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[OBF-411016-002-01]
Briefkorpus

Donnerstag, am 16. Oktober 1941.

Geliebtes Herzelein, Du!! Mein [Roland]! Mein Lieb!! Du!!!

Nun klingt mein Tag aus, ganz anders als sonst — ich bin müde, aber nicht zu müde, um Dir noch zu sagen, wie so lieb ich Dich hab'! Schätzelein geliebtes! Zwei Kinder machen müde; weißt, weil sie gerade jetzt im Fragealter sind. Man darf nicht ungeduldig sein, man darf sie nicht beiseite schieben, man muß halt versuchen, wenn der eigene Brunnen der Weisheit versagt, sie einfach abzulenken, was ganz Neues zu beginnen und sie gefangen nehmen. Das ist nicht immer leicht!

Oh Herzlieb! Jetzt müßte der Tag nochmal so lang sein, nein, so nicht! Nur der Abend! Da bin ich allein, allein mit meinem Herzensschatz! Ach, das ist mir doch die kostbarste Zeit, die ich Dein denkend verbringe! Du!! Wenn ich jetzt ein Kindlein hätte, ach - wo bliebest Du, mein Lieb? Wenn ich Dich auch immerfort im Herzen trage, wo aber bliebe die Zeit dazu, Dir das zu sagen, zu zeigen! Durch mein inniges Deingedenken, eben das Schreiben! Ach Du! Du mußt mir vorerst noch ganz allein gehören! Ich liebe Dich! Geliebter! Mein [Roland]! Ach, ich könnte es Dir gerade heute wieder einmal jauchzend und jubelnd gestehen! Du!! Du!!! Könnte ich Dir doch viel inniger es zeigen und deuten, wie soo lieb ich Dich habe! Könnte ich Verse schreiben, für Dich - könnte ich meine Seligkeit in Töne kleiden - in Musik verwandeln! Ach, wie beneide ich in dieser Stunde alle Künstler! Ich bin so arm. Und doch bin ich so unendlich reich, reich wie niemand außer mir! Du!!! Ich habe Dich, mein Leben!, Dich und Deine große, tiefe Liebe! Ich habe Dich so ganz! Oh Du!!! Bist mir alles! Alles! Bist meine Erfüllung! Du! Wie liebe ich Dich! [Roland]! Mein [Roland]! Sag, fühlst Du es wohl, - wie mein ganzes Leben Dir gehört?! Ich bin Dein! Ganz Dein! Ach Herzlieb! Warum muß ich Dir heute nichts als Liebe sagen? Weil ich mich sehne, oh - sooo unendlich sehne nach Dir!

Ich bin heute Nachmittag mit den Kindern in den vergoldeten Herbst hinein gelaufen, die Sonne schien! Und da stand sie so mächtig in mir auf die Liebe, und das Heimweh nach Dir! Geliebtes Herz! Mein Schätzelein! Zwei warme Kinderhände an den beiden meinen, zwei nimmermüde Plappermäulchen dazu! Ach, wärest Du neben mir geschritten, dann war [sic] das Glück vollkommen! Geliebter mein!

Ich harre treulich Dein! Ich gehöre Dir mit meinem ganzen Herzen! Du!! So mächtig habe ich heute gefühlt, wie unendlich tief meine Liebe zu Dir ist! Oh mein [Roland]! Du!!! Ich gehöre Dir! Nur Dir, im Leben und in Ewigkeit! Und ich mußte es wie Du immerzu auf meinen Lippen bewegen, mein Inneres bebte vor Glück: mein geliebter [Roland] Du!!

Du, Herzensschatz! Meine Augen wollen zufallen, ich glau[b] die Herbstluft macht so müde, oder sind es doch die Buben? Sie sind mir beinahe zu lebhaft, sie haben mein ganzes Nervensystem in Aufruhr gebracht! Unsre Kinder sollen nie und nimmer so sein!!! — Du bist heute wieder nicht zu mir gekommen, morgen aber gewiß! Du! Du!!!

Heute habe ich Dir die gewünschten Kartons abgeschickt! Einer im andern! Und garnichts dabei! Bitte, sei nicht böse! Ich hatte aber auch rein nichts da, womit ich Dich erfreuen konnte. Nächstes Mal soll's besser sein! Ich hoffe, die Kartons reichen eine Weile?!! Mutter und Siegfried schrieben mir wieder heute!

Du!! Herzlieb! Ich sag Dir jetzt gut Nacht! Und ich küsse Dich, ganz lieb! Mein Sonnenschein! Gott sei mit Dir! Du!!! Morgen auf Wiederhören!

In Liebe und Treue

Deine [Hilde].

Ganz Dein!!!

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Autor Hilde Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Hilde Nordhoff

Foto von Hilde Nordhoff. Nahaufnahme, Person im Sommerkleid, im Hintergrund Bäume.
Ba-OBF K01.Ff2_.A12. Hilde Nordhoff, 1940, Oberfrohna, Fotograf unbekannt, Ausschnitt aus Fotoalbum.

Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.

Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946

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