Dienstag, am 14. Juli 1942.
[Roland]! Liebster [Roland] mein!!! Herzallerliebster!
Du bist zu mir gekommen! Bist doch wahrhaftig selbst zu mir gekommen!
Mein [Roland]!
Du!!!!! Du!!!!! Du !!!!! !!!!! !!! Oh Schätzelein!
Wie habe ich sehnsüchtig aus dem Fenster geschaut heute früh, bin schon vor sieben Uhr auf den Markt gegangen, damit ich daheim sei, wenn der Postbote käme.
Oh Du !!!!! Er hat mir gewinkt, als er vom Baumeister herüber kam. Du! Ach Du! Wie zitterte ich am ganzen Körper vor Erregung. Geliebter! Was würde Dein Bote mir bringen heute? Diese Frage brannte in mir. Und dann hielt ich ein ganzes Bündel Briefe in den Händen, Du!! Ach Du!!! Einer an die Mutsch, drei an mich! Geliebter!!! Wie danke ich Dir!
Ganz rasch bin ich die Treppen hinaufgerannt, nicht schnell genug konnte ich mit Dir allein sein, mein Lieb! Und dann habe ich doch den dicksten Boten zuerst erbrochen, Du! Weil ich ahnte, daß dies der liebste sei von den dreien. Du! Der allerliebste! Und er war's doch!
Ach Herzelein! Mein geliebtes Herzelein! Du weißt ja nicht, wie unendlich selig Du mich gemacht hast heute! Du! Es ist mir, als wäre heute die Sonne sieghaft durch die Wolken gebrochen!
Geliebter! Geliebter!!! Wie hebt es sich Dir entgegen, Dein Herzblümelein, Dir! Dem geliebten Sonnenstrahl! Ach, so ganz hingegeben ist es Deinem wärmenden, liebenden Strahlen! So ganz erschließt es sich Dir! Nimmt alle Liebe auf, alle Liebe! Liebe! Geliebter! Du hast mich doch überglücklich gemacht!!! Du!! Ich habe mich überfreut [sic], Herzlieb! Die hellen Tränen sind mir über[']s Gesicht gelaufen, als ich Dein geliebtes Bild in meine Hände nahm!
Oh Geliebter! Und das Herz hat doch hochauf gejubelt, hat gezittert und gebebt vor seliger Freude!
Du bist zu mir gekommen! Geliebter!
Du bist zu mir gekommen!
Du! Eine innigere Freude konntest Du mir nicht bereiten. Herzelein! Herzelein! Es ist fast zuviel Glück heute, das auf mich einstürmt! Ach Du! Zu viel Glück! Ich mein, Du mußt es irgendwie gespürt haben heute morgen, mein Aufjubeln! Meine tiefe Bewegung!
Geliebter! Ach – ich weiß ja nicht, was ich Dir Liebes tun kann für all Deine große Liebe, [ich] weiß nicht, wie ich dir danken soll.
Oh mein geliebter [Roland]! Wie Du mich anschaust! Du! Oh Du! Ich kann doch garnicht so oft und so lang[‘] Dich anschauen, die Sehnsucht und das Verlangen nach Dir werden übergroß. Oh Geliebter! Wie ist dein geliebtes Antlitz so verklärt von innerer Schönheit und Glück! Wie liebe ich Dich!
Oh [Roland] mein! Wie liebe ich Dich!
Ach Du! Dich nur, Dich allein lasse ich in meinem Herzen wohnen. Du bist mein ganzes Glück! Du bist mein Ein und Alles! Du bist meines Lebens Freude und Sonnenschein! Du!!! Meines Lebens Erfüllung! Mein Herzschlag! Mein Atem! Oh Geliebter! Mit aller Urgewalt ist der Sturm meiner leidenschaftlichen Liebe heute wieder über mich gebraust, durch Deine unendliche Liebe, die Du mir erwiesen auf[']s neue.
Geliebter! Könnte ich sie Dir all danken – jetzt! – heute noch! – Dir all Deine Liebe danken, Du!!! Ich schenkte mich Dir so ganz, Geliebter! Ich schenk‘ Dir alles, was Du willst – ich liebe Dich! Oh Du!!! Ich liebe Dich über alle Maßen, Du!!!!!
Mein [Roland]! Ach Du! Könnte ich heute bei Dir sein! Könnte ich in Deine geliebten Augen schauen – Du! Ganz tief wollte ich hineinschauen – bis in Dein Herz, durch den Spiegel Deiner Seele! Geliebter! Ich wollte es wissen, ob Du alle, auch die leiseste Traurigkeit überwunden hast! Du! Ach Du! Ja! Ja!! Du bist wieder froh, Geliebter! Ich halte ich ihn doch in Händen, den lieben Boten, da Du endlich, endlich den ersten Brief wieder von zuhaus von mir hast. Du! Liebes, liebstes Herzelein! Du hast nicht gezweifelt an mir. Das ist meine ganze Freude! Und das zeigt mir, daß Du mich so tief und entschieden liebst, wie ich Dich liebe. Wie ich mit meinem ganzen Vertrauen zu Dir komme immer, so kommst auch Du zu mir. Und Du verstehst mich so lieb. Mein geliebter Kamerad! Du! Sieh, ich muß dir alles sagen, was ich da draußen in der Welt erlebe, alles. Und du mißverstehst mich nicht. Herzlieb! Du hast Bange um mein Gutsein, daß ich zu gut bin. Ich kenne diese meine Schwäche. Und ich weiß und habe in meinem Leben schon erfahren, daß sie mir zum Verhängnis werden konnte, wenn das gütige Geschick mir nicht immer im letzten Moment beigesprungen wäre. Dieses Gutsein könnte mir zur Gefahr werden, wenn ich unentschieden im Leben stünde. Unentschieden, – verstehe mich recht Liebster – im Innersten.
