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[OBF-410410-002-01]
Briefkorpus

Donnerstag, am 10. April 1941.

Mein geliebtes Herz! Du mein lieber, liebster [Roland]! Herzlieb!!

Du!! Eben bin ich aus der Kirche heimgekommen, es ist gleich 9 Uhr abends. Es waren viele Leute zum Abendmahl. Schön war es. Aber für uns Sänger doch dann langweilig – immer wieder von vorne anfangen und es wird nicht alle.

Ein arbeitsreicher Tag ist zu Ende gegangen – wir kommen nun bald, bald zu Ende mit unsrer Festtagsarbeit. Heute nachmittag habe ich auch noch für Mutsch den Geburtstagskuchen gebacken, und er ist mir gut geraten. Heute abend noch decke ich den Geburtstagstisch: die schöne Tasche, 2 Putzbürsten, 1 Butterglocke, ein Blumenstrauß – lauter schöne Dinge, sie wird sich ja freuen! Du!!

Heute kamen schon Ostergrüße an, vom Häsel aus Thüringen und von P.s aus Barkelsby! Ich soll Dich von beiden recht herzlich grüßen, Herzlieb!

Du! Heute blieb Dein Bote wieder aus, Du bist gewiß mit auf dem Vormarsch, mein [Roland]? Ich will ganz ruhig und geduldig abwarten, bis ich wieder von Dir höre. Ach, Herzlieb! Du, gestern, ich hatte gerade Deinen Brief zugeklebt, da begann es im Radio! Es war nach den 5 Uhr Nachrichten, eine Sondermeldung löste die andere ab! 6 Meldungen binnen 2 Stunden – ich saß wie gebannt mit Mutter und Vater vorm Apparat! Vater lief dann schnell in seinen Dienst, da hat er auch Radio, um nichts zu verpassen. Mir ging keine Arbeit mehr aus den Händen, ich saß auf dem Sofa, den Atlas auf den Knien und lauschte und suchte und verglich. Du! Alles habe ich so wie mit Dir einst in Schmilka mit Stecknadeln abgesteckt, jede neue Eroberung. Und nichts ist mir entgangen. Ich wußte manchmal garnicht, was ich denken sollte, kann es denn nur möglich sein, dieses schnelle, beispiellose Siegen und Vorwärtsgehen? Und als gegen 7 Uhr die Meldung kam, eine ganze griechische Armee habe kapituliert, da war ich so überwältigt, so tief bewegt, daß ich meine Hände faltete und Gott ganz innig dankte für seine Gnade; das Deutschlandlied erklang, gestern zum ersten Male wieder seit dem Siegen in Nord und West. Mit heißem Herzen verfolge ich Euren Kampf; alles erlebe ich mit, was uns in der Heimat von Euch Tapferen berichtet wird. Ich bin bei Euch, bei Dir, mit meinem ganzen Herzen, so ganz mit Leib und Seele. Wie ma[n] nur bei einer Sache sein kann, wenn man jung ist – und sein Liebstes mit dabei weiß. Du!!

Dann – Saloniki genommen, unfaßbar ist mir alles, noch heute. Von welch unbändigem Willen zu siegen, welch unbändigem Glauben an ihre Stärke sind unsre Soldaten beseelt. Wie unendlich tapfer kämpfen sie für ihr Vaterland! Gott möge weiterhin segnend mit unserm Heere sein – mein inniger Wunsch ist das.

Geliebter! Ich weiß auch Dich dabei. Ich vertraue Dich unserm Vater im Himmel an. Er wird mein Flehen erhören – er wird schützend seine Hände über Dich breiten. Meine tiefe, heiße Liebe wird nicht müde, Dich zu rufen, zu halten! Du!! Du!!! Hörst Du mich[,] Geliebter? Ich rufe Dich heim! Heim zu mir!! Du mußt mir bleiben! Du wirst mir bleiben! Gott hat uns lieb. Wir lassen seine Hand nicht los, die uns führt durch alle Gefahr.

Ob Du wohl an die Küste von Griechenland kommst? Mein Herzlieb! Gute Nacht! Schlafe süß in fremdem Lande. Deine [Hilde] betet für Dich, sie ist ganz fest bei Dir mit allen ihren Gedanken und besten, liebsten Wünschen! Du!! Du!!! Ich liebe Dich! So innig! In alle Ewigkeit!

Gott sei Dir gnädig! Ich bin und bleibe in Liebe und Treue

ganz Deine [Hilde]. Dein!!!!!

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Autor Hilde Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Hilde Nordhoff

Foto von Hilde Nordhoff. Nahaufnahme, Person im Sommerkleid, im Hintergrund Bäume.
Ba-OBF K01.Ff2_.A12. Hilde Nordhoff, 1940, Oberfrohna, Fotograf unbekannt, Ausschnitt aus Fotoalbum.

Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.

Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946