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[OBF-421118-002-01]
Briefkorpus

31.)

Mittwochabend, am 18. November 1942.

Geliebtes, teures Herz! Mein lieber, guter [Roland] ! Du!!

Ich bin zuhaus von meinen Kindern, es war schön heute, und ich bin mit einem zufriedenen Gefühl nachhause gegangen. Das ist nicht immer, manchmal schließt der Nachmittag mit einem Ärger, dann bin ich traurig und denke, was ich versäumt haben könnte, daß ich keine vollkommene Macht auf sie ausübe. Ich weiß aber, daß das nicht nur an mir allein liegt. Der Mensch unterliegt Stimmungsschwankungen [*] der Erwachsene, wie das Kind. Und wenn ich innerlich so ganz ruhig, glücklich, ausgeglichen bin, trete ich vor meine Kinder, dann wird meist die Stunde ohne Zwischenfälle verlaufen. Weil ich ganz Wille bin, sie mit meinen Gedanken zu fesseln, zu mir zu ziehen. Sobald aber diese Willenskraft irgendwie gelähmt ist, unterbrochen, dann tut sich hier und da eine Lücke auf. Die Harmonie fehlt. Das ist sonderbar, aber ich fühle es und empfinde auch, daß das die Kinder spüren igendwie, wenn ich nicht ganz bei der Sache bin. Na und wenns [sic] bei den Kindern mal nicht recht vorwärts will, d[an]n dränge ich ihnen meinen Willen auf und lasse nicht locker.

Wer nimmt aber mich an die Kandare? Ach Mannerli! Mein Herz, das ist mein Kommandant, so kann ich sagen! Und einer ist auf dieser Welt, der ihm gebietet, der meine Stimmung macht! Ach Du! Kennst Du ihn? Du!!!

Ach Geliebter! Du bist so voller großem, innigem Herzensglück! Jeder Deiner lieben Boten kündet es mir! Täglich – täglich! Du reißt mich mit fort mit Deinem Frohsein, Glücklichsein! D[u]! Dein Glück springt auf mich über wie ein Funke, der dann Feuer wird! Große, helle, reine Flamme! Oh Du!!! Geliebter!!!

Wie könnte ich in Deiner Liebe jemals nicht glücklich sein?! Du mein Glückbringer [sic]! Mein Sonnenstrahl! Mein Alles! Oh Du! Oh Geliebter! Wenn Du mich immer so reich überschüttest mit Deiner Liebe, Deiner unendlichen – ach, dann bin ich ja überglücklich! Dann fühle ich mich so wunderbar hinausgehoben, emporgetragen aus allem alltäglichen Kleinkram! Ach, dann ist’s als wüchsen meiner Seele Flügel und sie enteilte mir! Zu Dir! Zu Dir!!! Und alle guten Kräfte regen sich, ach dann fühle ich mich doch stark genug, gleich die ganze Welt aus den Angeln zu heben! Du!! Wunderbares, köstliches, ach – unbeschreibliches Glücksgefühl! Du liebst mich! Wie Du mich liebst! [Roland]! Geliebter! Oh, daß ich Dir doch auch so viel bedeuten könnte mit meiner Liebe! Geliebter! Ich liebe Dich so herzinnig! So heiß! So inbrünstig! Unsere Liebe ist so tief, so groß und wunderbar, Herzelein!

Und ich bin Dein Eigen, bis ich einmal von dieser Welt gehen muß. Du! Du!!! Ach, sei Gott uns gnädig! Segne und behüte er mir Dich!

Geliebter! Dein lieber Donnerstagbote ist gekommen, die beiden anderen fehlen noch. Und 3 Päckchen Speck! Wunderbarer Speck! Vor Jubel wären wir Dir am liebsten alle um den Hals gefallen! Ein Päckl mußte schon dran glauben: ein Tiegel Speckfett. Eine Delikatesse! Du! Wir verdrehen alle verzückt die Augen, Du wirst gepriesen wie ein Held! Tausend Dank!! Wirklich! Ganz was Herrliches! Du! Ach Schätzel! Ich muß doch noch all meine Sachen zusammenrichten, einpacken, ist nicht viel, aber es will getan sein. Morgen früh um 700  [Uhr] geht die Rutsche ab! Denk an mich! Ich denke unablässig an Dich! Du!!! Du!!! Wenn es nur klappen würde!

Du, ich habe heute Deine beiden Stollen gebacken. Sie sind fein geraten! Zum anbeißen. Bald gehen die Päckel ab. Am liebsten tät ich mit hineinkriechen. Ach Schätzeli! Ich komme morgen doch gleich wieder zu Dir. Deinen Boten von morgen lasse ich mir nachschicken, ohne Dich habe ich doch soviel Sehnsucht! Geliebter!!! Und jetzt: Gutenacht! Ein liebes Küßchen! Wünsch uns frohes Gelingen zum Kauf. Ich bin ganz fest bei Dir mein Goldherzelein! Innig küsse ich Dich! Ich habe Dich sooo sehr lieb! Gott sei mit Dir, mein Alles, Du!

In Liebe ewig, Deine glückliche [Hilde].

 

[* = Die letzten beiden Buchstaben sind an den Seitenrand gequetscht, womöglich war auch noch ein Komma vorgesehen]

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Autor Hilde Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Hilde Nordhoff

Foto von Hilde Nordhoff. Nahaufnahme, Person im Sommerkleid, im Hintergrund Bäume.
Ba-OBF K01.Ff2_.A12. Hilde Nordhoff, 1940, Oberfrohna, Fotograf unbekannt, Ausschnitt aus Fotoalbum.

Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.

Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946