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[OBF-430225-001-02]
Briefkorpus

Donnerstag, den 25. Februar 1 9 4 3

Geliebte, Herzallerliebste mein! Meine liebste [Hilde]!

Nun lädt alles ein zur Behaglichkeit. Es ist noch nicht 7 Uhr am Abend. Ein langer Feierabend. War doch heute wieder Außendienst, ein kurzer Ausmarsch, 18 Soldaten und 5 Unteroffiziere!, ein richtiger kleiner Verein. Der Judenfriedhof, unser Exerzierplatz, ist noch zu weich. Wir sind nicht viel über den Triumpfbogen hinausgekommen.

Nach der Rückkehr haben wir uns die Fenster mal vorgenommen – viel sieht man nicht, wenn man hinausschaut, keine 5 m hin die Wand einer großen Villa, deren Fenster nach uns her alle zugesetzt sind – aber die geringe Sicht wurde uns nun doch zu trübe. Mit Wasser und Zeitungspapier – Lappen natürlich auch, sind wir beigegangen – und bald war's geschafft. Anschließend hat gleich die Tür noch was abbekommen und die beiden Kämmerle nebenan. Das Mannerli hat gleich noch eingeheizt, während die Fenster aufsperrten – binnen einer halben Stunde ist es dann warm im Stübchen.

Also – ein langer Feierabend, ein warmes Stübel, ein sattes Bauchel (feine Bratkartoffeln gab es, vom Mannerli selber gebraten) – und dazu der Liebsten Gruß – oh Herzensschätzelein - magst mithalten – Mannerli ist ganz allein!

Du! Du!!! heut müßten wir doch ganz brav sein – ja! – und das Mannerli fühlt es doch ganz deutlich an sich, daß die Sehnsucht ein wenig stiller ist – die laute, ungestüme – was sie so stiller macht? Von meinem Schätzelein kommt das!

Aber die leise Sehnsucht – und die weitgespannte nach unserem Leben, die sind immer wach, immer wach, Geliebte! – oh Du! Du!!! Bei Dir sein — bei Dir sein — so schweigt sie nimmer. – so mahnt sie immer – meine [Hilde]!!!

Führe uns Gott doch recht bald zueinander.

Dein lieber Bote ist bei mir! Herzelein! Wie dank ich Dir! Daß Du zu mir kommst, so lieb und treu. Und ich weiß – es ist nicht mir die Stunde oder ihrer zwei, daß Du mein denkst – daß Du gleichsam das Fach Feldpost aufschließt, umd es dann wieder zu schließen für den ganzen Tag, daß Du Deinem Mannerli Genüge tust, damit es dann stille ist, daß Du Dich mit ein paar lieben Worten mir zuwendest, um Dich dann ganz anderem mit Deinem Herzen zuzuwenden — oh nein, Du! Du!!! So ist es nicht.

Ach, was würde das ganz andre Briefe geben – wie würde die Liebe zwischen uns schnell erkalten, wenn es so wäre – unsre Herzen würden es untrüglich anzeigen.

Oh Geliebte! Jeder Deiner lieben Boten, von Anbeginn, kündet mir von Deiner großen Liebe.  Unsre Liebe lebt auch in Dir – sie wirkt in Deinem Leben so wie in dem meinen – Wunder und Glück und Freude wirkt sie – sie beherrscht auch Dein Leben vom ersten Gedanken und Wachen am Morgen bis in den Schlaf – bis in die Träume – oh Du! sie wirkt in uns die Schleier der Sehnsucht und die Bande der Liebe! Die Freude am Leben und die Kraft zum Ausharren!

Ach! Du gehst so wie ich in der Liebe – Du trägst sie immer mit Dir – schwere, aber köstlichste Last! – Im Herzen steht sie hinter all unseren Lebensregungen als die Sonne, als die Quelle und der Anteil allen frohen Schaffens und Lebens. Jedes Erlebnis, jede Freude, jedes Leid – alles steht im Lichte dieser Sonne – jedes Erlebnis ruft uns die Liebe ganz wach und bewußt ins Gedächtnis.

Oh Herzelein. Dein Herze, das weiß ich, ist mir ganz und immer zugewandt. Die Liebe zueinander ist nicht nur ein Fach, ein Kapitel unsres Lebens – sie ist nun unser ganzes Wesen und Leben selber – sie hat es durchdrungen wie ein Sauerteig – wie das Herzblut selber.

