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[OBF-430220-002-01]
Briefkorpus

119.

Sonnabend, am 20. Februar 1943.

Geliebtes Herz! Lieber, allerliebster [Roland] mein!

Wir schreiben heute schon den 20.! Du!! Noch 8 Tage, dann ist der Februar herum, dann noch 14 Tage, ja? und Du wirst Dein Urlaubsgesuch einreichen.

Oh Geliebter! Nun hebt ein Zählen an für uns beide! Ich werde doch immer so lieb an Dich denken müssen, sooo fest dazu, daß Dir alles gelingen wird! Ach Du!!! Mit meiner ganzen Liebe will ich Dich heimziehen! Geliebtes Herzelein! Ach, wenn uns Erfüllung wird unsres innigsten Wunsches! Dann sind wir sooo froh!!! Du, Schätzelein! Hast Du schon einmal daran gedacht?, wenn Du diesmal wirklich über meinen Geburtstag bei mir sein wirst, so ist es doch überhaupt zum ersten Male, seit wir uns kennen! Ich freu mich sooo!! Da denke ich eben! Wird ja, mein Mannerli einer Pflicht enthoben diesmal: braucht keinen Geburtstagsbrief zu schreiben!

Oh, na warte!

So leicht wird Dir's Dein Weiberl nun auch nicht machen! Es wird Dir schon eine Geburtstagsaufgabe stellen, die nicht so leicht ist! Du!!!!! Hast Du jetzt Angst? Ach Herzelein! Ich muß Dich sooo lieb haben!! Ich darf garnicht so sehr daran denken, sonst weiß ich nicht wohin mit all meiner Sehnsucht. Ach Du!!!

Und ich will doch alle Sehnsucht zurückhalten, alle heiße Liebe aufheben bis zum Tag unsres Wiedersehens, Geliebter! Dann soll sie verströmen, oh Geliebter! Hin zu Dir, in Dein Herz! Oh, ich muß Dich sooo lieb haben! Du!!!!!!!!!!

Herzelein! Ich habe doch heute mit Mutsch zusammen nochmal tüchtig gearbeitet, Wäsche gewaschen und hinausgehängt, weil die Sonne gar so schön schien, es war richtig frühlingshaft! Und des Abends scheint doch der liebe Vollmond so freundlich drein! Das sind herrliche Abende, wenn der Himmel sich dunkelblau spannt und die lieben Gestirne blankgeputzt zu uns niederfunkeln.

Ach Du! Dann wünsche ich mir so sehr, ein Stück mit Dir durch solchen Abend zu bummeln, ganz lieb, eng verbunden. Oh Du!! Wenn Du erst bei mir bist, wird doch auch wieder Vollmond sein! Aber ins Kämmerle darf er dann nicht schauen, nein? Da gibt's gar zu viel Liebe zu schauen! Und wir können es ja garnicht vor dem eignen Gewissen verantworten, wenn der gute Mond vor Neugierde die Balance verliert und herunterfällt! Dann ist die Welt bei Nacht zu totaler Finsternis verurteilt. Und solange Verdunklung herrscht, dürfen wir das nicht geschehen lassen, Du!!! Du!!! Ich will nämlich zu dem Zweck gleich mal neue Rollos anbringen im Elternschlafstübel und im Stübchen, dann können wir wenigstens schnell auch mal Licht anbrennen.

Ich tu das bestimmt nur der praktischen Seite halber, Mannerli!

Glaubst das Deinem Evchen?!!

Ach, nun beginnt doch wieder das frohe Rüsten und damit verbunden ist die ganze, große, heimliche Vorfreude! Geliebter, die kleinsten Dinge tu ich ja nun schon in der Vorfreude auf Dich. Ach, Ihr Mannerli wißt das vielleicht garnicht so, wie schön es nämlich dann ist, Hausmütterchen spielen, wenn ein sooo lieber Gast erwartet wird.

Du! Die Zeit vor Deinem Kommen, das ist doch die allerschönste Zeit für mich im Jahr! Und später, wenn wir für immer umeinander sind erst, dann wird doch die frohe, selige Erwartung garnimmer von mir weichen; denn dann ist sie täglich in mir! Tägleich erwarte ich Dich doch dann soo selig froh! oh, daß [sic] weiß ich schon heute! Und Du wirst mir täglich so glücklich heimkehren! Geliebter!!! In unserm Nestchen sind wir dann ganz glücklich gefangen.

Du Liebster! Mein Allerliebster!

Wie lieb ich Dich!!

Oh gebe Gott, daß alles sich zum Besten wende! Amen.

Herzelein! Es ist schon wieder spät geworden heute.

Weißt, wo ich nochmal war am Nachmittag? In Chemnitz. Die Mutsch hat ihren Hut verkramt, weil er ihr nimmer gefällt und nun bekommt sie keinen neuen! Da hörte ich, daß Reibigs in Chemnitz Hüte annehmen zum Umformen und färben.

Bin ich gleich los mit einem alten Hut vom Vater, daraus arbeiten sie mir nun für Mutsch einen netten neuen Hut. Auch meinen Strohhut nahm ich mit, weißt? den teuren blauen! Der bekommt auch eine neue Fasson. Bis Du bei mir bist, ist er sicher fertig, da kannst mich gleich mal begucken!

½ 2 Uhr bin ich hereingefahren und um 4 Uhr wieder zurück. Um 500 [Uhr] war ich zuhaus.

