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[OBF-410814-001-01]
Briefkorpus

Donnerstag, den 14. August 41

Meine liebe, liebste [Hilde] Du! Herzallerliebste mein!!!

Nun bist Du heute wieder sooo sooooo lieb im Bilde zu mir gekommen – ach Du, Du!!! Das weckt doch alle Sehnsucht so mächtig aufs neue! Nun will ich Dich gar nimmer länger im Bilde nur sehen – und der nächste, der Dir so mit dem Kameraauge ins liebe Antlitz leuchtet, der will Dein Hubo sein, ja? Du!!! Sonst, werd ich eifersüchtig, ganz ganz sehr! Ich muß Dich ja so liebhaben auf allen Bildern! Sie sind wirklich sehr gut gelungen – Du!!! Du!!!!! Ich freue mich ganz sehr darüber. Sonnenkind! Mein!!! Mein!!! Ach Du! Ich bin doch so eigensinnig – aber Du bist es auch! Geliebte, Geliebte!!! Mein!!!!! Und wie fein Dir die Bulgarenbluse paßt und steht, das freut mich doch auch ganz sehr! Oh Geliebte!!! Geliebte!!! Ich muß mich sooo sehr sehnen! Ich will Dich aber nun bald wiedersehen – will umschließen und lieb umfangen, was mein ist, so ganz mein, Du!!! Du!!!!! !!!!! !!!

Freilich bring ich mein Fotokästl mit – und Filme habe ich noch eine ganz Menge in Vorrat von meinem Herzlieb, also an Munition wird es nicht fehlen.

Herzlieb! Heute ist unser Kamerad K. richtig wieder von seinem Urlaub zurückgekehrt – der erste Zeuge wirklicher Urlaubszeit! Er ist, verständlich, noch etwas niedergeschlagen – aber, und so wird es uns ja auch sein, in den Kreis der Kameraden zurückkehrend, ist doch nicht eiskalte Fremde. Von dem, was er erzählt, scheint mir wichtig: mit etwa 6 Stunden Verspätung ist der Urlauberzug in Wien eingelaufen. Das könnte mir also auch leicht passieren – und deshalb ganz lieb geduldig warten! Die Rückreise dauert 2 ½ Tage. Ach Herzlieb! Nun ist doch soviel Urlaubshoffnung und -Freude wieder aufgestanden. Es ist gut, wenn man ein paar Wochen vorweg schon rechnen kann – und es ist doch auch eine Geduldsprobe. Mein Lederkoffer weiß aber nun schon, wie man nach Hause kommt, wenigstens bis Dresden. Ich hatte ihn Kamerad K. ausgeborgt. So, nun bin ich auch ein ganz reiches Mannerli – Du, ich danke auch Dir recht sehr für die Besorgung. Das Geld ist doch schon alles Gerechnet [sic]. Einiges geht doch drauf für Geheimnis Nr.1 – Mannerli freut sich auch, wenn er mal ein Geheimnis hat! – Das meiste aber für Euren Stoffwunsch. Na, ein paar schöne Mark krieg ich ja mit auf die Reise, etwa 50 RM.

Auf die Reise – Herzlieb! – sie rückt in immer greifbarere Nähe – heute kann ich schon mit 14 Tagen rechnen, bald wird's heißen 8 Tage – und dann geht es eben auf Reisen! Ich habe mir eben noch einmal alles durch den Kopf gehen lassen: es wird besser sein und sicherer und auch schöner, wenn Du mich daheim erwartest und empfängst. Ich muß eben an die Verspätung denken. Dann sitzt Du womöglich in Hof – und derweil kommt das Mannerli nun von einer ganz anderen Seite herangerutscht. Es bleibt dabei, geliebtes Weib: wenn ich es nur irgend ermachen [sic] kann, telegraphiere ich von Wien und telephoniere von Chemnitz – und dann ist bei meinem Weiberl Großalarm – ja? Du!!!!! Du!!!!! Ach, beim Mannerli doch auch – da steigt das dann von Alarmstufe zu Alarmstufe bis zur großen Kurve um den O.er Bahnhof – und dort stehst Du dann – Geliebte! Geliebte – und dann ist alles gut! Alles gut!!!!! Oh Du!!! Oh Du!!!!! Ich bin ganz zuversichtlich – Herzlieb – Gott hilft uns – aber bei Dir muß ich erst einmal aufjauchzen, weil es trotzdem so wunderbar ist.

Weißt, die Spannung ist nun so groß, daß man einem Gedanken gar nimmer ruhig nachhängen kann – ach, und daß ich hier sitze und über alles noch schreibe, das scheint so widersinnig, scheint alles nur aufzuhalten. Ich möchte doch am liebsten schon gleich losfahren können – aber das käme zu überraschend – bin doch noch gar nicht fertig mit den Vorbereitungen. Und mein Herzlieb ja auch nicht. Nimm Dir fein Zeit – überschlage nichts – nicht ungeduldig werden – damit wir fein gesund sind, wenn wir einander wiedersehen – umsichtig genug sind wir doch!