Ja, so ist es – in mir wie in Dir! Geliebte!!! -

Ach Du! Wer von uns mehr verliebt ist? Wer von uns beiden mehr von der Liebe erfühlt?

Einen Kleinen Vorsprung muß ich meinem Herzensweiberl zugestehen – gerne tu ich’s nicht – aber ich hab es eingeholt, ich laß ihm nichts drauf – ja, wie könnten wir nur einmal rauskriegen, wer es lieber meint? – Ach Du! Du!!! Du!!!!!!!!!! !!! Ich mein es ganz sehr lieb mit Dir!

Dein Herzensschatz, Dein Herzensmannerli – Dein für immer!!!

Oh Herzelein — und Du — bist mein einziges und liebstes und treuestes Weib – und noch mehr, das sag ich Dir aber selber, wenn ich bald einmal zu Dir komme – oh Du! Du!!! Du!!!!! !!!!! !!!

Oh Geliebte! Wenn wir das nicht voneinander wüßten, dann müßte Sorge unser Herz erfüllen, Zweifel und Eifersucht würden uns auseinanderbringen oder böse Schmerzen bereiten – oh Herzelein – eine Hölle wäre mir das – das gerade Gegenteil davon, was die Liebe uns jetzt ist: Quell aller Kraft und allen Frohseins von Herzen – oh Du! Du!!! Wie dankbar erkennen wir das! Wie die Liebe diese bösen Jahre, diese schreckliche Zeit uns verkürzt und erleichtert, wie sie uns hilft – ja, hilft - heimkehren will ich Dir – heimziehen willst Du mich! Und was an uns liegt, so wird es uns gelingen.

Und diese böse Zeit heiligt uns diese Liebe nun erst recht.

Oh Herzelein, Du und ich, wir erkennen darin Gottes Geschenk – ganz zur rechten Zeit – uns zu Trost und Hilfe — oh Du! Deinem [Roland] zum ganzen Halt in dieser Zeit, zur Heimat und Zuflucht – ganz demütig und dankbar erkennen wir es – und werden es nimmer vergessen. Ja, Geliebte – ich fühl es täglich neu zu meinem Glücke, wie der Quell der Liebe stark und mächtig ist in mir – Herzelein, er kann nicht versiegen – es kann ihn niemand hemmen oder stillegen – er geht zu Dir – stark und mächtig!!! Herzelein! bringst mir in Deinem lieben Sonnabendboten alle Deine reiche Liebe, daß Du mich ganz glücklich machst damit. Ach Du! Ich erkenne sie hinter jedem Worte, hinter jedem Zeichen. Du bist mein liebes Weib! Ganz mein Eigen! So ganz an mich gegeben wie ich an Dich – so tief mir zugeneigt – so innig mir vermählt!

Und freust Dich schon auf den Urlaub – auf mein Kommen – ach Du! Du!!!

Wenn das böse Mannerli nun heimkommt, ist das denn so fein?

– Weißt denn auch, wie ich mich freue, wenn ich Dich dann wiederhabe? Ach, das Mannerli, scheint mir, hat dazu viel mehr Grund – Du, ich bin froh, daß ich ein Mannerli bin, aber nur darum, weil ich damit meine liebe [Hilde] liebhaben zu und zu Eigen haben kann – Du! Du!!! Du!!!!!

Ein [sic] Geburtstagsaufgabe willst mir stellen? Mach’s gnädig, Herzensfraule, leicht könnt es das Mannerli einrichten, daß es Dir auch eine stellen könnte!

Aber ich fürcht mich nicht – zumal mein Weiberl so fein verdunkelt. Nun das Mannerli heineinkommen will und gern mal ins Kämmerlein lauschen möchte, verdunkelst nun gerade — Du!!! – Mein Evchen verdunkelt darin – und das Mannerli schiebt das Rieglein vor — und dann müssen wir uns aber ganz lieb vertragen – hilft uns niemand sonst – gelt? Du!!!!! !!!!! !!! Mein Schätzelein rüstet – und das Mannerli rüstet nicht minder! Das klingt gar kriegerisch — Du!!!

Oh, ich bin ja froh, daß das Empfangen auch soviel Freude bereitet wie das Heimkehren – sonst möcht ich mein Schätzelein wohl nicht daheim zu halten vermögen.

