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[OBF-411017-002-01]
Briefkorpus

Freitag, am 17. Oktober 1941.

Herzensschätzelein! Mein [Roland]! Du!!! Herzallerliebster mein!

Ach Geliebter! Du!! Heute bist Du nun wieder zu mir gekommen! Sooo lieb! Sooo lieb! Ich bin so reich beschenkt worden von Dir! Und in mir ist darum soviel Freude und Herzensseligkeit! Ach, alles ist übersonnt nun von dem unendlichen Glück unsrer Liebe! Herzelein, Du! Du liebst mich so von ganzem Herzen – ach, daß Du es mir immer und immer wieder sagst, es beglückt mich ja so sehr, so tief! Ach Du! Es ist doch nicht nur eine Selbstverständlichkeit, daß wir uns so liebhaben, und daß wir es nun wissen. Es ist viel mehr um unsre Liebe!

So wundersam, so geheimnistief ist ihre Kraft, so ganz etwas Eigenes, Seltenes, etwas ganz Kostbares. Und darum, weil wir das spüren, werden wir auch nicht müde, uns von dieser Zaubermacht täglich neu berühren zu lassen – oh, ganz wundersam und innig bewegt es uns, spüren wir die Macht unsrer Liebe! Wir können ja nicht anders, als es durch Zeichen und Worte einander zu gestehen, wie so unendlich glücklich wir nun sind miteinander!

Oh wärest Du bei mir! Ich wollte Dir danken, danken für alle Deine Liebe und Zärtlichkeit, für Deine Verehrung! Geben und nehmen – schenken und empfangen, ach Du! Bei Liebenden ist beides gleich – eines geht im andern auf – nichts als Liebe, Liebe bewegt Herzen und Sinne. Mein [Roland]! Du meines Lebens Licht und Sonnenschein! Voll Jubel und Seligkeit ist mein Herze, wenn ich Dir wieder und wieder sage: ich liebe Dich! Du!!! Ach Du!! Habe ich Dich denn auch jede Minute an unserem Beisammensein ganz, ganz liebgehabt? Ich muß mich doch fragen, wie Du auch Dich fragst! Weil uns die Zeit noch immer viel zu kurz dünkt, einander alle Liebe zu gestehen, alle Liebe zu geben, zu schenken, die sich in der langen Zeit unsres Ferneseins gestaut hatte. Die Zeit reicht ja nicht mehr aus für uns beide, um mit dem Geständnis unsrer Liebe einmal am Ende zu sein! Nie sind wir damit am Ende! Ob wir auch für immer umeinander sind! Geliebter! Aus der Zeit des Feiern's hinübergleiten in die Zeit der Stille, Du! Nichts Schöneres als das! Und wenn die Liebe uns drängt, selig mich mit Dir emporschwingen zu lassen, wie auf einem Silberwölkchen an unserm Glückshimmel.

Ach, Liebster! Liebster! Wenn die Flamme unsrer Liebe erst ganz ruhig-stet [sic] und rein brennt, dann wird unser Leben so sein, wie wir es uns schon immer erträumten. Ausgefüllt von Aufgaben, die all unsre besten Kräfte [be]anspruchen, die das Höchste von uns verlangen – nie soll Halbheit an unserm Werke bauen! – wollen wir die Tage und Jahre sich reihen sehen. Und nun unsre Freude am eigenen Werke, am Erfolge zu krönen, wird uns[e]re innige Liebe bester Ausdruck sein; denn nach einem großen, frohen und dankbaren Erleben ist das Sichfinden zwischen Dir und mir am seligsten, Du!! Fühltest Du das schon? Du!! Dann wird es auch immer solche Köstlichkeit bleiben, wie es uns schon immer war. Geliebter! So nahe sehen wir unser gemeinsamen [sic] Leben schon vor uns, daß es doch ebenso ist, [a]ls stünden wir schon mittendrin! So ist es auch! Es fehlt nur noch das äußere Gepräge, das unserm Wollen Ausdruck verleiht. In uns ist alles bereit – wir warten nur auf unser Betätigungsfeld! Wird es dann ein frohes Schaffen geben! Wie ich mich doch freue!! Du mein [Roland]! Habe ich Dich alle Minuten unsres Beisammenseins ganz lieb gehabt?

O Du!! O Du, mein [Roland]! Ja!! Ja!!! Du weißt es ja! Ich fühlte und sah und dachte nur Dich! Du erfülltest mich so ganz! Ich war so ganz froh und glücklich und geborgen – ach, ich war daheim, alles war gut – alles, alles! Und nun lebe ich doch immer weiter mit Dir, trotzdem wir uns leiblich einander trennen mußten. Meine Seele ist bei Dir, mein Herz ist Dein! Du hast mich so ganz. Geliebter! Ich muß es Dir täglich sagen, daß ich nur Dir gehören will, Zeit meines Lebens – ich muß es Dir immer wieder sagen. Und wenn ich für immer um Dich bin, dann soll jeder kleinste Liebesdienst ein stilles Zeichen meiner unendlichen Liebe sein. Im kleinsten sollst Du meiner Dankbarkeit und Verehrung und Liebe spüren, sollst jede Stunde unsres Lebens wissen, ganz fest: sie gehört nur mir. So nur kann ich froh und glücklich sein, wenn ich weiß, auch Du bist ganz froh und glücklich! Geliebtes Herz! Herrgott im Himmel! Sieh uns hier stehen, sei unserem großen Glücke gnädig, erhalte unsre Herzen demütig und stark im Glauben – segne uns!

