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[OBF-420401-002-01]
Briefkorpus

50.                                     

Mittwoch, am 1. April 1942.

Herzensschätzelein! Du mein herzliebes Mannerli!

Einen frohen Guten Morgen wünsch’ ich Dir! Hab kaum meine Gucker auf, es ist nach ½ 8 morgens, da muß ich schon wieder zu Dir kommen! Ja ich muß!! Weil ich Dich halt gar so lieb habe, Du!! Und mein Mannerli schiebt mich garnicht [sic] zur Seite, weil es früh keine Zeit hat, oder weil es schon hinter seiner Arbeit sitzt. Ach, es läßt sich schnell ein liebes Küßchen geben von seiner [Hilde], gelt?

Von der frischgewaschenen! Hungrigen, Du! Du!! Mehr will sie doch garnicht am frühen Morgen! Nur ein Küßchen und ein liebes Wort! Sie weiß, daß dann der Tageslauf beginnt – ach, sie hat ja auch selbst viel zu tun! Du!!!

Magst Du noch ein Stündchen warten bis zum Kaffeetrinken? Erst muß ich doch mit meinem Herzelein reden, da braucht man nicht zu essen nebenbei!

Ach Du! Ich konnte doch nicht gleich einschlafen gestern abend. Ich mußte erst zur Ruhe kommen mit allen Gedanken, Du! Und dann waren doch auch noch 3 Deiner so lieben Boten gekommen gestern, die ich nochmal gelesen habe vorm Einschlafen. Oh Geliebter!

Deine Liebe kann mich sooo wundersam berühren, so tief beeindrucken. Du!! Sie füllt mein Inneres so ganz aus! Und sie ist bei mir im Wachen wie im Schlafen. Du bist ein Stück meines Wesens, Dich habe ich für immer in mein Herz geschlossen, mein herzallerliebstes Schätzelein, Du!

Du bist meine Erfüllung! Bist meine Ergänzung! Bist all mein Glück! Inhalt meines Lebens! Du!!! Mit Dir kann ich in liebster, engster Gemeinschaft leben, in allerbester Kameradschaft. Weil große, tiefe Herzensliebe uns beseelt. Und begründet auf sie sind alle unsre Entscheidungen im Leben. Immer sind wir einander gegenwärtig und nie lassen wir einander fallen. Wenn wir auch fern einander [sind], jedes für sich den Alltag und die Zeit meistern müssen [sic], so sind wir doch im Innersten ganz beisammen. Es ist nichts, nichts in unserm Leben, woran wir einander nicht teilhaben ließen. Alles bereden wir miteinander, alles. Und wenn eine Entscheidung gleich getroffen werden muß einmal, wo wir nicht auf die Antwort warten können, dann ist es immer die ganze Liebe die uns leitet in unseren Entschlüssen. Wir können doch garnicht mehr anders, Du! Und das gelobe ich Dir auch heute aufs Neue, mein [Roland]: daß ich niemals etwas allein auf mich nehme, was ich nicht verantworten kann.

Denn siehe, mir liegt unser ganzes Lebensglück nicht minder am Herzen wie Dir! Geliebter! Eines soll uns immer leiten in allen Dingen: Liebe, Treue, Entschlossenheit. Und der feste Wille, daß uns die Ferne nicht auseinanderführt, sondern nur noch enger zusammen!

Und das kann nur sein, indem wir auch immer alles zusammen besprechen, was im Leben an uns herantritt, daß es gerade so ist, als wärest Du bei mir und ich bei Dir. Das Leben ist nicht leicht, es ist kein Kinderspiel und es bringt uns manchmal in Konflikte. Aber dem wollen wir nicht ausweichen, sondern tapfer begegnen und in aller Liebe und vollem Verständnis wollen wir einander helfen. Ich könnte es mir leicht machen, könnte allem aus dem Wege gehen, indem ich es hielt wie viele neben mir: trotzdem sie Frauen sind, treiben sie, was sie wollen, ergreifen sie, was sie wollen, ganz nach ihrem eigenen Dafürhalten. Das verwerfe ich ganz und gar. Und das könnte ich nie tun.

Jene kann nicht so viel Liebe verbinden und letztes Vertrauen, so wie es zwischen uns ist. Die Ehe ist nicht nur eine äußere Formsache, oh — sie ist ja viel viel mehr! Geliebter! Wir wissen, was wir von einer guten Ehe halten, was wir dareinsetzen und was wir erwarten. Das Höchste, das Letzte — alles.

Und Vertrauen und Liebe sind die beiden Grundpfeiler dieses Lebensgebäudes.

Noch nie ist mir allein der Gedanke gekom[m]en, Dir einmal etwas zu verheimlichen. Noch nie! Und wenn's auch etwas Schlimmes ist, was ich Dir sagen muß, oder einen Fehler bekennen, ich finde immer den Weg zuerst zu Dir.

Und ich habe auch garnicht einmal schon das Gefühl gehabt: nein, das kannst du nicht. Es ist mir ganz selbstverständlich, daß ich mit allem zu Dir komme, was mich angeht. Du bist doch meines Herzens Vertrautester, mein bester Kamerad, mein bester Verbündeter! Bist mein geliebtes Herzensmannerli!

Bist mein Berater auch und mein Beschützer. Du bist doch mein Weggesell für dieses Leben!

Und mit Dir will ich ja gehen nun, durch Dick und Dünn, überallhin! Du!!!

