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[OBF-421129-002-02]
Briefkorpus

Am 1. Advent, abends 10 Uhr.

Geliebtes, treues Herz! Mein [Roland]!

Der Tag klingt aus, es drängt mich doch noch einmal so innig hin zu Dir, ehe ich schlafen gehe. Du! Ich muß Dir noch Gutnacht sagen, Herzallerliebster! Die Eltern sind vor 10 Minuten zu Bett. Ich saß noch bei meiner Arbeit: einen ganzen Berg Strümpfe stopfen. Doch nun lege ich alles beiseite, um noch ein stilles halbes Stündchen mit Dir allein zu haben. Geliebter! Ich sehne mich nach Dir!

Wir saßen vorhin alle beisammen und lauschten einem sehr schönen Programm des Deutschlandsenders. “An die Gestirne.” Lieder von Schubert, gute Stimmen sangen und Michael Raucheisen begleitete. Herzelein! Ich hätte mögen weinen vor Sehnsucht, als die ersten Takte von Schuberts[*] "Mondnacht" erklangen. "Es war, als hätt' der Himmel die Erde still geküßt…“ Oh Du! Deine geliebte Simme sang es mir schon so oft, dies zarte Lied. Wie sehnte ich mich nach Dir!! Ach, es ist heute so viel Gutsein und Liebe in mir wach – Du!!! Ich möchte Dich ganz liebhaben! Dich so recht beglücken! Oh, Dir alles Gute tun, was ich nur kann, alles Dir zuliebe tun! Du!!! Geliebter! Alles, was ich tue im Leben, ich muß es aus meiner großen Liebe zu Dir heraus tun. Ich kann Dir nur alles zuliebe tun. Du! Weil ich Dich maßlos liebe! Weil ich Dich unendlich liebe! Du!!! Und Du wirst mich immer verstehen, Geliebter!

Wirst alles was ich tue verstehen? Dein Leben lang? Oh Du! Sag mirs. Ich kann nur aus Liebe handeln – aus Liebe zu Dir!

Du weißt das, mein [Roland]! Des bin ich so glücklich und gewiß. Uns scheidet nichts! Nicht’s als der Tod! Ich will nur Dein sein! Will nur Dir gehören! Und will alle Steine aus dem Wege räumen, daß wir im Sonnenschein der Liebe gehen dürfen, daß ich Dir immer nur Freude bringe, Frohsein und neue Lebenslust! Ach Du! Einziggeliebter! Ich will Dein Glückbringer sein! Deine Sonne! Ich liebe Dich! Ich liebe Dich so, daß ich alles für Dich tun könnte. Ach Geliebter! Komm zu mir! Komm an mein Herz! Sieh mich an, mein [Roland]! Schau in meine Augen, Du!! Wir müssen einander vertrauen in glücklichen, wie in schweren Zeiten. Wir müssen einander die Treue halten. Alles, alles einander zuliebe tun, aus Liebe! Aus tiefster Liebe!

Oh Gott im Himmel segne unser großes Glück! Amen.

Geliebter! Wäre ich heute bei Dir! Oh Du!

Fühlst Du, wie ich Nie nahe bin? Wie ich an Dich denke? Ich möchte Dich umarmen — oh, Dich küssen, küssen – Dich lieb, sooooo liebhaben. Mein Sonnenstrahl, mein geliebter Prinz, Du! Oh halte mich fest! Lasse mich nicht von Dir, was auch kommen mag! Du!! Du!!! Ich kann nicht sein ohne Dich! Geliebter! Ich müßte sterben vor Einsamkeit und Herzeleid. Du! Du!!!!! Geliebter! Bleibe bei mir! Ich hab Angst vor der weiten Welt ohne Dich! Oh Du! Gib mir ganz fest Deine liebe Hand! Mein [Roland]! Ich kann nicht mehr leben ohne Dich! Geliebter! Ach, liebster [Roland]! Der Bismarckfilm war so schön. Du, schau ihn Dir an, wenn es möglich ist.

Wie hat dieser Mann gearbeitet, gekämpft für sein Reich! Und er hat nur den Anfang noch erleben dürfen, dieser neuen Epoche, d[ie] durch seine Tatkraft anbrach – die dann in den Händen des Königs so ganz anders endete. Wie hat seine Frau Johanna tapfer mit ihm alle Lagen des Schicksals durchlebt, durchgehalten. Und im harten Kampf seiner Lebensarbeit konnte sie ihm nicht helfen. Aber zuhause, im eigenen Heim, da fand Bismarck alles das ihn mit neuer Kraft ausrüstete: Verstehen, Liebe, liebende Sorge. Geliebter! Wenn Du in unserem Heim auch so ausruhen kannst einst, Dich wiederfinden und Dich von mir mit aller Liebe und Fürsorge umgeben lassen willst! Ich weiß: das wird die schönste Zeit meines Lebens sein!

Geliebter! Segne Gott unser Wollen! Erhalte er mir Dich, mein Einzigstes, Allerliebstes auf dieser Welt! Amen. Oh Du! Du!!! Ich liebe Dich! Ich liebe Dich! Nur Dich allein, [Roland]! Mein [Roland]! Halte mich fest! Ganz fest! Deine [Hilde].

 

[* eigentlich Robert Schumann]

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Autor Hilde Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Hilde Nordhoff

Foto von Hilde Nordhoff. Nahaufnahme, Person im Sommerkleid, im Hintergrund Bäume.
Ba-OBF K01.Ff2_.A12. Hilde Nordhoff, 1940, Oberfrohna, Fotograf unbekannt, Ausschnitt aus Fotoalbum.

Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.

Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946