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[OBF-411025-002-01]
Briefkorpus

Sonnabend, am 25.10. 41.

Herzensschätzelein! Du!! Mein liebster [Roland]!

Heute ist es schon abends um 8 Uhr da ich zu Dir kommen kann! Du! Wie habe ich diese Stunde herbeigesehnt, den ganzen Tag! Ich mußte mich heute doch sooo sehr sehnen nach Dir, Herzlieb! Ich habe heut' Nacht von Dir geträumt, Du!! sooo lieb und sooo süß! Ach Liebster! Wo der Ort unsrer Seligkeit war, ich weiß es nicht mehr – ich fühlte nur, daß Du bei mir warst, Geliebter! Mir ganz nahe! Und ich fühlte Dich nicht nur, ich sah Dich auch! Du!! Ganz deutlich!! Du!!! War das schön!! Herzlieb!!! Ich sah Dich! Dein geliebtes Antlitz! Oh, nun brannte den ganzen Tag die Sehnsucht so mächtig in mir, Du glaubst es ja kaum, Du! Oh Du!!

Oh Du! Mein [Roland]! Wie liebe ich Dich! So mächtig war das Gefühl meiner großen Liebe heute wieder in mir! Du!!! So beglückt spüre ich es, oh so selig! Ich bin Dir ganz ans Herz gegeben, mein Geliebter! Ich gehöre Dir für allezeit! Du!! Du!!! Ich bin so ganz erfüllt von Dir! Mein Sonnenschein! Mein Leben! Und ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, daß es jemals anders sein könnte zwischen uns! Du!! Nein! Geliebter! Wo soviel Liebe und Zuneigung die Herzen erfüllt, da kann nur ein Leben sein voll Liebe und Verstehen, voll Freude und Sonnenschein! Du!!! So wie wir heute einander alles zuliebe tun, so wird es immer sein! Herzelein! Nur noch besser und deutlicher wollen wir dann im täglichen Umeinandersein einander unsre endlose Liebe und Verehrung erzeigen – in den kleinsten Dingen soll der Glanz unsrer Herzensseligkeit warm herausleuchten!

Ach Du! Wenn ich an unsre Zukunft denke, da wird mir ganz wundersam zumute, ganz warm wird mir ums Herz! Ich spüre dann, wie alles Gute und Liebe in mir sich so mächtig regt und zu Dir hindrängt, zu Dir, meiner Erfüllung! Meinem Glück!

Was gibt es für ein Weib schöneres, als ein Leben voller Liebe und Hingabe an einen geliebten Menschen? Oh, nichts köstlicheres als das! Ich möchte Dir doch nur Freude machen; möchte Dir nur Sonnenschein bringen, lauter Liebe – ich möchte Dir den Himmel auf Erden bereiten – ich möchte Dir alles, alles sein! Geliebtes, teures Herz!

Ob ich es kann?

Meine Liebe zu Dir und mein unendliches Vertrauen auf Gott, die werden mich stets den rechten Weg finden lassen. Auch in Tagen der Not und Trübsal. Ich glaube fest daran!

Den Weg zu Deinem Herzen, Geliebter!, ich finde ihn, ich weiß es so froh. Und mein Glauben an Dich und Deine Liebe, die geben mir die Kraft, zu Dir zu stehen in Leid und Freud, in allen Tagen, die das Leben für uns aufbewahrt hat.

Du!! Nur wer innerlich so eins mit sich selbst und mit dem geliebten Lebensgefährten ist, darf getrost die Fahrt ins Schicksal antreten; denn ihm wird Sturm und Wetter nichts anhaben können, sein Grund ist felsenfes[t], auf Liebe und Treue gestützt.

Ach Du! Finde ich denn die rechten Worte, Dir mein großes, unermeßliches Glücksgefühl auszudrücken, das mich bewegt, wenn ich an Dich denke und an unseren Bund? Du!! Ich will Dir doch nur immer wieder sagen, wie ich Dich liebe! Wie ich mich so ganz froh und glücklich und eins mit Dir fühle! Du!! Wie mir immer wieder ganz wundersam die Gewißheit wird, daß eine höhere Macht uns zusammengab, daß wir garnimmer gegen unser Schicksal ankönnen, das unaufhaltsam zueinandertreibt! Du!!! Und wir sind so froh darum, weil wir spüren, das [sic] der Herrgott Macht über uns hat, dieser gütige Himmelsvater! Wem wollten wir uns lieber in Demut beugen, als ihm? In seine Hände befehlen wir all unser Lebensglück, er wird es zum Besten wenden. Geliebter! Bedenkst Du wie ich seine große, große Güte und Gnade, die er uns auf unserm Wege bisher zuteil werden ließ?