Mein Sonnenschein! Ich habe wohl noch nie in meinem ganzen Leben soviel Tränen geweint, als nun, da ich Dein bin. Tränen des Glück's sind es – und Tränen, heimlich vergossen, sie wiegen schwerer, als Tränen voreinander. Du, Geliebter! Wenn das ein gutes Zeichen ist, wie köstlich muß dann die Blume unsrer Liebe weitergedeihen – wenn sie so genetzt wird! Ach Du! Ich könnte ja bis in die Nacht hinein mit Dir, mein Lieb so weiterplaudern – Du verstehst mich, Du lachst mich nicht aus, wenn auch oft das Geschriebene ungereimt ist. Ich meine es aber sooo lieb und gut! Und ich wähne Dich glücklich zu machen, wenn ich Dich hereinblicken lasse in mein einfältig liebendes Herz. – Du! Ich weiß es ja so froh, mein Herzlieb mag mich auch mit all meinen großen und kleinen Fehlern. Die Liebe ist stärker zwischen uns, als Kleinlichkeit und so muß es bei zwei Menschen sein, die sich für ein Leben fanden. Wer keine Brücke schlagen kann, der kommt wohl nie über die Anfänge des Lebens hinaus.

Ach Du! Wir sind beide nur Menschen, voller Unzulänglichkeit, doch voller Mut und Schaffensdrang. Eine Gnade von unserem Schöpfer, dem Allmächtigen, daß er uns Menschen die Liebe ins Herz senkte, diese Himmelsmacht – die Liebe, die alles verstehende, alles verzeihende – Du! Oh Du!!! Ich weiß, wie Du Dich sehnst, endlich heimzukehren in einen Hafen voll Frieden und sonnigem Glück, nach Deiner langen Fahrt in der Einsamkeit. Oh, ich weiß es, wie es Dich inbrünstig verlangt, auszuruhen an einem Herzen voll Liebe! Geliebter! Ich sah diese Sehnsucht schon vor Jahren in Deinen lieben Augen schimmern – vielleicht mehr im Unterbewußtsein, nicht so klar wie heute – aber gefühlt habe ich es, und das war es auch, dieses Eigene im Blick Deiner lieben Augen was mich so wundersam anrührte und erbeben ließ im innersten meines Weibseins. Ein Wunsch stand darum in mir auf, groß – brennend groß, wie nie zuvor mich ein Wunsch bewegt hat: Dir möchte ich lieb und wert sein, Dir möchte ich etwas bedeuten.

Nur Dir! Nichts außer diesem Wunsch und Willen hatte nun noch Raum in mir. Ich liebte Dich, liebte Dich mit der ganzen Kraft und Innigkeit, deren ein Mädchenherz nur fähig ist.

Und Dich hatte die kalte Welt schon so verhärtet, daß Du meine Liebe fast übersehen hättest! Geliebter! Damals habe ich so gewaltig empfunden, daß eine höhere Macht mein Geschick [fü]hrt, als Du mich erkanntest! Und all das, was einst meine Mädchenseele erfüllte, es glüht noch heute in mir – nur noch heißer und mächtiger! Nur noch inniger, noch tiefer wurde das Verlangen, Dir Heimat zu sein, mein teures Herz! Hafen Deiner Seele, Deines Herzens will ich Dir sein! Will Dich schützend, bergend umgeben mit all meiner Liebe und Wärme, all meiner Zärtlichkeit, Treue und Beständigkeit. Du sollst so von ganzem Herzen gerne bei mir einkehren, ach, Du sollst nichts mehr ersehnen auf Erden als mich und damit die Heimat. Heimat des Herzens, Heimat der Seele, Brunnen Deiner Liebe will ich Dir sein! Geliebtes Herz! Willst Du mir den höchsten Platz in Deinem Leben weihen? Daß ich Dir in Liebe und Dankbarkeit darum mein ganzes Leben schenke? Oh geliebtes Herz! Ich kenne Deine Antwort!

Du!! Du!!! Gott segne Dich, er sei mit uns!

Ich bin Deine [Hilde], Dein.

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Autor Hilde Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Hilde Nordhoff

Foto von Hilde Nordhoff. Nahaufnahme, Person im Sommerkleid, im Hintergrund Bäume.
Ba-OBF K01.Ff2_.A12. Hilde Nordhoff, 1940, Oberfrohna, Fotograf unbekannt, Ausschnitt aus Fotoalbum.

Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.

Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946

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