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[OBF-430131-001-01]
Briefkorpus

Sonnabend, den 30. Januar 1943

Geliebtes, teures Herz! Meine liebe, liebste [Hilde]! Oh Du! Wie sieht das aus um mich her– der Abendbrottisch – auf meinem Bettlein und Briefe und Zeitungen durcheinander – ich hab doch alles stehen und liegen lassen. Der Postbote kam über dem Abendessen – und nun hab ich über eine Stunde bei Dir gesessen, habe alles um mich her vergessen – oh Du! Du! Du!!!

Bist sooo lieb und reich zu mir gekommen – ach, hast nun all mein sehnend Warten so reich erfüllt und belohnt! Oh Geliebte! Du! Ich warte doch auf Dich – ich warte so sehnend auf Dich, auf Deine Liebe, auf meine Sonne, ach, auf das liebende Herze von dem mein Leben seinen Wert, seinen Sinn und seine Freude erhält! Oh Du, Geliebte mein!!!

Oh Du! Du!!! Ich dank Dir für Deine Liebe! Für Deine reiche Liebe!!! Oh Geliebte! Gerade am heutigen Tage! Du! Du!!! Bist doch mein Ein und Alles! Mein Ein und Alles – Du! Du!! Du!!! Du!!!!! Weißt Du es? Oh, Du weißt es! Und Du vertraust mir! Oh Geliebte! Es hat mir doch die Tränen ins Auge getrieben! Du vertraust mir!!!

Oh Du! Du!!! Was könnte mich von Dir scheiden? Wer könnte Dich mir ersetzen? Du! Mein einzig geliebtes Weib!!! Oh Herzelein! Herzallerliebste mein! Ich bin doch sooo ganz Dein! Du! Du!!! Und Du bist mein Eigen! Du bist mir ganz zu Eigen geworden! Und was Dein [Roland] sich zu Eigen macht, das läßt er nicht wieder, das hält er mit seiner Liebe und Treue – so ganz ganz fest umschlossen – das gewinnt er immer lieber – und sein Liebstes, sein Herzallerliebstes, sein einziggeliebtes Weib und Feinslieb – oh Du! Du!!! – das läßt sich doch gar nicht sagen – das läßt sich doch gar nicht sagen - oh Du! Du!!! Dir strahlt meine Liebe gläubig und ungebrochen – oh Herzelein! So wie bislang – so immer und ewig!!!

Ach, ich muß das doch gleich an den Anfang stellen.

Herzelein! Es ist doch schon ganz eingelaufen, das Zusammenarbeiten. Ich war zwei Tage ein wenig unruhig und betrübt darüber, daß es so kam – aber nun ist die Basis geschaffen. Ach Geliebte! Ich bleibe ganz der Deine! Und Du bist mir allzeit nahe! Und nicht ein Herzenssonnenstrahl wird Dir entzogen.

Oh Geliebte, ich habe so gewartet auf Deine Boten – auf Deine Liebe! Und nun sind 4 liebe Boten zu mir gekommen! Oh Du! Du!!! Einer, der vom Freitag, fehlt wieder dazwischen. Aber die anderen habe ich bis zum Dienstag.

Ach Du! Wie soo lieb und lange bist Du zu mir gekommen!

Und nun will ich Dir antworten, heute, wie des mir der Bedeutung nach im Kopfe haften geblieben ist.

Geliebte!

Im Sonnabendboten erfahre ich ganz unvorbereitet von Deinem Gang zur DRK-Leiterin.

Ach Du! Das ist, was uns die nächsten Wochen doch am meisten bewegen wird. Und ich erkenne so glücklich, daß Du mich ganz lieb, ganz lieb, verstanden hast – ach, und daß Du in Deiner Liebe nichts unversucht lassen wirst, alles so zu entscheiden wie es nach unseren Herzenswünschen ist.

Ach Du! Du!!! Bist so tapfer gewesen und eingestanden, um meinem Wunsche zu willfahren. Herzelein, 5 Minuten vor Torschluß, wahrhaftig. Aber ich bin ja gespannt, ob das nun auch Stich hält nach den neuen Verordnungen. Ich hoffe es – ich hoffe es.

Ach Geliebte, Du! Ich danke Dir so sehr! Und würde mit Dir ganz dankbar und froh sein.

All das, was nun geschieht, daß man Euch einfach auf eine Liste stellt und vorschlägt – es hat mir ja immer geahnt. [sic]

So wirst Du nun auch jetzt unser Recht verteidigen – ach Geliebte! wirst hilfsbereit sein und doch auch an unser Glück denken. Es sind noch genug, die gern diesen Dienst übernehmen, um dabei einen Mann zu erlangen. Wenn die einen die gute Gelegenheit wahrnehmen, warum sollten wir es nicht mit unserem Recht?

