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[OBF-420917-001-01]
Briefkorpus

Donnerstag, den 17. Sept 1942.

Geliebtes Herz! Meine [Hilde] ! Meine liebe [Hilde]!!!

Ach Du! Nun ist Dein Herzensjubel bei mir – oh, Geliebte! daß ich ihn nicht aus Deinen lieben Augensternen lesen kann! Daß die Ferne zwischen uns ist!

Ach Geliebte! Ich erkenne ihn doch, ich fühle ihn doch – Deinen Herzensjubel, Deine Herzensfreude, Deine Liebe – oh Herzelein, ich fühle doch die ganze Gewalt und Macht der Liebe, die unsre Herzen verbindet – die Gewalt, Du! Du!!! Du wartest mein! Du wartest mein! voll heißer Sehnsucht. Geliebtes Herz! Geliebtes Weib! Du bist mein! Du bist ganz mein! so jauchzt es mir entgegen, oh Geliebte, aus Deinen Worten, Deinen Empfindungen, die an die gleichen rühren in meinem Herzen, die alle Liebe, alle Liebe so heiß, so mächtig aufwallen lassen – oh Du! Du!!! Du!!!!! !!!!! !!! So wie Du sehnsüchtig mein wartest, so will ich doch zu Dir kommen, so drängt es mich zu Dir, zu Dir! Oh Herzelein! So habe ich mich im Leben noch nie gefreut! So habe ich mich doch überhaupt noch nie gesehnt in meinem Leben! So habe ich doch noch an keinem Menschen gehangen, so hat es mich doch noch zu keinem getrieben – wie zu Dir, zu Dir!!! Oh Herzelein! Meine [Hilde]! Ich habe Dich ja so unendlich lieb! Ich bin doch Deiner Liebe ganz ergeben und verloren! Oh Geliebte! Tiefe, mächtige Liebe verbindet uns! Gott sei uns gnädig.

Herzelein! Ich habe mich etwas seitwärts geschlagen, um mit Dir zu reden. Die Prüfung ist doch im Gange. Mittagspause ist. Ach weißt, die Prüfung schert mich ja kaum. Wir haben gestern abend alles noch einmal durchgenommen, und damit Schluß. Ach, ich mach's schon nicht schlecht. Ich bin mit meinen Gedanken gar nicht recht dabei; bin ja ganz anderswo – rätst Du es wohl? – bist gar eifersüchtig? – oh, Du! Du!!! Wo kann denn Dein [Roland] noch sein und verweilen mit seinem Herzen als bei Dir! bei Dir!!! Herzlieb – eifersüchtig kannst Du gar nicht sein – Du kannst es nicht – weil ich ganz Dein bin, weil Du mich ganz gefesselt hast mit Deiner Liebe – Das Mannerli hat auch nicht ein Winkelchen im Herzen mehr frei, seinen Blick – ach, überall bist Du! überall! Ich liebe Dich! Ich liebe Dich! Soooooooooooo sehr!!!

Ach Du! Du!!! Schau mich nur an! Schließ mich in Deine Arme! Ruh aus in meinen Augen! Halt mich fest – halt mich fest!!! Oh Geliebte! Geliebte! Die Stunde, da wir ein ander wiederhaben! Da Aug in Auge ruht, Mund auf Mund und Herz an Herz! Oh Geliebte! Geliebte!!! Herrgott im Himmel, hilf uns! Amen!

Herzallerliebste! Vorbei nun der erste Drasch. Ach Geliebte! Ein Stück von dem Ballast kann ich schon heute, und all das in wenigen Stunden abwerfen. Ist doch alles unnützer Ballast – steht alles säuberlich in Büchern zum Nachlesen, wenn man es braucht. Herzlein! Dann ist wieder ein Hindernis überwunden auf dem Wege zu Dir. Ach Du! Ich bin so froh schon heute abend – Du! Du!!! Ich muß doch nun mein Herz auch ganz fest in beide Hände nehmen. Ich darf doch gar nicht so fest daran denken – Herzelein!

Wo find ich Dich denn nun heute abend, zu Vaters Geburtstag? Ob Du Gast bist in Kamenz? Du Reiseonkel! Du Quecksilber! Du magst reisen und ziehen, wie Du willst – ich krieg Dich, Du! ich fang Dich – und halt Dich fest – ich bann' Dich mit meiner Liebe! Ach Geliebte! Unruhe ist mit uns, bis wir einander ganz haben. Wirst schon Quartier machen in Kamenz? Wirst unsre Bettlein richten, unser Kämmerlein? Wird doch unser liebster Ort dann wieder sein, das Bettlein, und das Kämmerlein – warum? – Du!!! Weil ich Dich dann ganz, ganz für mich habe – oh, ganz für mich dann, geliebtes Weib! Und weil dann alle Traute in uns ist – weil dann der heilige Bezirk unsrer Liebe ganz sichtbar wird – Herzelein! Wenn dann die Tür sich schließt hinter uns, dann sind wir allein! Und Du teilst mit mir das Kämmerlein – Du gehst darin mit mir – ohn, daß ich Dich zwinge – ohne Furcht – ach Geliebte, in innigster Verbundenheit, in letztem, höchstem Vertrauen teilen wir das Kämmerlein, die Liebe führt uns zusammen, die Liebe! – und dann, in der Stille des Kämmerleins und der Einsamkeit öffnen sich die Herzen ganz – dann öffnen sich die Quellen der Liebe – oh Du! Du!!! Du!!!!! !!!!! !!! Meine [Hilde]!