Oh Du! Ich bin doch sooo glücklich, daß Du ein sooo liebes Heimchen bist, das all die lieben Heimgeister kennt und mit ihnen vertraut ist und sie sich dienstbar macht – um das Mannerli an das Heim zu fesseln.

Und das Mannerli – oh Du! Du!!! Es wird sich fesseln lassen – es wird Dir immer glücklich heimkehren – nach sooo langer Wanderschaft – es wird Dich nimmer verlassen! Herzelein – das Heim ist Dein Reich, das Du dem Mannerli bereitest, daß er darin herrsche – ja? So wie Dir mein Herze bereitet ist, daß Du darin gebietest — meines Herzens Königin!!!

Ach Herzelein! Wie ist unser Herze voll lieber Pläne und Anschläge, wie brennen wir darauf, nun endlich zu beginnen – ach, Gott im Himmel weiß den Tag und die Stunde – und es ist der rechte Tag und die rechte Stunde – und alles steht bei ihm, unser Leben jetzt, unser Beginnen dann! Und das allein kann uns ja trösten und still machen. Und wir können uns nur bereithalten!! Ja, Herzlieb mein! Bereithalten! Oh, Du!!!

Das ist: uns an Gott halten – und einanander lieb und treu ganz festhalten – oh Geliebte! Bereit, immer bereit – Dir heimzukehren – ohne Besinnen! ohne Zögern! Jubel und Freude nur! – bis dahin aber ein Wachsein, und Lauschen, und Atemverhalten – und dann ein Jubeln, Stürmen, Aufatmen und Danken!

Ja, Geliebte! Dies Bereit halten ist unser täglich Dienen in Liebe – ist unser Schreiten zum ersehnten Ziel – ist unser täglich Ringen zu Glauben und Hoffnung, zu dem wir mit unsre Liebe täglich einander neue Kraft schenken.

Und darin wollen wir nicht säumen und zurückbleiben, nicht unterliegen und müde werden - Oh Du! Ich halt Dich fest! Ich geh mit Dir! Ich weiche nicht von Deiner Seite! Ich hab Dich ewig lieb!!!

Und zu diesem Bereithalten gehört auch, daß wir auf unsre Gesundheit achten.

Oh Du! Ich bin so froh, daß Du daheimbleibenkannst [sic], daß Du in schlimmen Tagen, die immer einmal kommen können, nicht fremder Hilfe überantwortet bist.

Und Dein Mannerli hier in der Fremde – ach, Du weißt es – es ist lieber zu vorsichtig als zu vorwitzig, nicht aus Feigheit, sondern in dem Willen, Dir ganz gesund zu bleiben, und Dir jede überflüssige Sorge zu ersparen. Wenn ich dann bei Dir daheim einmal krank bin – ach Du, da werd ich ganz schnell wieder gesund, weil dann soviel Liebe heilen hilft! Und diese Liebe ist der beste Arzt und die beste Arznei.

Ja, Geliebte! Balsam ist die Liebe allen Herzwunden – und Heilung und Linderung ist sie aller Krankheit!

Halte Gott segnend Deine seine Hand immer über Dir, daß Du gesund bleibst.

Es freut mich, daß Du von Vater Gutes berichten kannst. Er soll nicht nachlassen! Solche Kuren wirken nur durch hartnäckige Beständigkeit – lieber ein wenig zu lange als zu kurz sie einhalten! –

Schätzelein – erzählst mir von Deiner Spitztour nach Chemnitz. Ich denke eben an de meine Sparanregung von gestern dabei – wegen ein paar Hüten nach Chemnitz fahren ist nun tatsächlich nicht gerechtfertigt. Da hast 3 Stunden eigentlich recht vergeudet – hab ich recht? Diese Besorgung ließ sich doch einmal mit einer notwendigen Fahrt verbinden. -

Herzelein! Nun heißt es gleich, für’s Bettlein rüsten. Heinrich ist heim – er richtet schon sein Lager und steckt schon im Schlafanzug – das Radio geht, Heinrich hat es angestellt – das Mannerli hatt' es ausgedreht – damit es ganz allein war mit Dir – Du weißt das auch!

