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[OBF-410824-001-01]
Briefkorpus

Sonntag, den 24. August 41

Mein liebes, teures Herz! Herzensschätzelein! Geliebte!

Wo bist Du denn eben jetzt? Herzlieb? Komm zu mir! Setz Dich lieb neben mich, ganz nahe – noch ein bissel näher – ach gleich auf meinen Schoß, Herzelein! Ich möchte Dir ganz lieb etwas sagen. Wirst mir fein zuhören? Das Mannerli wird erst am Dienstag bei Dir sein. Ach Du! Sei nicht bös jetzt – oder sei es und grolle mir – Dein Mannerli ist ja schon auf dem Weg zu Dir in diesem Augenblick. Und morgen, Sonntag, wo es bei Dir einkehren wollte, da ist es Dir schon so viel näher. Und noch einmal schlafen, Montag, da soll doch schon das Telegramm kommen – und dann dauert es gar nimmer lange. 48 Stunden nur mehr Geduld, Herzlieb – das Mannerli auch! Und warum? Herzelein! Kamerad H. will mit mir fahren, und er kann erst Sonnabend fort. Aber das allein hätte mich doch kaum bestimmen können, Dich noch einmal länger warten zu lassen. Ein [sic] anderes. Hörst mir noch fein zu? Wenn ich Sonnabend fahre, zählt der Urlaub erst ab Montag – [dann] kann ich einen ganzen Tag länger bei meinem Herzlieb sein – Du, Geliebte! einen ganzen Tag länger bei Dir! Ist das nicht fein? Wiegt das die Enttäuschung auf? Ach Herzlieb! Was hätte ich darum gegeben, um nur einmal eine Stunde bei Dir zu sein! Und unser Urlaub teilt sich nun noch schöner ein! Frag einmal das Kalendermannerli! Und wenn wir um die Geburtstage der Eltern nach Kamenz fahren, so fällt das genau in die Mitte des Urlaubs und nachher ist noch eine richtige lange Woche mit einem ganz ruhigen Sonntag, das Mannerli braucht doch erst Donnerstag, den 25., am Abend wieder abzureisen. Sonst hätte es am Montag ziehen müssen. Und nun können wir doch auch meinem Lieblingsgedanken nähertreten, einem Besuch im Glückshäusel in Lichtenhain. Du!!! Er wäre doch gerade in Deine bösen Tage gefallen – Herzlieb! Und im Glückshäusel, oh Du! Da kann ich nicht brav sein – und Du auch nicht!!! Da muß ich Dich ganz ganz sehr liebhaben! Zum ersten Male!!!!! !!!!! Nun können wir diesen Besuch an unsre Reise nach Kamenz hängen – und dann ist alles gut!!! Alles gut!!!!! Herzlieb! Geliebte!!!!! !!!!! !!! Grollst Deinem Mannerli noch immer? – Es kommt trotzdem zu Dir! Es ist schon auf der Fahrt! Es läßt sich nimmer aufhalten!

Ich habe Dich sooooooooooooo lieb! So sehr!!! Meine Ungeduld ist so groß wie die Deine! Meine Sehnsucht! Mein Verlangen! Geliebtes Weib!!! Oh so groß!!! Ich muß Dir bald in die lieben, treuen Augen schauen und me[in] Glück darin sehen, Dein Mein Schwalbenherz muß nun Dein Herznestelein [sic] aufsuchen und sich ausruhen! Oh Geliebte! Ausruhen an Deinem Herzen, tief, tief geborgen – bist Du glücklich darum? Du!!! Du!!!!! Und Dir Geborgenheit sein, tiefste Geborgenheit! Du sagst, daß ich es sein kann – und das ist all mein Glück!!!

Oh Geliebte! Ich habe doch die vergangene Nacht kaum geschlafen, so voll Unruhe war ich, ganz verstört – und sooo voll Trauer, oh Geliebte! Geliebte! Nun ist sie fast von mir gewichen – und ich warte, warte auf Deinen Bericht – oh Herzlieb! Herzlieb! und bin von sooooooooooooo unendlicher Sehnsucht, oh Du, von ungeduldigem Verlangen, Du!!! oh Du!!!!! Dich ganz ganz ganz lieb wieder in meine Liebe zu hüllen, Du! Mein! Mein Eigen! Mein Weib! Mein Ein und Alles! Sie alle wegzuwischen und auszuschließen, die fremden Blicke! Oh Geliebte! Sie alle zu decken und zu heilen, die Wunden Deiner Scham und Deines Empfindens – den Schleier Deiner Schönheit und Unberührtheit wieder zu schließen! Oh Geliebte, Geliebte, Herzlieb! So unendlich groß, so schmerzlich ist dieses Verlangen – Du! oh Du!!! So schmerzlich und ungeduldig war noch keines, noch keines!!!

