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[OBF-430226-002-02]
Briefkorpus

125.

OBERFROHNA i. SA., den [*] 26.II.1943.

Freitagabend.

Geliebtes Herzelein! Mein lieber, leber [Roland]! Du!!

Die Uhr geht schon auf 900 [Uhr] abends und erst jetzt bin ich soweit, mit Dir wieder zu plaudern. Es war heute Reinemachtag und da geht es immer flott bei mir. Die liebe Mutsch hat mir tüchtig mitgeholfen, sonst wäre ich noch garnicht fertig. Nur baden können wir heute nicht, weil unser Papa Nachtschicht hat, wir wollen es bis morgen aufheben, damit wir uns nicht zweimal die Arbeit mit der Wanne machen.

Die steht nämlich wieder im Keller nun.

Heute haben wir doch schon wieder für den “Frühling” umgeräumt! Den Küchentisch hinaus in die kleine Küche, das Bänkel herein aus dem Vorsaal und die große Daunendeckenkiste hinter [sic] auf den Speicher zu unseren Sachen!

Ja, so rumoren wir Frauen herum! Nichts hat Ruhe vor uns!

Es muß doch auch Platz sein, wenns Mannerli heimkommt! Meinst nicht auch? Wir brauchen sonst viel Platz am Tage. Nur abends brauchen wir garnicht viel Platz, da genügte uns ein Bettlein. Hab ich recht? Oder kommt ein ganz müdes Mannerli heim zu mir, das ein Bettlein allein braucht zum richtig ausruhen? Oder kommt ein gar dickes Mannerli heim, das garnicht mit in mein Bettlein paßt?

Na, ich bin ja neugierig!! Du!!! Ach Du!!!

"Müder Braten", so sagte man in der Ausbildungszeit, gelt? Ich glaub's aber garnicht, daß mein Mannerli einer ist!

Im Gegenteil! War doch immer so artig! Und wird mit aller Herzenskraft heimkehren zu seinem Fraule, wie mit aller Sehnsucht bisher. Ach Du!!! Und ich erwarte Dich doch auch mit aller Sehnsucht! Geliebter! Ziehe Dich heim mit all meiner Herzenskraft! Oh Du!!! Alles, alles ist bereitet zu Deinem Empfang! Geliebter mein!

Oh komme bald zu mir! Du! Ich muß mich ja sooo sehnen! Ich liebe Dich sooo sehr! Herzelein! Weißt Du denn noch, wie lieb ich Dich haben kann? Wie sooo ganz unendlich lieb?!! Ach, Du!!! Herzallerliebster mein! Bist all mein Glück!

Mein Herzelein! Noch siebenmal muß Sonntag sein, dann ist der 11. April, Mutsch’s Geburtstag und – ?!! Du!!! Ich will doch garnicht jeden Tag davon sprechen! Sonst geht am Ende unser großer Wunsch garnicht in Erfüllung! Und das soll er doch!!! Du!! Ganz heimlich und leis freu ich mich. Ach, ich möchte Dich doch jetzt gleich einmal von weitem wenigstens sehen können, Liebster! Dein liebes Gesicht! Möchte wissen, ob es auch so vor innerer Freude strahlt! Möchte sehen, ob Du Dich auch so sehr freust und sehnst wie ich!

Ach Herzelein! Empfindest Du es nicht auch? Mit jedem Male wird das Wiedersehen sehnsüchtiger erwartet. Immer tiefer senkt sich Herz in Herz, in großer, wundersamer Liebe. Und ich mein immer, so wie diesmal hab ich Dich noch nicht herbeigesehnt; so wie diesmal mich noch nicht auf Dich gefreut! Jedesmal inniger erwarten wir einander! Nur heißer und glühender ist unsere Sehnsucht und die Liebe geworden. Oh Du!! Spürst Du es auch so deutlich, mein [Roland]?!

Und so wird es bleiben! Nie kann unsere Liebe vergehen, nie zu Ende sein! Nur fester und inniger verschlingen wir uns, unlösbar! Mein Eigen! Ach Du! Wie bin ich so von Herzen glücklich mit Dir!!!

Oh Gott im Himmel! Segne unser großes Glück! Sei uns gnädig und barmherzig! Amen.

Mein Lieb! Denke doch, ich bin noch immer nicht krank. Hab nun heute so tüchtig hantiert und trotzdem – .

Ich wundere mich beinahe.

Aber ich warte geduldig.

Sorge muß ich nicht haben; denn ich habe mich nicht überanstrengt oder irgend etwas getan, worauf so eine Unordnung zurückzuführen sei.

Es klagen ja viele Frauen über Unregelmäßigkeiten hierin.

Das bringt in jedem Krieg die Ernährung mit sich.

Aber unsre Ernährung ist doch noch nicht so gering! Wir leben doch ganz anständig noch. Zumal mit Deiner schönen Sonderzuteilung!!

