den 24. Mai 1941.
Meine liebe [Ella]!
Zunächst meinen herzlichsten Dank für Deine letzten beiden Briefe. Ich war sehr erfreut darüber. Ganz besonders über den letzten.
In Deinem vorletzten Brief frägst Du an, ob ich krank wäre. Das „war“ wohl die komplizierteste Frage, die Du mir in dem Moment stellen kontest [sic]. Liebe [Ella]! weil ich so unendlich viel Vertrauen zu Dir habe will ich Dir diese Frage gern beantworten. Vielleicht wirst Du dann auch meinen Brief vom 10. dieses Monats verstehen. Es gib [sic] manchmal Stunden im Leben, wo der Mensch so in die Enge getrieben wird, daß er weder ein noch aus weiß. Er greift dann irgend wohin; und wenns nur ein Strohhalm ist, um sich daran festzuhalten. Ganz soweit war es ja mit mir noch nicht, aber doch auch nicht mehr weit von ab. Wie Du weißt, besteht zwischen meiner Mutter und Großmutter ein schwerer Konflikt, der damals durch meine Schuld entstanden ist. Ja er steigerte sich fast zum Haß der beiden. Was das für mich bedeutete kannst Du Dir wohl vorstellen. Seit langer Zeit bemühe ich mich nun, dies zu beseitigen. Und das ist nicht leicht. Im ler Und da ich nun eimal [sic] das Gefühl habe, ich käme nicht mehr dazu, es könnte zu spät werden, muß ich alles schriftlich machen. Und das ist gerade in diesem Falle sehr schwer. Die Folge war, meine ganze Vergangenheit wurde wieder bis ins kleinste wachgerufen. Hinzu kam: ich wollte Dich um keinen Preis verlieren. Du magst glauben oder nicht, [Ella], an dem Tag, als ich als ich Deinen vorletzten Brief erhielt, bekam ich obendrein noch Post von meiner Mutter und Großmutter. Beide enthielten verdammt keine guten Nachrichten. Ja [Ella], an dem Tag wurde mir tatsächlich kalt und heiß zugleich. Glücklicherweise ging mein sagenhafter „dreizehnte [sic]“ Brief an Dir [sic] schon einige Tage vorher ab. Ich weiß nicht, ob ich in diesen Tagen die richtigen Worte dazu gefunden hätte. Vorgestern erhielt ich wieder Post von meiner Mutter. Doch davon kann ich noch nicht reden. Es war ein Erfolg auf der ganzen Linie. –
Später erzähle ich Dir alles mündlich, [Ella]. Habe Geduld. Du kannst nicht alles begreifen. Ich müßte Dir die Geschichte von drei Generationen erzälen [sic].
Gestern kam Dein Brief der mir den Frieden brachte. Ach [Ella] Du bist ein Prachtmädel. Laß man 13 sein was 13 ist. Ich hatte keine Ahnung davon. Weder hast Du etwas Falsches getan, noch bist Du gar zu dumm oder zu hart. Im Gegenteil. Du hast den Nagel auf den Kopf getroffen. Es freut mich immer wieder daß Du so ehrlich bist, und mir so unendlich viel Verständnis entgegenbringst.
Doch nun noch ein paar Worte über die Liebe. Ich bin der Ansicht daß man nicht viel drüber reden darf. Herzenssache [Ella]! Beim Einen kommts über Nacht, beim Andern dauerts etwas länger und der Dritte merkt es erst wenns bereits zu spät ist. Wenn das Herz erst anfängt schneller zu schlagen, [Ellachen], meistens ist es dann soweit. – – –
Es grüßt und küßt Dich wieder
in alter Frische Dein [Albert]
[*] Hoffentlich verlebst Du am 27. Deinen 20. [sic] Geburtstag recht nett!
[* = Am linken Seitenrand heruntergeschrieben]
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Albert Müller wurde 1919 geboren. Seine Familie kam aus Escheburg in Schleswig-Holstein. Auch in anderen schleswig-holsteinischen Orten hatte er Verwandtschaft. In seinen Briefen machte Albert Müller oft Andeutungen, dass es Geheimnisse bezüglich seiner Eltern gebe, die er erst später preisgeben
Lohbrügge
Der Briefwechsel von Ella und Albert Müller befindet sich im Archiv des Kultur- und Geschichtskontors in Hamburg-Bergedorf. Erhalten sind fast 900 Briefe und Postkarten. Gesammelt wurden sie von Ella Müller, die Briefe von ihrem Ehemann, aber auch von Familienangehörigen aufbewahrte, zum Teil