Wovon soll ich Dir noch berichten? Vorgestern schickte ich zwei Päckchen ab, Mandeln und Rosinen, eines nach Oberfrohna, eines nach Kamenz. Im Monat zweimal dürfen wir ein Päckchen bis zu 1 kg Gewicht abschicken. So lang noch etwas zu schicken ist, nütze ich die Gelegenheit natürlich. Die Hitze ist tatsächlich gewichen, ohne bisher so unausstehlich wiederzukehren. Heute ist es gewittrig. Es hat ein paar Tropfen geregnet und in der Ferne hat es gegrollt. Nun weht der Wind kühl vom Meere. Kamerad K. hat vom Luftwechsel keine Beschwerden gehabt. Er hat in Wien übernachten müssen und ist so auch ganz gut ausgeruht nach Hause gekommen. Der Allerwerteste hat ihm geschmerzt vom langen Sitzen. Er ist nach Hause über Agram – Graz – Semmering – Wien gefahren – herwärts durch Ungarn: Gesessen hat er also und auch gar nicht ganz unbequem. Kannst Dir denken, wie wir beiden nun darauf brennen, dasselbe Abenteuer zu bestehen? Dein Mannerli auch? Du!!! Abenteuer – mein ich von mir die Reise – bei meinem Herzlieb und mit ihm werd ich keine Abenteuer erleben – höchstens wiederum auf Reisen, aber dann möchte es ein gutes sein!

Ach Geliebte! Ich muß sie doch immer wieder anschauen, die lieben Bilder – eines ums andere – Du! Du!! Wem gelten sie denn all, die lieben Blicke? Herzlieb! Ich kenne Dein Verhalten, Deine Reserve – ich mein es ganz deutlich zu erkennen, auch dort noch, wo Du strahlst! Hab ich recht? Und Du hast sie doch nun all mir geschenkt, daß ich mich mit Dir an diesen Bildern freue. Ganz sehr freue ich mich daran – und ich danke Dir von ganzem Herzen! Und ich weiß es ganz gewiß: Das schönste Strahlen und Leuchten und Aufjauchzen, die hebst Du mir auf – das ist erst, wenn wir einander gegenüberstehen – dann leuchtet das Auge aus der letzten Tiefe – und dann darf ich bis auf den Grund Deines Wesens schauen – und dann steht es offen Dein Herz, für mich ganz allein – und dann strahlt es nicht nur sonniges Wesen und Güte, sondern Liebe und Her[z]verlangen. Mein Herzensschatz! Ich weiß es beglückt, daß in Dein innerstes Herzenskämmerlein nur Dein [Roland] darf. Ach Du! So eigensinnig und eigennützig ist unsere Liebe noch! Es muß wohl so sein!

Nun ist wieder abend. Zu dritt sitzen wir wieder am Tische. Morgen zeigt der Kalender schon die 15, Monatsmitte – freier Nachmittag ist morgen. Wir haben noch kein Programm, außer daß wir zum Baden gehen. Der liebste Programmpunkt ist doch, Dein zu denken. Ich kann es doch nicht mehr anders, als mich daneben zu stellen und uns beide glücklich vereint zu sehen für eine lange Reihe von Tagen! Geliebtes Herz! Ich muß Dich sooo sehr liebhaben!!!!! Du bist mein!!! Das ist meines Lebens ganze Freude und Sonne, das ist mein Herzschlag Tag und Nacht. Bald soll es sich mit dem Deinen vereinen – Geliebte!! Geliebte!!! Gott walte es gnädig!

Du hast so viel Liebe und Sehnsucht geweckt mit Deinen Bildern! Oh Herzlieb!!!!! Ich liebe, liebe Dich!!! Ich bin Dein Mannerli – ganz Dein! Oh, möchtest Du mich ganz aufnehmen in Dein Herz, immer!!! Ich wohne doch schon darin – und ich bleibe darin – und Du wirst mich ja nimmermehr ziehen lassen, Du!!! Du!!!!!.

Dein [Roland].

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Autor Roland Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Roland Nordhoff

Foto von Roland Nordhoff. Nahaufnahme, Person sitzend in einem Fensterrahmen.
Ba-OBF K01.Ff2_.A39, Roland Nordhoff, 1940, wahrscheinlich Bülk, Fotograf unbekannt, Ausschnitt.

 

Roland Nordhoff wurde 1907 in eine bürgerliche Familie in einem ländlichen Dorf im östlichen Sachsen, Kamenz, hineingeboren. Nachdem er ein Musikstudium aufgegeben hatte, arbeitete er als Dorflehrer in Oberfrohna, nahe Chemnitz. Im Frühjahr 1938 wurde er nach Lichtenhain in Sachsen versetzt

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946