Oh Herzelein! Wie gut meinte er es mit uns! Wir können es Gott nie genug danken! Sieh um Dich! Wo ist noch so viel reines Glück und lautere Freude? So von Herzen glücklich und froh wie Kinder können wir beide sein! Du!! Weil wir unser höchstes Erdenglück in die Hände des Allmächtigen befahlen. Ein kleiner Teil unsrer Dankesschuld wollen wir ihm abtragen, indem wir unser ganzes Leben in seinem Namen führen und alles Handeln, all unser Tun und Denken in seinem Sinne beschließen. Herzlieb! Spürst Du es nicht wie ich? Nur ein gläubiger Mensch kann so unbändigen Lebensmut haben: Weil all sein Beginnen verankert ist in dem Bewußtsein göttlicher Macht.

Wohl dem, der seinen Willen mit dem Gottes in Einklang bringen kann. So schriebst Du mir ganz im Anfang uns[e]rer Bekanntschaft einmal, das steht jetzt wieder so deutlich vor meinem Auge. Herzlieb! Wieviel größere Segnungen erfährt ein gläubiger Mensch vom Leben! Ist sein Leben nicht tausendmal köstlicher in allem, auch wenn harte Prüfungen zu bestehen sind? Weil er alles viel bewußter erlebt als ein Ungläubiger. Die Welt und das Leben sind voller Wunder und Geheimnisse, welche Gnade, wenn Gott uns die Kraft schenkt, mit unseren Sinnen das Wunder des Lebens zu erfassen!

Geliebter! Und wenn es einmal noch so trübe scheinen mag, das Bild der Gegenwart oder Zukunft! Nicht unterkriegen lassen! Gläubige Menschen sind nie am Ende! Sie haben immer Mut! Gott sendet in die dunkelste Nacht seinen Lichtstrahl der Gnade, er weiß einen Weg, wenn's ein Pfad nur ist, auch wenn der Mensch sich nicht weiterfindet, am Ende glaubt [sic]. Du! Ob Gott nicht Krieg geschickt hat, um die Menschen, die abtrünnigen, sich auf sich selbst und ihren Glauben besinnen zu lassen? So frage ich mich manchmal. Auch wenn wir Menschen unsere Betrachtungen haben über das Ende dieses grausamen Krieges, die aus gründlichster Überlegung und Vernunft entspringen, Gott allein sieht das Ende ab, er kennt das Resultat. Und er wird Gerechtigkeit, Strafe und Milde walten lassen, wie es der Einzelne verdient hat; ebenso wie er bisher regiert hat über uns. Und nur, weil ich diesen gerechten Richter und mächtigen Herrscher über uns weiß, kann ich vertrauensvoll an das Ende dieses bösen Krieges denken! Weh uns, wenn der Schiedsspruch in Menschenhänden läge! Herzlieb! Du!! Wenn auch Ferne uns trennt, wenn wir auch an dem Tage, der einst über unser aller Zukunft entscheidet, nicht beisammen sein dürfen, ich fühle mich Dir so ganz verbunden in Liebe und Treue, in Vertrauen und Verständnis. Das ist ein wunderbares Wissen um eine Kraft, die geradezu unerschöpflich ist! Geliebter Du! Ich glaube mit Dir felsenfest an Gottes Güte, die auch weiterhin mit uns und mit unserm Volke sein wird!

Ich muß Dir bleiben – Du mußt mir bleiben! Gott walte es! Ein and[e]rer als Du, darf den Platz an meiner Seite nie einnehmen! Das steht in meinem Herzen unverrückbar fest.

Und wie mein Leben ohne Dich wäre, das will ich garnicht zu Ende denken, Du! Weil ich ja mit Dir leben will! Mit Dir! Geliebter!

Und der Glaube daran ist so groß in mir! Und auch Du gibs[t] in Deinem Herzen keinen anderen Gedanken Raum, als denen: wir wollen füreinander und miteinander leben, in Gottes Namen.

