84.
Donnerstag, am 7. Mai 1942.
Herzallerliebster! Mein geliebtes teures Herz! Mein [Roland]!
Ich komme wieder zu Dir, Schätzelein! Wie geht es Dir wohl? Du!! Habe auch heute noch keinen Boten wieder von Dir. Aber weißt? Ich kann doch auch noch gar keinen brauchen, habe doch noch eine ganze Reihe Deiner lieben Boten zu beantworten, mein Lieb! Und ich komme ja kaum mehr nach! Ich muß Dir doch auch von mir erzählen, gelt? Und berichten, sonst bist Du gewiß unzufrieden, wenn ich nur auf Deine Boten antworte.
Liebster! Ach Liebster! Was ich Dir auch sagen will – es kommt aus einem sooo übervollen, glücklichen Herzen! Du!!! Spürst Du es wohl? Oh, wenn Du es nur fühltest! Aber ja, ja!! Du sagst mir doch auch, wie so froh und glücklich Du bist! Und es ist doch auch bei Dir der Widerschein meiner Liebe, Du!!! Du!!! Du!!! Ach Geliebter! Geliebter! Wie überglücklich sind wir! Gott halte uns demütig in unserem Glücke!
Nun will ich doch zuerst zu dem einiges sagen, was mich am meisten bewegte: Euer Umzug!
Am Dienstag schreibst Du mir: ‚eben sind wir mit dem groben Einräumen fertig. Auf den Tag genau haben wir nun ein Jahr in diesem Bau gehaust.‘
Tatsächlich ein ganzes langes Jahr! Und seitdem ist der Seesack wieder zum ersten Male gepackt. Und Du hast wie ich, als ich es las, unwillkürlich daran gedacht wann wird er zum nächsten Male, zum letzten Male gepackt sein?
Ach Du! Geliebter!! Beschlossen liegt das längst in unser[e]m Schicksal, so glauben wir – und hoffen ach Geliebter! Und ich hoffe doch mit Dir! Du!!! Ich vertraue und bete mit Dir, daß Gott uns ausrüste mit Kraft und Geduld, getreulich auszuharren! Und diese Kraft wird genährt auch von unsrer Liebe.
Herzelein! In Deinem so lieben Mittwochboten liegt alles so schön ersichtlich bei, wo ich Dich finden kann! Ich habe mich ja riesig gefreut, daß Du mir alles Neue gleich skizziert hast. Ich finde mich hinein! Und der erste Blick galt doch dem Plätzel, wo das Hubobettlein steht, Du! Ich muß doch wissen, wo mein Liebster abends sein Köpfchen hinlegt, wo er an mich noch einmal denkt, ehe er hinüberschlummert ins Land der Träume.
Ach Du! Nun ist der Umzug so rasch vonstatten gegangen! Ich bin ganz erstaunt! Ja, es ist schon etwas einfacher, wenn so ein Männerverein auszieht. Wenn eine ganze Hauswirtschaft auszieht, dann ist es viel umständlicher! Nun habt Ihr miteinander beraten wie Ihr Eure neue Schreibstube einteilen wollt. Du hast dabei an unser eignes Heim gedacht, Herzlieb, das glaube ich Dir! Der Spieß arbeitet für sich. Gib nur fein Acht, wie es mit dem Urlaub steht, Du! Nun könnt Ihr ja nicht mehr alles mit hören. Ach ja, Herzlieb! Es war ja nun nicht mehr zu ändern, daß Ihr umzieht, es mußte sein, es war so beschlossen. Und ich bin doch nun auch ganz beruhigt darüber, daß Ihr wieder gut untergebracht seid. Alles ist sauber. Und Eure Stube ist schön groß und luftig. 6 Bewohner sollen darinnen hausen. Von Streblow sagtest Du schon. 2 ältere sind noch in Urlaub. Ich freue mich, daß die Vorgesetzten von Eurer Stube einen guten Eindruck gewannen! Nun wohnen sie nebenan. Das ist schon eine Ehre für Euch, man achtet und schätzt Euch. Euer ganzer Geschäftsverkehr zum Hafen läßt sich nun bequemer abwickeln, das will ich meinen. Ihr wohnt nun am Zentrum der Stadt, habt es auch nahe zum Bade! Nur zum Essen ist der Weg zu kurz. Du! Man kommt leicht in die Versuchung dann, die frische Luft nicht ausreichend genug zu genießen. Daß Du mir artig hinausgehst, Herzelein!!! Nütze wenigstens Deine Mittagsfreizeit ergiebig, wenn Du Dir schon abends nicht hineinreden läßt in Dein Schreibeprogramm! Mußt den ganzen Tag drinnen sitzen. Hörst Du? Mußt folgen, Büblein! Gleich am ersten Tage hatte mein Mannerli Läuferdienst! Und hat dabei soo lieb mein gedacht! Ach Du gutes, allerbestes Schätzelein! Du hast mich sooo lieb! Wie ich Dir danken möchte für all Deine Liebe! Ach, wo Du auch bist, immer bin ich bei Dir! Und immer folge ich Dir nach, Herzelein! Ich ziehe mit Dir! Ich bin immer, immer bei Dir! Geliebter!