Oh Du! Ich hoffe, daß alles gut geht.

Oh Geliebte! Ich erkenne Deine tiefe unendliche Liebe, die Dich mich verstehen läßt, ich erkenne, wie Du ganz mein sein und bleiben willst – oh Geliebte! wie Du ganz mein Wunschbild der geliebten Frau erfüllen willst, ach Du! wie Du mit mir schützend Dich vor unser Glück stellst, es ganz rein und gläubig zu bewahren! Oh Du! Du!!! Einzig geliebtes Weib! Meine liebe, liebste [Hilde]! Ach Du! Du!!! Und ich bleib sooo ganz Dein Mannerli – Du! aus tiefer, unendlicher Liebe!

Ach Du! Geliebte! Ich mag nicht von dem reden, was heute ist. Ich kann nicht froh werden darüber – ich kann es nicht.

Und ich mag Dich nur an eines gemahnen: wie man rücksichtslos alles fordert, wie man nichts Eigenes anerkennt.

Aber das ist uns nichts Neues, nur, daß es jetzt ganz praktisch wirksam wird. Ja – der Russenstaat ist eigentlich vorbildlich darin: daß er seine Staatsbürger so abrichtete, daß sie sich mit dem Mute der Verzweiflung abschlachten lassen für ihn, willenlos beinahe, totale Gefolgschaft.

Um 12 Uhr nach unsrer Zeit war ja Gemeinschaftsempfang angesetzt, dessen Beginn sich dann um eine Stunde verschob. Nachdem trieb es mich hinaus. Und ich habe einen fast zweistündigen Spaziergang unternommen, wie jetzt sonntags einmal.

Bei meiner Rückkehr hörte ich auch noch den größten Teil der Goebbelsrede. Hast unterdessen nun auch erfahren, daß unser Marineoberbefehl gewechselt hat. Großadmiral Räder wurde ersetzt durch Großadmiral Dönitz.

Und nun wollte mein Herzensweiberl schon wieder das Reiterlein schicken! Du! Du!!! Und hat es nicht gefunden? Ich hab es doch schon lange wieder zurückgeschickt. Hast es gar nicht bemerkt? oder ist dieser Bote gar nicht angekommen? Mußt mal nachschauen.

Ach Du liebes, liebstes Weib! Hast Dich denn irgendwie übernommen oder seelisch erregt, daß das Kalendermannerli sooo schnell gekommen ist – drei Tage zu früh? -

Du! Die Kniebeugen! Ob die wohl schuld sein können! Herzelein! Damit recht vorsichtig sein! Man kann doch nicht mirnichts dirnichts [sic] Rekorde aufstellen wollen ohne jede Vorübung.

Ach Du! Du!!! Nun ist auch mein Herzelein zu spät gekommen. Und der Bahnhofsdienst ist wieder mitten in die bösen Tage gefallen. Ach Du! Du! Geliebte mein!!!

Hast denn mal auf die Rückseite des Reiterleins geschaut? Hat das Mannerli doch Zahlen geschrieben – hast auch mal nach ihrer Bedeutung geforscht? Sie bedeuten doch den liebheimlichen Wunsch, den mein Herzensfraule mir heute bestellt.

Du! Wenn das Röslein halt erblüht ist, will ich zu Dir kommen! Und will Dich ganz ganz sehr liebhaben und Du willst mich ganz ganz lieb empfangen dann – oh Du! oh Du!!!

Du darfst Dir doch etwas wünschen – oh Du! das Lezte [sic], das Liebste, alles, alles, alles! Du!!! Du!!!!! !!!!! !!! Oh Geliebte! Du wartest mein? Ich soll zu Dir kommen? Ich soll zu Dir kommen?

Und zu einer bestimmten Zeit?

Wohin soll ich denn kommen? Du! Du!!! Was wartest Du denn mein? oh Geliebte! Meine [Hilde]! Im seligen Liebumfangen und Einssein sollen auch unsre Wünsche sich finden – und Gott soll es walten nach seiner Weisheit und Güte - und wir wollen ganz froh darüber sein, wie er es waltet.

Du! Geliebte mein! Nun will ich mich niederlegen! Will noch baden gehen – und dann noch einmal all die lieben, lieben Boten lesen, die Sendboten Deiner Liebe!

Oh Geliebte mein!