Herzensschatz! All das bewegte mich heute, als ich mit Mutter rüstig schaffte. Ich kann doch einfach tun was ich will, immer bist Du der Mittelpunkt, um den sich alles dreht! Geliebtes Herze[le]in! Das war ein arbeitsreicher Tag heute, und doch hatte ich soviel Muße, dabei immer nur an Dich zu denken! Bist doch ganz mein [Roland]! Bist mein Herzschlag! Bist immer um mich! Du!!!

Mutsch ergeht es wieder besser heute, sie geht aber erst am Montag wieder ins Geschäft. Ich bin so froh, daß sie sich wieder wohler fühlt! Es hätte doch können dumm ausgehen.

Ja! Heute früh um 7 [Uhr] sind wir raus aus den Federn. Ich versorgte gleich alle Wege. Mutsch fing an, die kleine Küche sauber zu machen. Es ist nämlich hier soo kalt geworden, daß wir uns heute entschlossen, die Doppelfenster einzuhängen. Papa war da, Mutter konnte mithelfen und ich putzte die Fenster gründlich ringsum, daß wir bis Weihnachten garnicht mehr viel Arbeit haben! Am Waschhaus bereiteten wir die Doppelfenster zum Einhängen vor! Es war eine ganze Menge Schmutz zu entfernen! 8 Stück haben wir. Nun sind sie drinnen, Bis [sic] auf die im Elternschlafzimmer, da kamen wir heute nicht mehr dazu, drin [sic] reine zu machen, weil es finster wurde. Im Korridor mußten wir alle Türen abseifen, auch gleich im Flur mit; denn der Ofensetzer hat überall dicken Staub und Ruß hinterlassen. Ich scheue[rt]e dann noch das Haus. Vater bohnerte. Denke nur, gegen 6 [Uhr] waren wir erst fertig mit allem! Ich hatte aber bald genug! Nun ist aber wieder Ruhe in diesem Winter, erst im Frühjahr gibts wieder Großreinemachen, sonst streike ich! Mann kriegts doch auch mal über! Mutter scheuerte die Bodenkammer!, den Oberboden. Alles ist blitzblank, nun haben wir Ruhe. Und der liebe Elternbesuch kann kommen. Schnell ging ich nochmal zum Bäcker, holte Backmaterial! Weil wir beide baden wollten heute abend, wollte ich das Feuer ausnutzen und die neue Backröhre einweihen, die der Ofensetzer eingebaut hat! Sie befindet sich links, unterhalb der Rohre, wo wir sonst gekocht und gebacken haben. Also jetzt hat unser Ofen 3 Röhren! Oben 2 und unten links Backrohre, rechts die Feuerung. – Er brennt so fein! Wir sitzen jetzt nach dem Bade hier und wärmen uns im molligen Stübchen – das war noch garnicht da! Einen Apfelstrudel buk ich. Herrlich ist er geraten! Du! Wie gerne ließe ich ihn Dir kosten [sic]! Die geschnitzelten Äpfel würzte ich mit Zimt von dir! Und Zucker! Hm! Das duftet!!

Aber ich will Dir was vorbacken, wenn Frieden ist und Du bei mir!!! Da freue ich mich schon heute drauf! Na, da kannst Dir ungefähr vorstellen, wie mein Tag wieder ausgefüllt war, ja? Wegelaufen, Schrubben, putzen, backen, baden, schreiben – puh! Das letzte ist mir das liebste! Dann kommt das vorletzte, aber dann gleich das drittletzte – die anderen Dinge tue ic[h] nur – hm – sagen wir – notgedrungen!! O pfui! Welche Hausfrau! Ach, am liebsten bin ich doch nur bei Dir! Bei Dir! Da könnte ich sogar das Waschen und das Essen vergessen!! Herzlieb! Für heute nun Schluß! Es ist 10 Uhr vorbei! Ich bin soo müde! Ich will nun schlafen und träumen von Dir! Du!!! Du!!! Geliebter mein! Morgen bekomme ich die Jungen nochmal.

Schätzelein! Gut Nacht! Du!!! Ich küsse Dich herzinnig! Du! Du!!! Ich liebe Dich! Du all mein Glück! Gott behüte Dich mir!

In Ewigkeit Deine [Hilde].

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Autor Hilde Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Hilde Nordhoff

Foto von Hilde Nordhoff. Nahaufnahme, Person im Sommerkleid, im Hintergrund Bäume.
Ba-OBF K01.Ff2_.A12. Hilde Nordhoff, 1940, Oberfrohna, Fotograf unbekannt, Ausschnitt aus Fotoalbum.

Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.

Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946