Es ist eben so umständlich für uns. In Limbach gibt's leider nicht solche Hutgeschäfte, die das machen.

Dann bin ich gleich noch Milchholen gegangen, anschließend den Abendbrottisch zurechtgemacht, – Papa hat diese Woche Tagschicht, – damit wir gleich alle gemütlich ein Stündchen beisammen säßen.

Wie fein wäre das, säße mein Manneli mitten unter uns!

Feine Speckbratkartoffeln gab’s auch mit Sauerkaut von Mittag; hm fein schmeckt’s!

Es ist aber noch kein neuer Speck, ich gehe fein sparsam um und habe immer noch welchen von der ersten Sendung.

Wir loben Dich doch jedesmal dann, wenn wir so schmausen, was Du für ein tüchtiges, gutes Mannerli bist! Du hilfst uns so fürsorglich haushalten. Glaubst, daß wir eigentlich noch nichts weiter vom Krieg spüren so?; als daß mal der oder jene Leckerbissen fehlen und das Obst, das ja nur Kinder kriegen. Aber das ist ja wohl gering, solche Einschränkung. Hoffentlich hakt es bei unserm Papa mit der Gesundheit nicht wieder so aus; er sieht jetzt unberufen besser aus, abgekommen zwar noch, jedoch die Gesichtsfarbe ist gesund. Er hat auch wenig Beschwerden, weil er sich in acht nimmt mit dem Essen und noch täglich seine Haferflockensuppe ist.

Ach Du! Wenn wir nur gesund bleiben, dann kommen wir auch durch harte Zeiten.

Wir wollen immer gut auf uns selber achtgeben, gelt, mein Herzelein? Solang wir voneinander getrennt leben müssen. Später paßt ja dann eins auf das andere auf! Dann sind wir ganz außer Gefahr.

Schätzeli, heute kam gar kein Brief an von Dir.

Aber morgen wieder.

Ich habe Dir ja sowieso noch vielerlei zu beantworten.

Heute Abend finde ich aber garnicht die rechte Muße dazu. Die Eltern sind noch auf und haben ihre Unterhaltung, auch geht das Radio.

Ich mag ihnen aber auch nicht jeden Abend den Mund verbieten!!

Ich komme durch meine anders eingeteilte Arbeit jetzt weniger dazu, nachmittags in Ruhe zu schreiben.

Abends ist es eigentlich auch schöner, als Ausklang des Tages. Na, Schätzeli! Morgen ist Sonntag, da schläft Papa nachmittags und Mutsch will plätten und Dir auch schreiben, da hab ich dann auch mei [sic] Ruh! Wie so sehr lieb ich Dich habe, Herzelein! Ach, das weißt Du ja! Erkennst Du hinter jedem meiner Worte, wenn's ihrer auch mal weniger sind, gelt?

Ach Du! Mein liebster [Roland]!

Wir sind ja so ganz in Liebe verbunden miteinander! Soo innig vermählt! Uns kann doch garnichts mehr voneinander scheiden und trennen. Oh Herzelein! Ich muß es so oft bedenken: Unsre Liebe wird alle Trennung überdauern, alle Ferne überwinden, sie wird siegen! Oh Du!!! nimmer, nimmer kann ich Dein vergessen!

Herzallerliebster mein! Für unser ganzes Leben taten wir uns zusammen. In heißer, tiefer Liebe! Ja, Herzelein!! In tiefer, gottgeschenkter Liebe! Wahre Hochzeit hielten wir.

Und seitdem ist soviel Liebe zwischen uns gegangen.

Oh Geliebter mein!

Die Saat unsrer Liebe ist doch so reichlich und gesegnet aufgegangen. Und der Strom unsrer Liebe ist seither so viel mächtiger und tiefer geworden.

Und der Segen Gottes ist seither so reich, so sichtbar mit uns gewesen!

Geliebter, Du! Du sagst es ja ganz recht. Wir brauchen kein selig, wehmütig Erinnern, um unsre Liebe recht bestätigt zu finden. Sie ist ja ganz lebendig zwischen uns! Oh Herzelein! sie lebt! Sie wächst und reift zur Erfüllung, zur Frucht! Du!!!

Alle Sehnsucht zueinander kann nicht so wach sein, alles Verlangen und Wollen zueinander und miteinander muß tot sein, wenn eine Liebe nicht im Glauben an Gott, im Blick auf das ganze Leben, wenn sie nicht imn heiliger, ernster, letzter Entschlossenheit gegründet wurde.

Geliebter! Unsere Liebe wird alle Trennung überdauern, sie wird siegen! Das ist unser Willen solang noch ein Atem in uns ist.

Oh schenke uns Gott das Leben, den Sieg! Halte er uns stark und rein und demütig. Lasse er uns froh wiederfinden! Amen.

Geliebter! Ich bin Dein bis in den Tod! Ich liebe Dich so herzinnig! Mein Ein und Alles!

Halt mich fest! Du!!! Ich bleibe ewig Deine [Hilde], Dein!!!

Du ich küsse Dich vieltausendlieb.

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Autor Hilde Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Hilde Nordhoff

Foto von Hilde Nordhoff. Nahaufnahme, Person im Sommerkleid, im Hintergrund Bäume.
Ba-OBF K01.Ff2_.A12. Hilde Nordhoff, 1940, Oberfrohna, Fotograf unbekannt, Ausschnitt aus Fotoalbum.

Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.

Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946