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Briefkorpus

Montag, den 4. Mai 1942

Oh Du! Meine Herzensschätzelein! Mein liebes, teures Weib!

Der Salonikier Wachposten ist wieder aufgezogen. Die beiden Feiertage hat es ihn verschont. Aber nun ist er wieder dran. Und nun habe ich von 8 Uhr an ein wenig geruht und bin jetzt fein munter, wie es ein Posten sein muß – und wie ein Mannerli es sein muß, wenn es zu seinem lieben Weiberl kommen will, gelt Herzelein? Ich glaub, das kann man auch klein schreiben. Ja, ja, die liebe Rechtschreibung! Du! Wie soll ich denn nun anfangen? Wie soll ich Dir denn nun recht zeigen, wie glücklich Du mich machst – Du! Du!!! Liebes, Herziges! Herzallerliebstes mein!

Oh Du! Meine [Hilde]! Das Mannerli kann gar nimmer brav bleiben, wenn das liebe Weib so lieb und glücklich zu ihm kommt! Oh Du! Dann muß es mitstrahlen, und wenn es eben der traurigste Sauertopf gewesen wäre, dann muß es sich mit Dir freuen, mit Dir glücklich sein – oh Du! Und dieses Glücklichsein – es mündet doch im Meer der Liebe! Du!!! Du!!!!! Oh Herzelein! Ich kann doch das große Glück kaum fassen! Du! Du!!! Das zu mir kommt mit Deinen lieben, lieben Boten vom Sonnabend und Sonntag. Ach, sie waren beide überladen von der Last des Glückes, darum brauchten sie doch einen Tag länger zu mir!

Oh Geliebte! Geliebte!!!! Kann es denn sein, daß soviel Liebe ist[sic] zwischen zwei Menschen ist? Daß soviel Liebe mir bestimmt ist noch in diesem Leben? Oh Geliebte! Ich kann es nicht begreifen, wenn ich ermesse, daß so große Liebe auch zu Dir will, daß solche Liebe auch in meinem Herzen brennt – zu Dir! zu Dir!!!!! oh Geliebte! Ich kann nur mit Dir es dankbar erkennen: „Wir dürfen uns wohl die Glücklichsten nennen, die zu dieser Zeit leben, trotz des Ferneseins. Ich bin sooooooooooooo glücklich. Es kann kein Mensch glücklicher sein als ich neben Dir!“

Oh Geliebte! Du! Du!!! Wie liebst Du mich! Wie sooo lieb hast Du mich! Du! Du!!!!! Liebe ist jeder Gedanke. Liebe jede Regung Deines Herzens. Oh Herzelein! Deine große, wundersame Liebe! Du! Du!!! Wie sie mich berührt! Wie sie mich trifft! Wie sie mich beglückt und erfüllt! Eben die Deine! Du! Deine Liebe – meine Liebe! Oh Herzelein! Fühlst Du es, wie ich mich ganz ergebe darein und mich ergeben kann? Wie ich Dich selig umfange? Oh Geliebte! Wie ich mich an Dich halte, an Dich schmiege – oh Herzelein! Wie ich mich sehne nach Deiner Liebe – wie ich darnach dürste – wie glücklich ich sein kann in Deiner Liebe? In Deiner Liebe! Du!!!!! !!!!! !!! Du! Herzelein! Sie ist doch mir bestimmt! Mir geschenkt!

Oh Geliebte! Und nun rede ich doch bloß von Deiner und meiner Liebe! Du! So will ich Dich doch wiederlieben – so tief und innig und unendlich! So will ich Dich doch erfüllen und beglücken – und ich ka[nn] es – Oh Du! Du!!! Du!!!!! Herzelein! Geliebte! Und das macht unser Glück doch erst recht vollkommen! Unsre Liebe!!! Du bist doch so glücklich an meiner Seite wie ich an der Deinen! Und es ist doch ein ganz lebendiges Glück, ein ganz lebendiger Schatz, der soviel Kraft und Sonnenschein spendet, der in uns soviel echte Herzensfreude sein läßt.

Oh Herzelein! Du glückliches Weib, Du goldiges, sonniges, dankbares, herziges! Mein Herze will doch hoch aufspringen, wenn Du so strahlst und lieb zu mir kommst: „nur in Deinen Armen, an Deinem Herzen kann ich all mein großes Glück bergen! Nur bei Dir kommt mein Herz zur Ruhe, Liebster. Weißt Du es denn noch, mein Herzelein?“ Oh Du! Du!!! Du!!!!! !!!!! !!! Ja! Ja!!! Geliebte! Du Liebe! Liebe! Du, mein liebes Weib! Meine [Hilde]! Mein! Mein! Mein!!! Du! Oh Geliebte! Ich will doch meine Arme immer ganz offen halten – oh Herzelein! Mein Herze ist immer offen und bereit, Dich zu empfangen! Und meine ganze Unruhe, die Unruhe der Liebe, des Schmerzes, des Verlangens – Herzelein! Herzelein!!! Du weißt es: sie geht zu Dir! Zu Dir allein! Und die bringe ich Dir – oh Du! So eilig – und glücklich – all Dir! All Dir!!!!! !!!!! !!! Und wird immer wieder Unruhe sein zwischen Liebenden! Und ein Suchen und Bergenwollen und Beschenken! Herzelein! Herzelein!!! Und dann die Stille! Und zwar, die einander so lieb haben wie wir – die werden sich doch gerade immer begegnen beim Ruhen – oh Herzelein! Herzelein!! Und werden uns immer wieder freuen – Du und ich! – oh Geliebte! Geliebte!!! - oh Herzelein! Seliges Sichfinden! Einssein! Du! Mein! Einziges Weib! Geliebte! Du! Mein ganzes Glück! Sei Gott mir gnädig! Behüte er Dich! Segne er unsre Liebe!

