Freitag, den 29. Januar 1943
Herzensschätzelein! Geliebte mein! Du! Du!!!
Endlich ist wieder ein Bote zu mir gekommen, der Nachzügler vom 18. Januar. Ach Du! Du!!! Es hat doch mein ganzes Herze wieder übersonnt, hat die Sonne unsrer Liebe wieder ganz strahlend durchbrechen lassen, oh Geliebte mein, er läßt mich unser großen Glückes ganz inne werden! Du! Du!!!
Mir dünkt, als hätten wir uns wieder noch lieber gewonnen, als sei unsre Liebe noch nie so tief aufgeleuchtet, als sei sie uns noch werter und köstlicher geworden. Oh Du! Geliebte mein! So wie ich an unser Schicksal glaube, wie ich glaube, daß Du berufen bist, mein liebes Weib, mein Herzgemahl zu sein, und daß ich Dein Beschützer, Dein Lebensgefährte Dein Mannerli sein soll, Dich Liebstes, Herzliebstes durch dieses Leben zu führen und zu geleiten, wie ich glaube, daß Gott unserem Leben mit dieser Liebe ein [sic] entscheidende Wendung, eine Erfüllung geben will, so glaube ich auch daran, daß er uns helfend zur Seite sein wird immerzu, was auch kommen möge, solange wir nur gläubig und vertrauend ihm uns anbefehlen und sein Geschenk heilig halten.
Oh Geliebte mein! Ich denke daran, wie Gott alles so gnädig fügte bisher – er wird auch ferner mit uns sein! Es wird auch Deinen Weg segnen – er wird uns helfen, unsre Liebe zu bewahren, ganz rein und gläubig.
Oh Herzallerliebste mein! In Deinem Bekenntnis bist Du mir doch ganz ganz nahe – oh Herzelein, bist Du ganz Eines [sic] mit mir: „Ich kann nur dann Dir das glücklichste Weib sein, wenn Du mein bleibst, ganz mein!" Du! Du!!! Du!!!!! Und meine Liebe zu Dir ist so heiß entbrannt, weil Du so ganz mein bist – [O]h Geliebte, Du, mein Eigen, mein Ureigen mit Leib und Seele! Und Du wirst es mir bleiben – und meine Liebe wird Dir ewig strahlen. Oh Herzelein! Ich fühle doch so glücklich, daß Du so ganz in meiner Liebe lebst, daß Du mich so ganz nahe an Dein Herz genommen hast, so fest darein geschlossen als Deinen einzigen köstlichsten Schatz! Oh Du, Geliebte mein! Wir begnügen uns doch nicht mit dem Maß der Liebe der großen Menge um uns – unser Drängen und Ringen und liebend Erzittern geht doch um das Ganz–in-Besitznehmen des Geliebten - um das Erfüllen auch des letzten Herzkämmerleins und des letzten Herzwinkelchens. [sic] Oh Du! Daß Du auch darin mich ganz verstehst und mir gleich empfindest. Oh Geliebte mein! Ganz voll und rein will doch unser Herze stimmen und schwingen – ganz voll: tief im Herzen ist unsre Liebe verankert – und ganz rein: auch in den Obertönen der Empfindungen, auch in den zartesten Saiten des Herzens und Wesens will es mitklingen und -schwingen zu jubelndem Einklang. Auch im Heimlichsten und zartesten und Eigensinnigsten wollen wir einander ergreifen – und liebhaben und einander zu Eigen werden. Und wir sind es doch immer mehr geworden! Du!!! O Geliebte! Und darum vertraue ich Dir doch auch ganz in diesen entscheidenden Tagen. Ich denke an Deine wunderlieben Worte: "in all meinem Handeln laß ich mich von meiner Liebe zu Dir leiten - nur von meiner Liebe." Ach Du! Du!!! Du!!!!!!!!!!!! Ach Du! Bist Du wohl auch so ganz bei mir mit Deinen Gedanken darum? Oh, Du weißt, wie ich für Dich eintreten würde, weil Du mir das Liebste Einzige bist – und Du willst mir das Liebste und Einzige bleiben aus tiefem, leidenschaftlichen Lieben. Willst Dich vo durch nichts von mir abbringen lassen, willst gerade jetzt mir ganz nahe bleiben, willst mit mir ganz Einer bleiben auch über die Ferne. Oh Geliebte! Und Du wirst daran denken, daß wir an der Schwelle standen zu letztem Einssein – daß unsre Herzen darum desto heißer und ungeduldiger nach einander verlangen und leidenschaftlicher einander fordern – oh Du! Du!!!!! Geliebte! Darin kannst Du Dich doch gar niemandem um Dich her vergleichen – darin versteht Dich doch auch niemand – und Du kannst auf kein Verständnis rechnen – Du mußt ganz allein dafür eintreten und einstehen! Oh Du, Du!!! Weißt, wie lieb ich mein Herzblümelein schützen möchte! Du!!!
