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Briefkorpus

den 16. Mai 1941.

Liebe [Ella]!

Jetzt ist es bei uns richtiges Frühlingswetter geworden. Wir sind fast keinen Abend mehr zu Hause. Was soll man auch Abend für Abend in der Stube hocken und den „alten, soliden“ Mann markieren. Man kommt dabei höchstens auf dumme Gedanken! Das heißt, ein Nachteil ist ja dabei. Mit dem Sparen ist es ja aus. Mir ist es auch ziemlich egal. Über kurz oder lang werden wir wohl kaum noch Gelegenheit haben, in Ruhe auszugehen. Was dann kommt weiß man ja nicht. Voriges Jahr um diese Zeit wußten wir wenigstens wo wir dran waren. Also raus, nix wie raus, weißt ja [Ella], drum nütz die Zeit, denn die Welt ist schön! Trotz alledem schön.

Ganz kurz nochmal zu meinem letzten Brief. Du warst sicher erstau^nt und fragtest Dich, wieso, warum, bin ich etwa Schuld an dessen Einbildungen? Was will oder hat der eigentlich. Ich nehme an, es verstehen zu können, wenn Du Dich so frägst [sic]. Ich hatte auch wohl kein Recht darauf, um nicht zu sagen, keinen Grund, Dir in solcher Weise zu schreiben. Es ist eben nicht immer richtig, zu schreiben wie man denkt. – Jedenfalls bin ich mir über folgende Punkte klar geworden. Diese werde ich Dir jetzt mitteilen. Du wirst Dich wundern, oder was weiß ich. Sei bitte nicht gleich böse und hör nicht gleich ganz mit der Schreiberei auf. Früher oder später hätte ich es Dir doch gesagt.

Zu Anfang sagte ich zu Dir, ich suche eine ehrliche Freundschaft. Jetzt, oder, inzwischen habe ich gemerkt, das [sic] es bedeutend mehr war. Ob ich Dich aber einmal so lieben kann, wie ich schon einmal vor drei Jahren liebte, weiß ich heute selber noch nicht. Jedenfalls habe ich Dich „sehr“ gern. Nun wirst Du auch verstehen, liebe [Ella], wenn ich Dich frage: was sagt Dein Herz dazu?

Laß mich bitte nun nicht zu lange auf gerade diese Frage warten. Ich werde Dir auch dann absolut nicht böse sein, wenn Du auf Deutsch sozusagen mit einem „Nein“ antworten würdest.

Dein [Albert]

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Autor Albert Müller
Korrespondenz Lohbrügge
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Über den Autor

Albert Müller

Albert Müller wurde 1919 geboren. Seine Familie kam aus Escheburg in Schleswig-Holstein. Auch in anderen schleswig-holsteinischen Orten hatte er Verwandtschaft. In seinen Briefen machte Albert Müller oft Andeutungen, dass es Geheimnisse bezüglich seiner Eltern gebe, die er erst später preisgeben

Über die Korrespondenz

Lohbrügge

Fotografie einer handgeschriebenen Liste mit Zahlen, aus dem Konvolut Lohbrügge, die Briefdaten sortiert.

Der Briefwechsel von Ella und Albert Müller befindet sich im Archiv des Kultur- und Geschichtskontors in Hamburg-Bergedorf. Erhalten sind fast 900 Briefe und Postkarten. Gesammelt wurden sie von Ella Müller, die Briefe von ihrem Ehemann, aber auch von Familienangehörigen aufbewahrte, zum Teil