Oh Herzelein! Was habe ich doch für Freude an Deinem Frohsein und Glücklichsein! Wie es hüpft und springt vor Freude – und Du weißt es: ich hüpfe und springe gleich mit! Oh Geliebte! Und ich weiß all mein Trachten: das Land, das Reich unsrer Liebe, in dem Du, in dem wir, unser freies, frohes Leben führen dürfen. Denn die Welt versteht nicht solch reine Freude.

Oh Herzelein! Daß ich Dich glücklich weiß an meiner Seite! Du! Du!!! Geliebte! Gehst nun noch einmal so lieb ein auf die Zeit meiner Einsamkeit. Oh Du! Du!!! Wie glücklich bin ich heute mit Dir, wie unendlich glücklich und reicher als damals – Mit Dir! Mit Dir!!! es gibt Menschen, die sich nicht arm fühlen, wenn sie so allein gehen müssen durchs Leben. Sei es, daß sie sich ganz verloren haben an ihre Arbeit; sei es, daß sie nicht das Sehnen verspüren nach Ergänzung; sei es, daß sie ihr ‚‘einsames‘ Leben sich bunt und interessant gestalten.

Oh Geliebte! Du weißt es und es ist Dir Bestätigung meiner großen Liebe zu Dir – daß in mir ein heißes, tiefes Verlangen und Sehnen war. Wie ein Schatten, ein Druck lag es auf meinem Wesen, wie eine böse Fessel. Herzelein! Das gute Elternhaus und ein geheimes, dunkles Erinnern an die erste, heiße Mutterliebe und das geheime Verbundensein mit eben dieser Mutterliebe und Geborgensein in dieser Liebe – sie haben in mir ein tiefes Sehnen genährt und lebendig gehalten, heiße Sehnsucht nach tiefer Geborgenheit in guter Liebe – Wunsch nach dem Lande guter, inniger Liebe.

Oh Herzelein! Und diese Sehnsucht, dieser Wunsch verwarfen in ihrer Tiefe allen halben, unrechten, ärmlichen Ersatz, jedes Mittel der Betäubung. Ach, lieber wollte ich einsam bleiben als seichter, schlechter Liebe mich ergeben. Es hätte mich nur noch einsamer und unglücklicher gemacht. Geliebte!

Und diese Sehnsucht, dieses Wünschen im Herzen – ungewollt, unerfüllt noch – so hast Du mich gefunden, so bin ich zu Dir gekommen – Du! Du!!! Und nun hast Du dieses Herz erfüllt, ganz erfüllt mit Deiner unendlichen Liebe!!! Oh Herzelein! Gefunden! Gefunden das Land der Liebe!!! Du! Du!!! Du!!!!! !!!!! !!! Ermißt Du mein Glück? Meine Freude? Oh Herzelein! Du! Fühlst Du es, wie tief Du in meinem Herzen wohnst? Wie selig ich die Strahlen Deiner Liebe verspüre? Und wie fest und lieb ich Dich umfangen halte? Gefunden! Befreit! Nach langem, langem Suchen und Gefangensein! Durch Dich! Durch Dich!!! Oh Geliebte! Mein Herz schlägt Dir in unendlichem Glück und Dank – in unauslöschlicher Liebe und Treue! Dir! Meinem Weib! Meinem Glück! Meinem Befreier! Du! Du!!! Herzelein! Ich lasse Dich nie und nimmermehr von meiner Seite! Du bist in meinem Herzen so fest eingeschlossen – du müßtest es zertreten, wenn Du es verlassen wolltest! Du! Du!!!

Ich liebe Dich sooooo sehr! Sooooooooooooo sehr!!!!! Geliebte! Damit Du Dir nicht unnütze Gedanken machst: Ich habe meinen Beruf nun auch lieb gewonnen. Ich habe ihm vieles abgewonnen und hänge mehr an ihm und erst ist er mir mehr eine Angelegenheit allen Ernstes und des Herzens als vielen anderen, die viel unbekümmerter und entschlossener sich dazu fanden. Er ist es mir geworden. Ach, im Anfang war es doch, als sei der Himmel eingestürzt, als wäre ich nur ein Maulwurf. Aber nun hat er doch wieder hereingeschaut auch in die bescheidene Arbeit des Dorfschullehrers, erst nur ein Fleck ein Streif, und dann größer und weiter.

