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[OBF-420326-002-01]
Briefkorpus

45. 

Donnerstag, am 26. März 1942. 

Herzensschätzchen! Mein allerliebster Roland! Du! 

Es ist noch ganz zeitig am Tage, da ich zu Dir komme, Du! Erst kurz vor 8 Uhr! Ich bin schon längst auf. Hab schon Fleisch geholt, und Deinen Brief zur Post getragen. Heute ist´s kälter draußen, die Sonne scheint auch nicht. Nun sitze ich vorm weißen Bogen und denke Dein, während nebenbei das Mittagessen kocht. Reis mit Rindfleisch und jungen Erbsen gibts. Dann will ich alles fein in Ordnung bringen in der Wohnung, denn ab Mittag sind wir im Waschhaus. 

Wie es mir geht, wirst Du wissen mögen Herzlieb? Ganz gut, ich fühle keine Schmerzen, ein bissel müd, das ist alles. 

Du wirst mir doch nicht böse sein, daß ich heute ein bissel weniger schreibe als sonst, gelt? Verstehst schon, daß es trotzdem nicht minder lieb und herzlich gemeint ist. Du! Herzlieb mein!. Ich habe Deine lieben Boten nun bei mir bis zum Dienstag den [1]7.März, es ging mal wieder durcheinander. Ach Du! Überall in Deinen Boten, den geliebten, da strahlt sie mir entgegen, Deine große, große Liebe. Und wenn auch einer aus der Reihe ankommt, niemals vermisse ich deshalb den Sonnenschein Deiner Liebe! Du bist täglich – immer lieb zu mir, soo lieb! Ach Herzelein! Laß Dich ganz lieb umarmen und küssen, Du! Ich bin so sehr glücklich – möchte Dir soo danken, aus Liebe! Geliebter! Oh du! Wir sind doch zwei rechte Glückskinder! Herrgott im Himmel! Schaue liebend auf uns herab, verlaß´ [sic] uns nicht, segne Du uns und unseren Bund! 

Oh liebster Roland! Ich muss Dich sooo von Herzen lieben! Herzlieb! In Deinem Sonntagboten erzählst Du mir, daß Ihr einen älteren Soldaten zur Entlassung in die Heimat geschickt habt. Ich kann verstehen, was Dich dabei bewegte, Du Lieber! Wo auch wir beide soo sehnsüchtig warten auf Deine Heimkehr für immer. Ach Du! Die Zeit ist bitter ernst, unzweifelhaft; der Krieg hat sich ins Schicksalhafte ausgewachsen, wie eine Lawine so gewaltig bewegt sich nun alles. Ach Du! Wir halten die Augen offen, o ja – aber darum wollen wir nicht zagen und zweifeln! Wir haben dazu den wenigsten Grund – wollen auch die Zukunft nicht trübe sehen, sie ist so, wie sie sein muß. Wenn sie uns nur zusammenführt, dann stillt sie unsre größte Sehn[su]cht. Und daß sie uns zusammenführt: daran müssen wir glauben, solange wir leben! Gott im Himmel mache uns recht demütig und geduldig in seinem Willen! Oh Herzlieb! Laß uns fest und lieb und treu zusammenstehen immer, dann wird uns alles tragbar sein. Die Zeit bleibt nicht stehen, auf steigt die Sonne! Ein Glück ist es! Du!!! Neues Leben erwacht! Und was uns auch die Zukunft bringt – Du wirst mich bald erfahren lassen, wenn sich etwas Entscheidendes ereignet – in Liebe und treuer Kameradschaft stehen wir beisammen, eng verbunden. Du und ich, ein Ganzes. Wir wissen es beide zu unserm Glücke, zu unsrem Troste! Wir sind darum so reich, Geliebter! Unser Lebensschifflein wird von einem Höheren gesteuert und ihm vertrauen wir so ganz, Du! 

Ich bin trotz allen Ernstes dieser Zeit so innerlich froh und ruhig, ich habe das gewisse Gefühl einer guten Geborgenheit, das Gefühl, daß alles gut gehen wird. Und ich wünsche mir von Herzen, daß auch Du, Geliebter[,] ganz getrost und gefaßt bist. Wisse: ich stehe bei Dir mit meinem ganzen Herzen voll Liebe, bereit, Dich so ganz glücklich zu machen, ich lasse Dich nicht. Gott behüte Dich, mein Herz! Ich denke immer Dein in Liebe, Treue und inniger Verbundenheit! Es küßt Dich lieb Deine [Hilde], Du!

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Die Entlassung eines älteren Kameraden in die Heimat führt Hilde dazu, Sehnsucht nach Ähnlichem für Roland zu äußern. Ihre Aussage deutet Zweifel an dem Kriegsverlauf an: „Die Zeit ist bitterernst …der Krieg hat sich ins Schicksalhafte ausgewachsen, wie eine Lawine bewegt sich nun alles.“

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Autor Hilde Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Hilde Nordhoff

Foto von Hilde Nordhoff. Nahaufnahme, Person im Sommerkleid, im Hintergrund Bäume.
Ba-OBF K01.Ff2_.A12. Hilde Nordhoff, 1940, Oberfrohna, Fotograf unbekannt, Ausschnitt aus Fotoalbum.

Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.

Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946