Wir haben das Glück guter Liebe! Wir sind so glücklich!

Oh Du! Wir werden einander ganz nahe sein! Und die Liebe wird so lebendig zwischen uns weben – Oh Geliebte! Nach dem schmerzlichen Warten und Sehnen wird nun das Wiederfinden doppelt köstlich und herrlich sein!

Oh Du! oh Du!!! Hast so treu, sooo treu mein gewartet! Ich werde alles wiederfinden, wie ich es verließ, so treu bewahrt alles – Geliebte! Und Du wirst die erste sein, der ich wieder tief ins Auge schaue, die erste, die ich selig umfange – oh Geliebte! Nie könnt ich anders! Ich bleibe Dein [Roland] – für dieses ganze Leben! Du! Es ist doch nichts köstlicher, hals so ganz einander gehören und leben! Nichts köstlicher, als so sich geliebt wissen – nichts köstlicher, als so einander alles zu weihen! Diese ganze, gute Liebe wird gesegnet mit strahlendem Glück an ihren Füllen, an ihr den Alltagen mit tiefem, stillen Leuchten, gleich köstlich und glückhaft.

Ach Du, geliebtes Weib! Nun seh ich Dich doch so froh und glücklich schaffen – endlich für den Geliebten einmal! Oh Du – für mich! Du! Du!!! Wie freu ich mich mit Dir! Wie bin ich glücklich mit Dir! Wie bin ich dankbar und erlöst, daß ich Dir endlich frohe Kunde bringen konnte! Oh Du! Herzlieb! Geliebte! Mein Heimchen! Daß Du mir die Heimat hältst! Daß ich Dir heimkehren kann – heim! Du! in die Heimat, in das Heim, ins Kämmerlein, an Dein Herz! und noch tiefer sein – bis in den heil[`]gen Schoß – Heimat! Heimat!!! Geliebte! Ich glaube, das ist doch letzte Erfüllung des Weibtums: Heimat sein! Vergessen dann alles schmerzliche Warten und Stillehalten und Einsamsein – sinnvoll dann all dies Warten – gekrönt vom Glücke der Heimkehr!

Oh Geliebte! Das liebste Weib wartet mein! wartet, wartet voll heißer Sehnsucht, voll inniger Liebe —

und ein Mannerli kehrt Dir heim, das seine Heimat so tief im Herzen trägt, das sooo voll Sehnsucht ist nach Heimkehr,  ach Geliebte, das heimkehrt in tiefstem Sinne – heim zu Dir!!!!! !!!!! !!! Oh Du! Du!!! Bleib mir gesund! Behüt Dich Gott! Er führe uns in Gnaden zu frohem Wiedersehen.

Herzelein! Wieder ein Donnerstag – will's Gott, so bin ich bei Dir, bei Dir!!! Und um diese Stunde dann – sind wir bald allein! Oh Du! am Ziele unsrer Wünsche am Quell der Liebe! ganz aneinandergegeben dann, ganz eins!

Oh Du! Sei stille noch, mein Herz! Gedulde Dich fein! "Über ein Stündlein ist Deine Kammer voll Sonne!" Oh Du! Dann ist kein Wort zu mächtig, keine Musik so jauchzend wie unsre Herzen!

Ich küsse Dich vieltausendlieb! Ich bin ewig

Dein glückliches Mannerli,

Dein [Roland].

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Autor Roland Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Roland Nordhoff

Foto von Roland Nordhoff. Nahaufnahme, Person sitzend in einem Fensterrahmen.
Ba-OBF K01.Ff2_.A39, Roland Nordhoff, 1940, wahrscheinlich Bülk, Fotograf unbekannt, Ausschnitt.

 

Roland Nordhoff wurde 1907 in eine bürgerliche Familie in einem ländlichen Dorf im östlichen Sachsen, Kamenz, hineingeboren. Nachdem er ein Musikstudium aufgegeben hatte, arbeitete er als Dorflehrer in Oberfrohna, nahe Chemnitz. Im Frühjahr 1938 wurde er nach Lichtenhain in Sachsen versetzt

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946