Ach Herzelein! Diese Erkenntnis habe ich allen Idealisten voraus, daß die Arbeit des Schulmeisters eine mühsame und bescheidene ist, daß die Aufgabe der Volksschule nur eine dienende, keine selbstherrliche – sein kann, daß sie nur Grundlage und Unterbau sein kann.

Ich denke des Herrn Oberlehrers K., dessen Freundschaft mir geholfen hat, mich zurechtzufinden. Ach Herzelein! Eines hat dieser Beruf doch den meisten voraus und mit dem der Forscher oder sonst eines ungebundenen Schaffenden gemeinsam: daß er Zeit läßt zu einer Lieblingsbeschäftigung und Kraft mit Zeit, ein liebes, liebes Nest zu bauen und mit einem geliebten Weibe, mit Dir! so ganz eng und lieb verbunden durchs Leben zu gehen. Oh Du! Du!!! Und darum bin ich doch nun auch froh dieses Berufes. Er wird uns keine übermäßigen äußeren Reichtümer abwerfen – aber gewährt uns die Voraussetzungen zu einem Herzensglück in reichem Maße!

Oh Geliebte! Und das andere, wie ich es immer gedacht habe und geträumt und ersehnt habe, so ist es doch: Gute Liebe macht so reich, sooo reich! Oh Du! Ich kann es Dir nur immer wieder bekennen: Die Liebe hat Dein Mannerli verwandelt. Sie hat ordnend in mein Leben eingegriffen, klärend, läuternd. Oh Herzelein! Nun ist heil, was erst wund war. Nun ist ganz, was erst halb war. Das Glück des Schenkens, des Miterlebens, Mitfreuens und Mitleidens, es bringt schon Freude und Sonnenschein in dieses Leben! Oh Herzelein! Es steigert dieses Leben! Es macht dieses Leben erst reich und wert.

Ich bin so selbständig geworden in meinem Einsamsein, und habe mich nicht gelangweilt in meinem Alleinsein, nein, gelangweilt nie – ich war nur oft ohne Lust, ach, voll Schmerz darüber, daß ich keinen lieben Menschen um mich hatte, der mich verstand, der teilnahm an meiner Arbeit, an meinem Schicksal, der sich mit mir freute und begeisterte – ach Herzelein! - ein Spiegel meines Wesens, ein Echo meines Herzschlags. Oh Geliebte! Geliebte! Du!!! Und wieder Spieglein, Widerhall zu sein einem geliebten Menschen, einem geliebten Wesen, Du! Einem lieben, guten Weibe! Das dünkte mir doch alle Seligkeit zu sein, ach, so traumhaft schön und glückvoll, so unirdisch – oh Herzelein, in himmelweiter Höhe und Ferne! Und nun, nun, nun? Oh Herzelein! Meine [Hilde]! Dein Spieglein darf ich sein! Spieglein Deinem geliebten Wesen! Spieglein einem lieben, guten Weibe, dem allerallerbesten! Oh Herzelein! Spieglein Deiner Freude, Deines Glückes, Deines Schmerzes, Deiner geliebten Seele in all seiner Zartheit, in ihrem Reichtum! Oh Du! Du!!! Spieglein auch Deiner Schönheit!!! Geliebte! Geliebte! Dein [Roland], Dein Mannerli! Ich allein! Ganz allein! Du, mein Weib! Mein! Mein!!! Ganz mein!!!!!

Ich darf immer um Dich sein, Dir zunächst! Darf Dich lieben ohne Ende! Oh Geliebte! Laß mich mit Dir die Hände falten: Gott im Himmel! Sei uns gnädig! Halte uns dankbar und demütig im Glücke! Führe Du uns recht bald zusammen zu einem Leben in Deinem Namen! Oh behüte mir mein Weib, meine [Hilde]!

Herzelein! Ich drücke Dich an mein Herze, ganz lieb und innig! Ich küsse Dich! So lieb! Sooo lieb! Ich bleibe ewig Dein [Roland]!

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Autor Roland Nordhoff
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Über den Autor

Roland Nordhoff

Foto von Roland Nordhoff. Nahaufnahme, Person sitzend in einem Fensterrahmen.
Ba-OBF K01.Ff2_.A39, Roland Nordhoff, 1940, wahrscheinlich Bülk, Fotograf unbekannt, Ausschnitt.

 

Roland Nordhoff wurde 1907 in eine bürgerliche Familie in einem ländlichen Dorf im östlichen Sachsen, Kamenz, hineingeboren. Nachdem er ein Musikstudium aufgegeben hatte, arbeitete er als Dorflehrer in Oberfrohna, nahe Chemnitz. Im Frühjahr 1938 wurde er nach Lichtenhain in Sachsen versetzt

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946