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[OBF-410930-002-01]
Briefkorpus

Dienstag, am 30. September 1941.

Herzensschätzelein! Mein geliebter [Roland]! Du!!!

Eben bin ich mit meiner Arbeit fertig, habe mich gewaschen und umgezogen und nun will ich zuerst Dein denken, Du! Was wirst denn jetzt machen um diese Stunde? Es wird gleich 1400 [Uhr] sein. Ob Du wohl Mittagsruhe hältst? Ach, ich wüßte es doch soo gerne! Gleich käme ich einmal ganz leise hin zu Dir, um nachzuschaun, ob mein Herzlieb auch schön zugedeckt ist und schläft! Geliebter! Mein [Roland]! Ach Du, wie lieb ich Dich habe!!! Soooooo sehr lieb!!!!! Nun hast Du die erste Nacht wieder in Deinem Bettlein geschlafen, das Köpfchen nach der Richtung zu mir hin gewandt, ja Du? Und ich drehe mich Dir zu!! Ganz lieb habe ich Dein gedacht gestern abend vor’m Einschlafen – ach, ich meine, daß Du es gefühlt hast. Nach ½ 10 [Uhr] abends bin ich schlafen gegangen.

Nun geht bei Dir gewiß wieder alles im alten Geleise; [Du] wirst eine ganze Menge Arbeit haben nach Deinem Urlaub. Und vielleicht ist das gut so, man denkt nicht so oft und schmerzlich zurück, man lebt sich leichter ein. Dein Kamerad K. freut sich gewiß, daß Du wieder da bist. Und bald wird Euer Kleeblatt wieder vollzählig sein, dann tragt Ihr gemeinsam Eure Sehnsüchte und Hoffnungen. Ach, ich bin doch recht froh, daß Ihr 3 Sachsen beisammen wohnen könnt. Gestern schrieb ich an die Familie H.; wann wird er reisen? Morgen, Mittwoch? Ich weiß es garnicht mehr.

Das schöne Wetter wird wohl bald zu Ende gehen, der Himmel überzieht sich mit Lämmerwölkchen, in Scharen. Zeitweise ist die Sonne bedeckt. Ich habe eigentlich große Lust, noch einmal an die frische Luft zu gehen heute; wer weiß, wann noch solch schöner Tag ist. Ich hätte zwar Briefe einzuheften, Bilder aufzuräumen und vielerlei so Kleinkram mehr, auch Pilze zu putzen (die heute mittag der Vater mir in’s Körbchen schüttete, als ich ihm sein Essen brachte); doch das kann ich auch später noch tun. Ich will mich einmal paar Stunden, na! Sagen wir 2-3 frei machen. Du, Liebster, wirst es nur billigen – das weiß ich. Du!!!

Denke nur! Gestern waren wir beim Ludwig B. und da bekam ich unser großes Geldtäschel, das hatten wir am letzten Male dort vergessen!! Und wer kam in Verdacht?: der Hubo! Vielleicht kommen auf solche Art und Weise auch nochmal die verlorenen Schlüssel zum Vorschein! Du!!! – Abends habe ich dann noch Plätzchen gebacken für meine Schützlinge. Du? kennst Du sie? Es ist ein [Roland] und an zweiter Stelle ein Siegfried. Ich hatte gerade noch 4 Eier übrig und bissel Mehl. Hoffentlich kommen die „Schmätzel“ [wohl Baisergebäck] gut bei Dir an. Dem Siegfried mußte ich sie in 4 100g-Päckchen verteilen! Das war eine kleine Geduldsprobe für mich, Du!! Ich lege Dir mal seinen Brief bei. Der Arme hat Apetit [sic] auf ‘was „….eßbares“ – ich kann’s ihm nachfühlen; die haben in Frankreich besser gelebt, nichtwahr [sic]? Hoffentlich geht es da drüben noch vor’m Winter zu Ende. Unsre armen Soldaten haben ja garnicht die Ausrüstung für einen russischen Winter!

Ach Herzlieb! Wenn ich lese, wieviel Siegfried durchmachen muß, dann will mich mein Los – unser Los – ganz leicht dünken. Dir geht es jetzt gut. Du hast alles, was der Mensch an äußeren Bedürfnissen braucht. Und das allein ist soviel Glück! Du!! Gebe der Herrgott, daß Du vor einem so schweren Los bewahrt bleibst. Und für Dein Herz, für Deine Seele, da laß‘ mich sorgen, Geliebter!

Ich liebe Dich herzinniglich! Ich bin ganz Dein Weib!

Der Herrgott schütze und behüte Dich!

Deine [Hilde]

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Autor Hilde Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Hilde Nordhoff

Foto von Hilde Nordhoff. Nahaufnahme, Person im Sommerkleid, im Hintergrund Bäume.
Ba-OBF K01.Ff2_.A12. Hilde Nordhoff, 1940, Oberfrohna, Fotograf unbekannt, Ausschnitt aus Fotoalbum.

Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.

Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946