Na, es wird sich schon herausstellen, ob der böse Mond mich angeguckt hat!!

Was machen wir bloß mit ihm dann? Strafe muß sein! Da muß ich daran denken, Herzelein – wie muß es einer Frau wohl zumute sein, die nicht treu ist und so kurz vor dem Wiedersehen mit ihrem Manne an sich so etwas entdeckt!

Das stelle ich mir schlimm vor. Diese Angst!

Aber ich glaube, wer die Frechheit und den Mut zur Treulosigkeit besitzt, der besitzt auch den Mut zur Lüge dem Mann gegenüber.

Und dergleichen geschieht so oft jetzt hier bei uns – ach überall in der Welt. Es ist schändlich. Erst vor 14 Tagen wurde eine ganz junge Ehe wieder geschieden (4 Wochen verheiratet!) weil die junge Frau mit einer Lüge in die Ehe gegangen war. Sie hatte den Mann geheiratet und trug von einem verheirateten fremden Mann ein Knd. So etwas gibt es! Weil jener sie nicht heiraten konnte, hat sie wenigstens mit dem anderen ihr Glück versucht.

Oh Geliebter! Wie bedauernswert sind solche Menschen, denn sie kennen nicht das hohe Glück guter Liebe! Sie wissen nichts von dem kostbaren Geschenk des Vertrauens, der guten Liebe höchstes heiligstes Unterpfand!

Oh Herzelein! Ich glaube auch nicht, nach allem, was ich nun schon bei anderen Menschenkindern sah und hörte, daß je wieder zwei so von ganzem Herzen glücklich sind wie wie beide.

Ach Du!!! Du!!! Mein Geliebter! Du!!!!! Wir halten einander so fest in Liebe und Treue! Mag kommen, was da will! Dein – mein! Des dürfen wir ganz gewiß sein.

Ich glaube an Dich. Ich glaube an Deine Liebe.

Und ich müßte bis an mein Lebensende Dein harren, wenn eines Tages keine Nachricht mehr von Dir käme. Gott möge es verhüten!

Aber ich könnte nicht anders. Oh Geliebter! Ich bin Dein bis in den Tod.

Ich muß Dir gehören bis an mein Ende. Du! Weil ich Dich sooo liebe, sooo unendlich liebe!

Mein herzliebes Schätzelein! Am vorigen Freitagabend warst also in dem Konzert im Schubert Saal in der Stadt. Und trotzdem es mit der Zeit knapp herging, bist zu doch noch zu mir gekommen, Du Liebes! Ich freue mich doch! Ach ja Herzelein, lang ist es her, daß wir zusammen ein Konzert besucht haben.

Und sicher wars, weil Du so allein saßest, daß Dich die Müdigkeit so plagte, gelt?

Ach Du! Und Du hast müssen so sehr nach Hause denken. Wann werden wir erst wieder beisammen sein? Für immer? Wann wird denn dieser Krieg einmal zu Ende sein? Ach Geliebter! Wenn Du nur erst bald wieder einmal zu mir kommen kannst!

Ach Du! Einen Ausblick sehen wir, einen Trost: Gott! Er hat so wunderbar geführt bisher, ihm müssen wir vertrauen.

Ach, all die Jahre unsres gemeinsamen Weges müssen (wir) uns in diesem Glauben bestärken! Sie sind voller göttlicher Gnade. Darum laß uns stille werden in Gott, er wird es wohl machen!

Oh schenke uns Gott immer rechte Kraft zu Treue und Geduld! Mein Geliebter! Wir müssen doch weiter an unsrer Brücke bauen, wir dürfen doch den Glauben nicht verlieren! Ach Herzelein! Wir können ja auch garnicht anders! Oh laß Gott unser Glauben nicht zuschanden werden.

Mein liebstes Herzelein! Ich will Dir immer treu zur Seite stehen wie bisher! Ich halte Dir doch die Heimat! Mein Herze Dir offen! Und Du mußt mir doch heimkehren! Geliebter!! Es kann ja nicht anders sein!!! Du!!!

Halt Dich an mich – ich halt mich an Dich. Ganz lieb und treu wollen wir zusammenstehen und so immer zu Gott treten,

daß er unsre Liebe segne.

Der Herr behüte Dich, mein [Roland]!

Ich will mich nun schlafen legen.

Gutnacht! Geliebter! Ich küsse Dich so lieb! Ich grüße Dich herzinnig! Du!!! Ich bleibe in Liebe und Treue Deine glückliche [Hilde].

 

[* = Vordruck in Druckschrift auf Briefpapier]

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Autor Hilde Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Hilde Nordhoff

Foto von Hilde Nordhoff. Nahaufnahme, Person im Sommerkleid, im Hintergrund Bäume.
Ba-OBF K01.Ff2_.A12. Hilde Nordhoff, 1940, Oberfrohna, Fotograf unbekannt, Ausschnitt aus Fotoalbum.

Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.

Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946

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