Herzallerliebste! Heute vormittag kam doch die verspätet Post von gestern, aber es war nichts für mich dabei. Aber heut abend kam der liebe Bote – und ich mußte gleich noch ein Stündchen spazieren gehen und mein Glück ausführen und ausschwingen lassen! Milde ist es wieder, weich ist die Luft, und es begann leis zu schneien. Von IIse Sch. kam doch ein Päckchen mit Gebäck und Bonbons. Sag ihr nur davon und meinen herzlichsten Dank. Ach Du, Herzelein! Herzelein!!! An den Kreis der Sängerinnen muß ich denken, in dem auch Du einst standest. Herzelein! Geliebte!!! Standest mit all den anderen damals an der Peripherie meines Bewußtseins und Interesses, berührtest wie die anderen mein Leben an einem Rande, in der Sphäre des Amtlichen und der Pflicht – und heute bist Du ganz bei mir, stehst mitten in meinem Leben, im Mittelpunkt meines Lebenskreises – oh Geliebte, in weitem Kreise mit mir ganz allein, meinem Herzen am nächsten – Herzelein, in der Sphäre des Persönlichsten – gehörst nun zu meinem Leben. Herzelein! Und dieser Wandel ist so groß, daß ich doch gar keine Verbindung sehe zwischen den beiden Sphären. Unwirklich fast sehe ich Dich noch unter den Sangesschwestern – und nun schaue ich Dich ganz geschieden von ihnen – dort stehen sie in lieber Erinnerung – aber hier in meinem Herzen stehst Du, umglüht von meiner Liebe – als wäre es nie anders gewesen – ohne Anfang und Ende nun unsre Liebe wie unser liebes Ringlein! Oh Geliebte! damals standest Du, ein Blümlein unter vielen – aber heute bist Du mein Herzblümelein, mein Eigen, mein Ureigen!!! Oh Geliebte! Und Du weißt, wer Deinem [Roland] zu Eigen werden will, der muß ihm weit folgen in des Herzens Tiefe, der muß es ganz werden wollen, der muß ihm a in die Einsamkeit, in des Herzen Zweisamkeit folgen wollen. Oh! Du liebst wie ich des Herzens Heimlichkeit, der Herzen Zweisamkeit! Du bist mir gefolgt in tiefer wundersamer Liebe! Und nun ist uns aller Liebe Seligkeit erschlossen. Herzallerliebste mein! Wenn ich die Schicksalhaftigkeit unsres Findens bedenke, muß ich mich auch der Begegnung erinnern, die in die Zeit unsrer Freundschaft fiel, die mich entschiedener und gewisser machte, Deine Hand ganz fest zu ergreifen. Es ist nichts, was ich Dir nicht schon erzählt hätte, es hat mich auch keineswegs tief bewegt. Nur die Frage ist in mir aufgestanden, warum das Schicksal wohl dieses andere Menschenkind mir begegnen ließ. Ich habe Dir erzählt von der Begegnung mit Fräulein K.. O Du! Geliebte mein! Solche Begegnungen sind nicht zufällig und ohne Sinn. Und wer weiß, was sie in dem Leben jenes Mädchens bedeutete. Und in dem meinen? Daß ich Dich besser erkannte, daß ich Deine Hand fester ergriff, daß ich fühlte und erkannte: Du kannst ganz die Meine werden! Mit Dir kann ich ganz Eines [sic] werden und in Liebe verschmelzen! Zu Dir kann ich alles bringen! Dir kann ich ganz mich ergeben. Oh Geliebte! Zu Dir kann ich auch flüchten wie zu meiner Mutter, mein Haupt in Deinem Schoße bergen – weil bei Dir soooviel Liebe ist!
Oh Herzallerliebste mein! In Deiner Liebe ist tiefste Geborgenheit. Oh Du! Die ersehnte doch mein Herze! Es will nicht nur verehren und hochschätzen – es will auch beschützen — und will sich bergen in Liebe! Es sehnte sich nach den Bindungen und dem Erleben der Liebe vor allem.
Oh Geliebte! Uns bindet die Liebe! Und nichts bindet tiefer, inniger, fester und glückhafter – oh Du! Du!!! hab ein minniges [sic], liebesehnendes Weib – und bin ein liebesehnendes Mannerli! Wollen beide so tief beieinander beheimatet sein – wollen zueinander flüchten vor der kalten, liebearmen Welt – mein Herzensweib will mich sooo tief empfangen und aufnehmen – und ich will sooo lieb zu Dir kommen und ganz tief in Dich dringen – Du! Du!!! Du!!!!! Und darum sind wir sooo glücklich!
Herzelein! Geliebte!
Behüt Dich Gott!
Will nun ins Bettlein gehen. Willst in meinen Traum kommen? Magst meine Prinzessin, meine Königin sein im Traum? Ich möcht Dein Prinz sein – aber lieber noch in Wirklichkeit! Du! Du!!! Ich habe Dich über alles lieb!
Mein Sonnenschein! All mein Reichtum, Du! Ich bleibe in ewiger Liebe und Treue Dein [Roland]!
[*] Gut Nacht! Herzliebes! Ganz lieb und leis küß ich Dich heute, Du!!! Herzblümelein! Du!!! Denkst auch noch froh an Deinen Sonnenstrahl? Ich sehn mich doch nach Dir. Du! Auch nach der Liebe Süßigkeit! Oh Du! Mit Dir nach dem Brünnlein zu gehen, Du!!!!! !!!!! !!!
[*=Diese Zeilen sind aufrecht an den linken Rand geschrieben.]
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Roland Nordhoff
Roland Nordhoff wurde 1907 in eine bürgerliche Familie in einem ländlichen Dorf im östlichen Sachsen, Kamenz, hineingeboren. Nachdem er ein Musikstudium aufgegeben hatte, arbeitete er als Dorflehrer in Oberfrohna, nahe Chemnitz. Im Frühjahr 1938 wurde er nach Lichtenhain in Sachsen versetzt
Oberfrohna
Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946