Ich liebe Dich! Ich halte Dich ganz fest! Und nun noch viel lieber und fester. Oh Du! Wappne Dich mit mir! Krieg ist. Zeit der Trennung. Ich vergesse es nie, keinen Augenblick! Und bin wachsam! Und schaue unablässig aus nach der Freiheit und baue an der Brücke zu Dir und schmiede mit Dir an unserem Glücke, unablässig! Oh Du! Aus heißer, tiefer Liebe!

Ich liebe Dich! Und bin Dein glückliches Mannerli! Gut Nacht! Geliebte!!!

Ich bin Dir ganz nahe! Und wenn ich heute bei Dir wäre – dann dürft der Gärtnersmann wohl wieder nach seinem Garten schaun [sic] – oh Du! Du!! Dann müßte ich Dich ganz sehr liebhaben! Geliebtes, teures Weib! Meine liebe, liebste [Hilde]!!!

Herzelein, aus dem Gottesdienst bin ich eben heim. Die Predigt war nicht sehr eindrucksvoll – aber eines steht klar vor meinem Auge: Was es großes ist um das Evangelium, um die Liebe Gottes, daß alle Würde dem Menschen daherkommt, daß sie sich an den einzelnen wendet, an unsre Person, an unser Herz, daß sie uns Aufgaben stellt und verantwortlich macht. Dieser Verantwortung kann uns niemand entheben, auch der totalste Staat nicht, diese Verantwortung hebt uns aus der Masse und Herde.

Wir können nicht absehen und übersehen, auch nicht nachprüfen, worum es in diesen Tagen geht, wir können es nicht. Wir stehen mit unter dem Schicksal auch unsres Volkes – und wissen, wie es auch kommt, es ist Gottes Schicksal, es ist nicht Schicksal in der Hand der Menschen oder eines Menschen. Aber eines haben wir fest vor Augen, eines erkennen wir über allem Tosen und Brüllen und Schreien: Gottes ist alles Schicksal. Und Gott rief uns auf und ruft es noch zu Verantwortung, zur Treue. Wir dürfen uns nicht verlieren, dann sind wir verloren! Wir müssen uns selber treu bleiben, unser Eigen, unsre Ehre [,] unser Herze wahren. Wir müssen gerade und unbeirrt durch diese Zeit schreiten! Wenn wir uns selber untreu werden, wenn wir uns verlieren, dann kehren wir heim als Besiegte, als Verlorene, ganz gleich in welchem Glauben wir auszogen, und gleich, ob der Sieg an unseren Fahnen haftet. Dann kehren wir heim als Verlorene für immer, dann wird nie wieder Frieden, dann gibt es kein Glück mehr. Und alles, was wir dann noch tun und schaffen ist halb und krank. Wir müssen uns selber treu bleiben und unser Eigen wahren!

Das Kriegsungeheuer will alles rauben, und der Kriegssturm fegt hinweg, was nicht fest ist und ein großes Gericht ist dieser Krieg, eine Heimsuchung.

Oh schenke uns Gott die Kraft, daß wir ihn immer finden, daß er unser Herz als seine Wohnung findet.

Oh Du! Geliebte! Du stehst mir zur Seite! Du folgst mir! Du gehst mit mir bis in den Tod – die Liebe gebietet uns so. Und unsre Liebe kann uns auch ganz entschlossen, ganz mutig und fest machen. Wir lassen uns aus unsrer Liebe Schatzkammer nicht ein Steinchen rauben! Wir halten einander fest in Liebe und Treue! Wir bleiben einander und uns selbst und treu! Und erkennen dies als unsres Schicksals nächstes, vornehmstes Gebot! Und blicken auf zu Gott, mit der flehentlichen Bitte, daß er uns Kraft schenke, dieses Gebot zu erfüllen!

Leb wohl! Geliebte! Meine [Hilde]! Meine [Hilde], Du! Ich liebe Dich!

Und bin immer um Dich mit meiner Liebe! Und werde Dich eines Tages ganz wiederhaben!!! Du! Mein Alles! Ewig

Dein [Roland]

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Autor Roland Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Roland Nordhoff

Foto von Roland Nordhoff. Nahaufnahme, Person sitzend in einem Fensterrahmen.
Ba-OBF K01.Ff2_.A39, Roland Nordhoff, 1940, wahrscheinlich Bülk, Fotograf unbekannt, Ausschnitt.

 

Roland Nordhoff wurde 1907 in eine bürgerliche Familie in einem ländlichen Dorf im östlichen Sachsen, Kamenz, hineingeboren. Nachdem er ein Musikstudium aufgegeben hatte, arbeitete er als Dorflehrer in Oberfrohna, nahe Chemnitz. Im Frühjahr 1938 wurde er nach Lichtenhain in Sachsen versetzt

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946