Ach, ich wäre unglücklich, wenn es nicht so wäre. Und darum haben wir wohl auch mal einen Konflikt mehr zu überwinden wie andere, weil wir eben so gründlich sind. Doch, sage selbst, Herzelein! Wer ist wohl im Grunde seines Herzens glücklicher?

Jene, die es so halten – oder wir?

Ach Du! Was braucht es da noch der Worte! Herzelein! Du hast mich verstanden, des bin ich so froh. [U]nd nun ist mir gerade, als hätten wir damit einen neuen Stein dazugefügt in den großen Bau unsrer Liebesburg. Du! Laß uns weiterbauen in gemeinsamer Kraft und Treue zum Werk! Eine gar wehrhafte Trutzburg soll entstehen! Geliebter!!

Ich denke an alles, was Du mir sagst in Deinen Boten, woran Du mich in Liebe ermahnst. Ich danke Dir, daß auch Dir unsre Gemeinschaft hoch über allem anderen steht, daß es auch Deine Lebensaufgabe ist, Dich unserem Bunde zu verschreiben mit Einsatz aller Kräfte. Geliebter! Ich bin Dein Weib. Du hast mich erwählt zu Deinem Weibe, hast mich an Deine Seite gestellt, hast mir den Thron in Deinem Herzen geschenkt. Du hast mich geehrt und geachtet vor aller Welt. Und ich werde mich als Dein Weib bewähren in diesem Leben.

Das verspreche ich Dir, Du!!! Du!!!!!

Wir sehen unseren Weg klar vor uns liegen. Wir müssen Umwege machen zum Glück unsrer Erfüllung, das Schicksal will es so. Und wie sich auch die Welt zu uns stellen mag, unser Eigenleben, unser Innenleben kann das nicht erschüttern. Du und ich, wir gehören zusammen für alle Zeit.

Und aller Versuchung halten wir stand.

Es soll uns ein leichtes sein mit unsre[r] entschiedenen Liebe im Herzen und mit Gottes Hilfe. Geliebter! Mein [Roland]! Was auch geschehen mag: ich bleibe Dein! Mich kannst Du nicht verlieren im Gedränge dieses Erdenjahrmarktes! Du!!!

Ich habe Dir die Treue gehalten schon einst, ohne einen Funken Hoffnung im Herzen. Sag? Wie könnte ich mich wandeln, nun, da ich Dich, mein Glück, ganz besitze? Oh Du!!! Geliebter!!! 

Könntest Du einen einzigen Blick tun in mein Herz!

Ich liebe Dich!

Mein [Roland]! Bitte! Nimm es nicht als Schmerz, daß Du von meiner Liebe etwas abtreten mußt! Du weißt, alle Herzensliebe gilt Dir ungebrochen! Es ist nur Güte ein Bruchteil, die ich an die große Sache verschenke. Ich möchte mich auch ein klein wenig dankbar erzeigen denen, die uns und die Heimat schützen. Geliebter! An unsrer Herzenstraute ändert das garnichts, Du!

[O]h laß uns zusammen vor Gott treten und ihn von Herzen bitten: Nimm dieses Kriegsunwetter bald von uns, Herrgott! Laß uns ohne Schaden an Leib und Seele hindurchgehen! Oh, sei mit uns! Leite uns und segne uns.

Oh laß uns bald, bald zusammen weitergehen auf den Weg zu Dir! Amen.

Mein [Roland]! Voll Dankbarkeit und inniger Liebe umschlinge ich Dich fest! Du!!!

Nimmermehr will ich von Dir lassen! Du bist meines Lebens Freude und Sonne! Mein Trost in schwerer Zeit. Nur weil ich Dich habe, hat mein Leben einen Sinn. Oh gehe mit mir durch diese Zeit, in treuer Liebe verschlungen! Gott wird uns zum Ziele führen! Glaube, hoffe mit mir!

Oh Herzelein! Du bist auch so glücklich in meiner Liebe, wie ich in der Deinen! Oh Du!! Ich weiß es – ich weiß es, welch kostbares Geschenk Dir meine Liebe ist! Wer könnte das besser erfühlen, als ich? Die mir mit Deiner Liebe gleiches Herzensglück widerfährt? Geliebter!

Oh Du!! Du!!! Wie wollen wir dankbar sein unser Lebenlang [sic], daß Gott uns diese Liebe ins Herz gab! Oh, wie wollen wir ihn inbrünstig bitten, daß er bei uns bliebe mit seiner Gnade!

In uns aber brennt heiß und unverwischbar das Gelöbnis: ganz fest wollen wir einander halten, sooooo fest!

Herzelein! Unwandelbar ist meine Liebe und Treue zu Dir. Ich glaube an Deine Liebe, so wie Du an meine Liebe glaubst!

Reine, wahre Herzensliebe ist zwischen uns! Oh Du! Sie thront in unseren Herzen, mächtig — allbeherrschend und alles überglänzend.

Und so soll es bleiben! Gott walte es in Gnaden.

Du mein liebes, liebes Mannerli!

Mein Ein und Alles! Mein Reichtum!

Mein Leben! Du!!!!! !!!!! !!!

Ich küsse Dich herzinnig und ziehe Dich an mein Herz.

Gott behüte Dich!

Ewig Deine [Hilde].

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Autor Hilde Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Hilde Nordhoff

Foto von Hilde Nordhoff. Nahaufnahme, Person im Sommerkleid, im Hintergrund Bäume.
Ba-OBF K01.Ff2_.A12. Hilde Nordhoff, 1940, Oberfrohna, Fotograf unbekannt, Ausschnitt aus Fotoalbum.

Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.

Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946