Geliebte! Ich wollt noch länger mit Dir plaudern – bin noch gar nicht müde heute – ich bleib noch eine Weile wach bei Dir – warte, bis auch Du Dich niederlegst – magst das? – Ach, Du kannst es nicht hindern – nein, Du kannst nicht hindern, daß meine Liebe zu Dir geht - ach Du! Kannst auch nicht hindern, daß sie ganz nahe zu Dir kommt, bis ins letzte Herzkämmerlein — Du hast ihr selber ja den Weg gewiesen – und nun will sie immer wieder dahin – oh Herzelein! Und das will die gute Liebe doch! Fest und einzig binden – und ich auch halte Deiner Liebe mein Herze offen, ganz weit, daß Du kommst, immer kommst, es zu füllen – mit Leben und Sonne – oh Geliebte! Du mußt kommen – sonst würde es kalt und dunkel und leer in meinem Herzen. Und Du kommst – so gewiß wie die liebe Sonne selber am Morgen – so treu und lieb! Und das ist all mein Glück!

Und nun laß mich Dir Gutnacht sagen – Geliebte! Ich küsse Dich herzinnig!

Komm nur bald – ich halt Dir ein feines warmes Plätzel – komm nur, ehe ich einschlafe – warum? Du!!!!! !!!!! !!! – Glaubst denn, daß Dein Mannerli das Liebsein und Liebhaben überhaupt verschlafen könnte – daß es Ruhe fände, ehe sein Herzensschätzelein nicht mit allem bei ihm wäre - vergiß nur nichts – Du!!! – ich merkt es doch ich hab Dich sooooooooooooo lieb! Mein Liebstes, mein Einziges, mein Alles, Du! Du!!!!! !!!!! !!!

Schätzelein! Nun soll der Bote gleich auf den Weg.

Ach — ich muß an die mancherlei Abschiede denken – wo ich Dich zumeist zum Zuge brachte – die Abschiedsstunde, in der das Herze sooo voll ist, daß der Mund ganz stumm wird – wo alle Liebe wach und bewußt uns bedrängt, und doch nicht befreit werden kann – oh Geliebte! Gott wird uns den Tag schenken, da wir nicht mehr an den Abschied denken müssen – da ich immer bei Dir bleiben kann – wie ich es so heiß ersehne!!!

Herzlieb mein! Heut abend komm ich wieder zu Dir. Bin heute U.v.D., wird nichts aus dem Kinobesuch!

Behüt Dich Gott! Er sei mit Dir auf allen Wegen!

Ach Du! Du!!! Ganz lieb drück ich Dich an mein Herze – Dein Herz an meinem Herzen – dann ist Frieden, dann ist unser Glück vollkommen – oh Du! Du!!!

Bald soll es wieder so sein! Geb es Gott!

Ich hab Dich ewig lieb! Und bin so ganz Dein! Dein glücklicher [Roland]. Und viel liebe Küsse – Mündelein ganz fest an Mündelein – oh Herzelein, alles was münden kann am Mannerli, das sucht Dich – daß ich ganz eins sei mit Dir – das Du mich ganz aufnimmst – und Du? Oh Geliebte! Komm in meine Arme, daß sie Dich umschließen - ganz lieb – und innigMein! Mein Eigen!!!

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Kommentare

drew.bergerson

Mo., 03.04.2023 - 22:46

Was heißt Besatzung im Namen des Dritten Reiches? Einen Judenfriedhof als Exerzierplatz auszusuchen, sich über verfallene rumänischen Villen zu beschweren, und trotzdem auf eine Zeit nach dem erfolgreichen Krieg zu sehnen, wenn man sich in ein privates Leben, und damit in Vergessenheit versenken läßt. Schon (vor) 1943 wurde das Fundament der Nachkriegszeit gelegt.

Heinrich ist Rolands Stubenkamerad.

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Autor Roland Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Roland Nordhoff

Foto von Roland Nordhoff. Nahaufnahme, Person sitzend in einem Fensterrahmen.
Ba-OBF K01.Ff2_.A39, Roland Nordhoff, 1940, wahrscheinlich Bülk, Fotograf unbekannt, Ausschnitt.

 

Roland Nordhoff wurde 1907 in eine bürgerliche Familie in einem ländlichen Dorf im östlichen Sachsen, Kamenz, hineingeboren. Nachdem er ein Musikstudium aufgegeben hatte, arbeitete er als Dorflehrer in Oberfrohna, nahe Chemnitz. Im Frühjahr 1938 wurde er nach Lichtenhain in Sachsen versetzt

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946