Aber ich bin ja entschieden! Zuinnerst entschieden für den Einen, den Einzigsten! Für immer entschieden! Ich kann nur einmal im Leben mich so verschenken, wie ich es tat – bei all meinem Gutsein gegen andere – ich kann nur einmal von Herzen lieben. Du weißt es!
Und ich habe mich Einem geschenkt: Dir!
Und ich liebe nur einen Einzigen: Dich!
Oh Geliebter! Wenn Sorgen Dich beschleichen wollen einmal, daß auf solch eine tragische Weise einmal unser Glück könnte bedroht werden, dann denke daran, wie ich um Deine Liebe gekämpft habe, um Dich selbst. Denke daran, daß ich alles um Deinetwillen tat – und ich war eine Frau, ein Mädchen. Wenn es nicht mein innigster Herzenswunsch gewesen wäre, Dich zu besitzen, ich hätte nicht so gekämpft, weil ich mir hätte sagen können[,] du vergibst dir etwas. Aber ich fühlte, es war echte, tiefste, Herzensliebe, die mich zu Dir hinzog. Und ich habe erkannt: Du bist es wert, daß ich um Dich kämpfe. Du allein. Ach Herzelein! Ich will Dir hier garnichts vorrechnen!
Die Liebe, die mich beseelt, die rechtet nie. Ich habe Dich geliebt von Anbeginn, habe Dich geliebt, wie man nur einen Menschen lieben kann. Und dieses wundertiefe Erleben, es ist nie, nie mehr aus meinem Herzen fortzuwischen. Und mit aller Liebe zu Dir im Herzen werde ich einmal aus diesem Leben scheiden, das weiß ich so gewiß, wie Du mich liebst. Du! Oh fürchte nichts für unser trautes Glück! Du! Was in meiner Kraft steht, tue ich, um jede Gefahr zu bannen, die uns[e]rer Liebe droht, um jeden Preis. Geliebter! Du sollst mir vertrauen bis ins letzte. Und Gott wird mit unser[e]m Bund sein, er wird unser Glück erhalten! Um solche Gnade bitten wir täglich und um solche Gnade dienen wir immer wieder.
O himmlischer Vater! Stehe uns bei in aller Not, schenke uns immer neue Kraft, in Treue Deinem Namen zu dienen! Amen.
Ach Geliebter! Dein liebes Bild! Wie es mich anschaut!! Du! Es sind schon etliche Bilder von Dir in meiner treuen Verwahrung. Sie sind alles Sinnbilder zugleich uns[e]res wachsenden Glückes. Eines ist mir so lieb und teuer wie das andere – aber das heutige, Geliebter! Es zeigt mir wie nie zuvor Dein Glückstrahlen, Du! So glücklich machst Du mich damit! Unendlich glücklich! Durchsonnst [sic], verklärt ist das ganze geliebte Antlitz – ach – mir allein zeigt es sich so! Mir allein! Und weil ich das weiß, darum ist es mir umso köstlicher! Oh Du!!! Herzelein!!! Du konntest mich nicht lieber erfreuen, Du!!
Wie nur, wie kann ich Dir danken? Ach, umschlingen möchte ich die geliebte Gestalt vor mir – Du!!! das Köpfchen in meine beiden Hände nehmen, ganz zart und lieb und behutsam, wie etwas ganz Kostbares wollte ich das geliebte Gesicht in meinen Händen halten, wie schützende Schalen es umschließen und leis[‘] die lieben Augen küssen, die reine Stirn, – Deinen Mund, – Deinen geliebten Mund, der mich so treuer, heißer Liebe schon so oft versichert hat. Du !!!!!
Oh mein [Roland]! Mein geliebtes teures Herz!
Fühlst Du wohl, wie Du mich beglücken kannst? Wie Du mich erbeben machst bis ins Herz hinein, durch Deine wundersame Liebe! Du! Sag? Geliebter. Kann Dir meine Liebe auch sooo unendlich viel bedeuten, wie mir die Deine?
Oh Du! Ich kann’s nicht fassen, nicht glauben, daß ich Dich so zu beglücken vermag, wie Du mich beglückst. Geliebter! Und doch – Du sagst mir‘s! Du sagst mir‘s! Es ist ein Wogen hin und her, von Herz zu Herzen – ach Du! Sooo heiß, so ganz unendlich liebhaben müssen wir einander! Geliebter! Ich bin sooo glücklich! Ich bin immer glücklich in Deiner Liebe, Du!
Aber heute, nachdem der Herzenskummer von mir wich, da ist es, als sei mir Deine Liebe neu geschenkt! Oh Du! Du kannst mich immer ganz ausfüllen, Du!!! Und ich kann doch nur von Herzen glücklich sein, wenn Du es auch bist. Ach Geliebter! Geliebter! Bitte mit mir unser[e]n Herrgott, daß er uns einander gesund wieder zuführt! Ich liebe Dich! Du! Ich bin sooo sehr glücklich! Mein [Roland]! Mein [Roland]! Bleib mir gut! Deiner [Hilde], die dich sooo, sooooo liebhat, Du!!!
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Hilde Nordhoff
Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.
Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen
Oberfrohna
Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946