Herzelein! Ich freue mich doch, daß ich Dir gerade am Tage des Umzuges so viel Freude bringen konnte mit meinen Boten. Als ob ich es geahnt hätte, gewollt hätte, daß ich Dir mit meinem Liebgedenken das Scheiden erleichtern konnte. Du! Ich hab Dich sooooooo lieb! Ach Du! Ich wollte Dich doch gleich einmal ganz fest und lieb an mein Herze drücken! Aus Liebe! Aus Liebe! Wie machst Du mein Herz erbeben mit Deinen Worten, Geliebter! Die durchdrungen sind vom Glück Deiner, unsrer großen Liebe! Ach Du! Schätzelein! Herzelein!!! Weißt nicht aus noch ein mit dem Glücklichsein!
Du! Ach, denke daran, Geliebter!! Wenn wir erst für immer umeinander sind, dann brauchen wir uns nicht so zu verzwingen [sic] und all unsere Seligkeit in Worte zu fassen. Oh Du!!! Dann dürfen wir so leben, wie es uns um’s Herze ist! Dürfen uns liebhaben, dürfen einander beschenken, beglücken, aus des Glückes und der Liebe Überfluß! Oh mein Geliebter! Helfe uns Gott zu solchem Leben Seite an Seite, froh vereint! Inbrünstig bete ich darum.
Herzelein! Schätzelein! Behüte Dich Gott! Ach Geliebter! Sooo lieb wie wir einander ins Herze geschlossen haben, so lieb kann sich nicht wieder ein Paar vereinen. Unser Lieben ist einzig, einmalig. Du!!! So ganz bis ins Innerste sind wir erfüllt voneinander! Sooo lieb haben wir einander – oh, sooooo lieb!!! Und sooo überglücklich fühle ich Deine Liebe, Du!
Mein [Roland]! Mit höchstem Glück erfüllt es mich: mein Mannerli birgt sich in meine Liebe! Ergibt sich ganz darein. In meine Liebe! Du nimmst meine Liebe an! Wie selig bin ich, mein [Roland]! Ich darf einen Menschen so ganz lieb und innig umschlingen, darf ihn einhüllen in meine Liebe, darf ihn umsorgen und in meinem Herzen hegen, so ganz lieb und traut. Wie eine Mutter ihr Kindlein. Du! Mein geliebter Bub!! Ich liebe Dich über alles! Über alle Maßen! Du! Oh schütze Dich Gott! Oh bleibe mir, geliebter [Roland]! Mein Leben! Mein Alles! Du mein Sonnenschein! Oh Du! Du kannst mich doch sooo glücklich machen! Je länger ich Dich liebe, umso tiefer und inniger wird meine Liebe zu Dir!
Herzensmannerli! Du!!! Oh Geliebter! Mögen Dir meine täglichen Boten Beweis sein meiner innigen Liebe! Unsere unlösbaren Zusammengehörigkeit! Ich kann nicht mehr sein ohne Dich! Du bist meines ganzen Lebens Inhalt! Bist mein Anfang, mein Ende! Immer nur Du! Du!! Mann und Weib sind wir – ein Ganzes. Eines nicht denkbar mehr ohne das andere. Du! Oh Du!!!
Mein Leben habe ich um das Deine herumgeschlossen für ewig.
Schätzelein! Ich lese eben nochmal, daß mein säumiger Bote meiner liederlichen Anschrift halber einen Umweg machen mußte über eine andere Nummer. Das soll nicht wieder vorkommen. Ich will mir künftig mehr Mühe geben. Will gleich den Umschlag vor dem Brief schreiben, dann ist die Hand noch nicht müde.
Du! Da haben wir [n]ochmal Glück gehabt! Der Brief konnte auch woanders landen!
Und nun erzählst Du mir von dem herrlichen Geschenk, das Du mir machen willst zum nächsten Urlaub! Die Stiefel! Stiefelein sagt mein Herzlieb!! Dazu ist die Nummer viel zu groß! Ich sage mal lieber Stiefel, gelt? Die Tatsache läßt sich nun mal nicht vertuschen! Da können auch sämtliche noch so findige Weiberl keine Abhilfe schaffen! Was einem der liebe Herrgott beschert hat, das muß man behalten sein Lebenlang[sic]. Na, Hauptsache ist, daß ich immer gut mit Dir Schritt halten kann, gelt? 4 Lämmlein, weiße, haben ihr Leben lassen müssen, wegen meinen Beineln? Wie traurig. Du! Ach wie teuer mußt Du die Stiefel bezahlen! Tust mir ordentlich leid, Liebster. All Dein Geld mußt Du dafür ausgeben. Nun kaufst Du aber nichts mehr, gelt? Es ist zu teuer alles. Die sind ja verrückt! Höchstens zu essen kaufe, das ist noch des Geldes wert. Iß nur tüchtig Früchte! Zuhaus kannst Du das so bald nicht. Da bleibst Du auch gesund und kräftig. Mußt doch den Krieg kräftig überstehen, Herzlieb! Du! Und ich auch! Ich gebe schon fein acht, daß ich nicht zu dünn werde! Ach Herzelein! Wir werden uns nicht unterkriegen lassen! Wir wollen auch nicht wanken in unserer Liebe und Treue. Oh Du!! Wir werden nur immer fester halten, was uns gleichbedeutend ist mit dem Frieden nach dem Krieg: das Glück unserer Liebe! Wir erkennen es in seinem ganzen Reichtum, seiner Kostbarkeit!
Wir lassen nicht davon! Nie!!! Nie!!! Du!!!!!!!!!!!!! Mein [Roland]! Behüte Dich Gott! Ich bin in Liebe und Treue
ewig Deine glückliche [Hilde]. Dein.
- Anmelden oder Registrieren, um Kommentare verfassen zu können
Hilde Nordhoff
Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.
Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen
Oberfrohna
Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946