Verstehst Du mich denn, Geliebte? Oh möchtest Du es!!! Oh möchtest Du es fühlen, dieses Verlangen – Geliebte!! oh Du! Meine Liebe ist so eigensinnig – sooo eigensinnig! Ich kann nicht anders. Ach Herzlieb! Bilder und Gedanken und Vorstellungen haben mich geplagt und gequält, gefoltert. Kein Vorwurf gegen Dich, keine Spur! Ach Herzlieb! Du mußt ganz mein Eigen sein! Das Liebste mußt Du mir bewahren – – sonst – – ach Geliebte! So haben sie mich gequält und gemartert, diese Gedanken! Erkennst Du denn Dein Mannerli noch wieder? Und seine Liebe? Wärest Du denn auch so an Deines Mannerli Stelle? Oh Geliebte! Daß ich mich doch hätte wehren können gegen diese Gedanken! Daß ich doch hätte bei Dir sein können! Bei Dir sein! Bei Dir sein!!!!! Oh Geliebte! Ich muß wohl noch viel lernen! Ich will es doch auch und werde es, wenn ich nur immer dann bei Dir bin! Ach lernen, was heißt das. So ganz und eigensinnig und ausschließlich werde ich Dich immer lieben müssen. Aber die Brücken von Dir zu mir, sie werden breiter und fester und sicherer sein dann, wenn wir immer umeinander sind, als die Brücken der Gedanken es sein können jetzt. Ach Geliebte! Könnte ich bei Dir sein!! Daß ich nun alles schon wüßte, wie es war! Daß Du mich schelten könntest oder besänftigen! Geliebte! Geliebte!!! Wie bin ich denn? Ich war Dir so lange fern! Und meine Liebe ist so voll Ungeduld und Verlangen nun.

Ach Geliebte! Ich will wieder stille werden – ich will doch ganz froh zu Dir kommen – Keine Ge dummen Gedanken sollen Dein Bild umdüstern – Ich will wieder stille werden. Bei Dir werde ich wieder ganz froh werden – Du wirst mich verstehen, ja, Du wirst mich verstehen – und wirst mich ganz lieb trösten.

Oh Herzlieb! Ich will nicht schwach erscheinen vor Dir, ich will es auch nic[ht] sein. Und ich will lernen. Und Du sollst mir immer alles erzählen, nichts verschweigen, sollst nie denken: darüber regt er sich nur auf, das schmerzt ihn, das tut ihm weh! Geliebte! Ich will überwinden lernen. Du sollst mich nicht für schwach halten. Es ist doch nur für Stunden und Tage, daß die Gedanken mich so plagen und die Stimme des Herzens übertönen wollen.

Mein liebes, liebes Weib! Ach, daß wir uns so ferne sein müssen! Ich brauche Dich! Brauche Deine Nähe! Geliebte!! Ich muß ihn fühlen, den Schlag Deines Herzens. Sei nicht traurig! Ich will auch wieder ganz froh werden!

Ich bin doch sooo voll Ungeduld und Freude auf unser Wiedersehen! Ich habe Dich doch sooo lieb! sooooooooooooo lieb!!! Geliebte! Ich will Dir doch so ganz zu eigen sein – wie Du mir es bist! Du bist ganz mein, mein Eigen, ganz, ganz!!! Ja, Du bist es, Du bist es! Meine Lotosblume! Lotosblume!! Lotosblume!!! Wird der fremde Mann Dich so geschaut haben, so ganz, wie ich Dich schaue?

Ach Geliebte! Ich will noch ganz stille werden, bis ich bei Dir bin! Ganz froh und glücklich wieder! Und lieb und dankbar zu Dir sein! Du mein Leben! Mein Ein und Alles! Mein über alles geliebtes Weib! Oh Du! Oh Du!!! Behalte mich ganz von Herzen lieb,

Deinen [Roland]!

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Autor Roland Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Roland Nordhoff

Foto von Roland Nordhoff. Nahaufnahme, Person sitzend in einem Fensterrahmen.
Ba-OBF K01.Ff2_.A39, Roland Nordhoff, 1940, wahrscheinlich Bülk, Fotograf unbekannt, Ausschnitt.

 

Roland Nordhoff wurde 1907 in eine bürgerliche Familie in einem ländlichen Dorf im östlichen Sachsen, Kamenz, hineingeboren. Nachdem er ein Musikstudium aufgegeben hatte, arbeitete er als Dorflehrer in Oberfrohna, nahe Chemnitz. Im Frühjahr 1938 wurde er nach Lichtenhain in Sachsen versetzt

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946