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[OBF-421112-001-01]
Briefkorpus

Donnerstag, den 12.11.1942

Herzensschätzelein! Geliebte! Meine liebe [Hilde]!

Guten Morgen! Guten Morgen – guten Morgen – !!! Es sieht es doch gar niemand – bin doch allein im Zimmer eben, Du! Du!!! Und Du bist auch allein – ach Schätzelein! Wenn ich es sagen dürft! ich hab doch schon wieder viel Sehnsucht nach Dir!

Ist eben mal ein ruhiges Stündchen – und ich muß Dir erst mal sagen, wie es so schneit draußen – ganz winterlich sieht es schon aus – und heute bringt der Westwind den Schnee. Schüttelt denn mein Fraule so fleißig die Betten, daß die Flocken bis zu mir stieben? Ist doch gar nicht so nötig, wenn das Mannerli nicht daheim ist – ja? – Du! Du!!!!! Oh – wie hängen die Bäume schon so voll! Ich fürcht nur um den Weg für unsre Boten. Na, ein wenig Verspätung, die wird schon wieder aufgeholt – und weil ja auf unsrer Bahn auch der internationale Zivilverkehr läuft, wird sie schon auch eher wieder freigemacht. Im vorigen Jahre hat es hier auch einen mächtigen Winter gegeben, mit meterhohem Schnee vom 16. November an bis in den März. Das ist arg lang – und man wünschte sich am liebsten gleich an das andere Ende dieser Zeit. Aber das ist nicht unsere Sorge. Der einzige Vorteil, daß es nun gleich heller wird. Ich denke ja nicht, daß dieser Schnee schon liegen bleibt. Gestern abend bin ich doch fast zwei Stunden durch Dunkelheit und Nacht gestiefelt. Es gab doch gestern Geld. Und ich habe mich sogleich aufgemacht, etwas Speck einzuhandeln. Das richtige Geschäft liegt doch ein ganzes Ende weg. Den Fleischerladen müßtest Du mal sehen! Etwa 20 Verkaufsstellen – 100 Menschen wenigstens auf einmal drin – und wie reichlich der noch ausgestattet ist mit Frischwaren und Konserven (Fleisch gibt es da nicht), alles ohne Marken, ohne Mengenbegrenzung – nein, ich will lieber nicht aufzählen – es ist für mich wie für Euch gleich enttäuschend – für mich des Geldes wegen. Aber nun hab ich mich doch gefreut, daß ich welchen bekam. Ich habe ihn noch gestern abend geteilt und verpackt, auch für Kamenz – und bin nun gespannt, ob er heil ankommt. Will zu jeder Löhnung so verfahren, und Euch so die wirklich beste und lohnende Zubuße verschaffen. Von einem Schwänzchen, das abfiel, habe ich mir einen großen Tiegel Speckkartoffeln gebraten – hm! Daheim fand ich doch eine warme Stube — habe ein Fußbad gemacht – und war dann ganz froh daheim – bei meinem lieben, lieben Fraule, bei meinem Herzensschätzelein! Oh Du! Du!!! Du!!!!! !!!!! !!!

– So wie jetzt wieder, geliebtes Herz! Das Mannerli ist nun wieder daheim und hält Feierabend mit Dir! Ach, war das ein Matsch auf dem Nachhausewege! Aber meine Stiefel sind dicht, darum bin ich froh. Und jetzt sitz ich hier mit ganz warmen, trockenen Füßen – und wenn sie es nicht wären – im Waschraum gibt es immer heiß Wasser. Schätzelein! Ich muß nun zum Schluß kommen für heute. Es ist spät. Wird kühl im Zimmer. Die Heizung ist mal kaputt. Wird schon dran gebaut. Will nun in mein Bettlein kriechen.

Behüt Dich Gott! Bleib mir froh und gesund.

Ich hab Dich so lieb, sooo lieb! Oh Du! Du!!! Du!!!!! !!!!! !!!

Ich küsse Dich herzinnig! Gut Nacht! Gut Nacht! Schätzeli! Magst etwas träumen? Etwas Süßes auch? Darf das Mannerli dabei sein? Du!!! Ob ich etwas träumen mag? Ach Du! Von Dir möcht ich doch gern träumen! Aber Du kommst so selten in meinen Traum – Du Murmeltierchen. Ich ginge ja auch nicht zu solch altem, kratzbürstigen, sauren Mannerli – ich gehe viel, viel lieber zu meinem Feinslieb! Du! Du! Du!!!

Ich hab Dich sooooooooooooo lieb!

Ewig

Dein [Roland].

Falls Du Geld brauchst aus Sch., schreibe mir die Kontonr. mit, ich weiß sie nicht mehr.

Wenn Du das erwischen kannst: eine Schachtel Fotoecken hätt' ich gerne.

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Kommentare

[Bukarest] Donnerstag, den 12. Nov. 42: Roland schreibt von viel Schnee, der gerade fällt. Er hofft, dass sich die Post nicht zu sehr verspätet dadurch. – Er hat sehr viel Sehnsucht nach Hilde. – Roland hat Speck gekauft und in kleinere Portionen geschnitten und verpackt, um sie Hilde und seinen Eltern zu schicken. – Er wünscht sich Fotoecken von Hilde, falls sie welche bekommt. Wenn sie noch Geld benötigte, möge sie ihm doch die Kontonummer von dem Sch.-er Konto schreiben, er hat leider die Nummer vergessen. – Die Heizung ist kaputt, deshalb ist ihm kalt und er muss ins Bett. Es wird aber schon an der Heizung gebaut.

Einordnung
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Autor Roland Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
Gesendet nach
Erwähnte Orte
Über den Autor

Roland Nordhoff

Foto von Roland Nordhoff. Nahaufnahme, Person sitzend in einem Fensterrahmen.
Ba-OBF K01.Ff2_.A39, Roland Nordhoff, 1940, wahrscheinlich Bülk, Fotograf unbekannt, Ausschnitt.

 

Roland Nordhoff wurde 1907 in eine bürgerliche Familie in einem ländlichen Dorf im östlichen Sachsen, Kamenz, hineingeboren. Nachdem er ein Musikstudium aufgegeben hatte, arbeitete er als Dorflehrer in Oberfrohna, nahe Chemnitz. Im Frühjahr 1938 wurde er nach Lichtenhain in Sachsen versetzt

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946