Gnade! Du!!!

Ach, es geht uns noch gut, bei allem! Viel viel härter sind neben uns schon welche vom Schicksal angefaßt worden! Es ist undankbar, wenn wir murren, geht uns mal etwas nicht nach Wunsch. Wir haben ja die Not noch garnicht kennen gelernt. Geliebter! Geliebter! Sei dem Herrgott mit mir zutiefst dankbar, daß er Dich behütete vor dem Ärgsten! Und ich wünsche mir so sehr, daß Dir solches Grauen erspart bleiben möge! – Gott weiß unseren Weg – er führt uns sicher dahin. Und wir wissen, daß er uns nach unseren Kräften bedenkt. Ich glaube, solche Zustände, die mit dem Menschlichen überhaupt nichts mehr gemein haben, herrschen nur in diesem Bolschewistenstaate.

Daß dieses Schreckbild nicht über uns hereingebrochen ist!! Wir können soviel Gnade garnicht ermessen! Ach – wenn es doch bald ein Ende hätte im Osten.–

Mein lieber [Roland]! Der 13. August ist heute. Es hat mich ja schon so sehr geschluckt den ganzen Tag, schon gestern! Du!! Denkst Du mein? Heute kommt Dein Kamerad K. zurück!! Ob er wohl schon da ist? Die Uhr zeigt ¾ 4 [Uhr] am Nachmittag. Ich bin ja neugierig, was er Euch nun von daheim berichten wird! Ihr, die Ihr noch vor dem großen Ereignis steht, werdet ihn auspressen wie eine Zitrone mit Fragen!! Ich kann mir das so lebhaft vorstellen! Und mein Hubo wird seinen Kurs fein richten, wie es am besten ist! Ach Du!! Es soll sich nun bald erfüllen! Du!!! Bitte, bitte! Sei nur ganz vorsichtig, mein Herzlieb! Ich habe Angst um Dich, auf dieser langen Reise! Du! Wer wird Dich denn verpflegen die 3 Tage? Wirst Du genug mitbekommen?! Sage mir das!! Du!! Am liebsten holte ich Dich ja in S. [sic] ab! Dann könnte ich wenigstens mit Beruhigung alles selbst verfolgen! Vergiß nichts! Die ganze Wäsche mitbringen! Ich muß sie mal richtig waschen! Und lasse nichts liegen im Zug!! Mein Professor!!! Du!! Heute lege ich Dir einen Abschnitt aus unsrer Zeitung bei, der mir keinen gelinden Schrecken einjagte!! Ich will das beherzigen, Du!

Ist es doch nicht so harmlos mit dem Gittchen! Du brauchst ja auch keines! Du bist ja reich! Nun!

Du! Heute war ich vormittags in Kaufungen. Ich habe gehandelt, vorgesorgt, weil ich einen lieben Gast bekomme. Obst, Quark .... was es halt gibt. Und nicht ohne Erfolg! Ich denke, in unseren Urlaubstagen spüren wir am Küchenzettel wenig vom Krieg! Morgen bin ich nach Breitenborn bestellt. Die Leute haben mich scheinbar nun ein bissel in's Herz geschl[oss]en, ich hätte nie gedacht, daß ich so ab und zu kommen dürfte; um zu kaufen! Ich werde Dich ihnen mal vorstellen, wenn Du bei mir bist! Ich fahre mal mit Dir hin. Onkel Erichs [sic] müssen wir nämlich unbedingt mit besuchen!!! Bei 3 Wochen Urlaub! Vielleicht wird das mal 'ne schöne Radpartie!

Sonderbar, immer wenn ich krank bin, fahre ich nach Breitenborn. Ich nehme diesmal gleich meinen großen Koffer, da kann ich alles besser transportieren.

Du!! Du!! Wie ich schon rüste auf Dein Kommen: Ich freue mich ja sooooooooooooo riesig auf Dich. Alles wird nun der Reihe nach fertig. Die Schneiderei ist soweit zu Ende – bis auf ein bissel Handarbeit! Ich bin ja auch froh, Du! 2 Kleider, 2 Röcke, 2 Blusen hab ich schon gewaschen und gebügelt. Nun folgen noch 4, 5 Kleider, dann ist alles neuwaschen. Du!! Hoffentlich gibt's nochmal schön Wetter! Ich habe lauter Sommerstaat hier. Nun Schluß für heut'! Geliebtes Herz! Du!!! Du!!!!! Ich freue mich ganz sehr auf Dich! Mein [Roland]! Ich liebe Dich über alles in der Welt! Geliebter!!! Gott schütze und behüte Dich mir!

Ich bin in Ewigkeit ganz Deine [Hilde].

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Autor Hilde Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Hilde Nordhoff

Foto von Hilde Nordhoff. Nahaufnahme, Person im Sommerkleid, im Hintergrund Bäume.
Ba-OBF K01.Ff2_.A12. Hilde Nordhoff, 1940, Oberfrohna, Fotograf unbekannt, Ausschnitt aus Fotoalbum.

Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.

Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946