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[OBF-410420-002-01]
Briefkorpus

Sonntag, am 20. April 1941.

Mein geliebtes, teures Herz! Du mein lieber, guter [Roland]!

Herzlieb! Heute endlich! Heute ist er bei mir, Dein lieber Bote vom Sonntag, dem 7. April. Ach, Du weißt ja nicht, wie sehr ich auf ihn wartete! Wie ich ihn herbeisehnte, den Boten vom Liebsten! Du! Heute wäre es der 4. Tag gewesen, daß keine Post gekommen sei für mich! Du!! Nun bin ich aber ganz froh und glücklich! Gestern, an meinem Ehrentag (der Volljährigkeit!!) habe ich ja sooo sehnsüchtig nach ihm ausgeschaut. Früh vergeblich – nachmittags vergeblich. Ach Du! Ich wollte doch beinahe ganz traurig werden, Herzlieb! Aber ich wußte doch, daß es nicht Deine Schuld ist! Du vergißt mich nimmermehr! Du!! Ich weiß es! Es war recht gut, daß die lieben Eltern [Nordhoff] unser Besuch waren gestern, so bin ich immer wieder auf frohe Gedanken gekommen, und ich hing dem Enttäuschtsein nicht immer nach. Nun bin ich heute, am Sonntag doch belohnt worden, für mein Warten! Und ich weiß, Herzlieb!! Du!! Ich weiß, und könnte ganz laut jubeln vor Freude, bei diesem Gedanken!, daß die Mutsch noch einen ganz lieben Brief für mich bereithält!

Du Lieber, Guter! Du!! Die Mutsch hat einen heimlichen Auftrag von Dir bekommen!, sie tut so geheimnisvoll! Sie versteckte sofort den Brief, den Du ihr heute schicktest! Du!! Mein Herz hat ja so geklopft dabei! Ich bin nun garnicht neugierig! Ich bin ganz froh und glücklich und zufrieden, weil ich nun weiß, er ist da! Er ist da, der Geburtstagsbrief!! Ich wundere mich nur, weshalb sie ihn nicht hergibt, der Geburtstag ist ja nun vorbei! Vielleicht erst zum Mittagessen? Wer weiß? Es ist mir so feierlich zumute, wie vor der Bescherung, Herzlieb!!

Ach, Geliebter! Nur Du allein weißt, wieviel innige, große Freude Du mir schenken kannst, mit Deinen lieben Boten. Und der Geburtstagsbote, das war immer schon ein ganz besonders lieber und schöner!

Mein Herzlieb! Es ist Sonntagvormittag um 10 Uhr, da ich mich hinsetzte, Dein zu denken. Die Eltern [Nordhoff] sind mal runter zu Großmutter [Laube] gegangen; derweil bereitet Mutsch den Braten (Hasenbraten!) Wo der Fritze II  ist, das weiß ich garnicht, er wollte einen Weg besorgen.

Wenn soviel Besuch da ist und wenn es soviel zu erzählen gibt, da findet man ja kaum ein Stündchen zur Besinnun[g]. Ich kam gestern absolut nicht dazu, Dir zu schreiben.

Früh legten wir die Wäsche vollends, nach dem Essen sind wir gleich noch auf die Mangel (es war so eng, weil die Wäschekörbe umherstanden); dann habe ich mit Mutter [N].[sic] gebacken. Rührkuchen und eine Pflaumentorte. Ehe wir uns versahen, war es 5 Uhr nachmittags und um diese Stunde galt es, den [L].[sic] Vater von der Bahn zu holen. Anschließend kaufte ich noch Verschiedenes ein zum Abendbrot. Unterdessen hatte Vater Kaffeestunde gehalten zu Haus und schloß sich nun mir gleich nochmal an, auf einen Gang nach der Stadt (zum Photographen!) Vorher hatte er mir feierlich zum Geburtstag gratuliert, mit einem feinen Blumenstrauß; Rosen, Nelken, Tulpen, Levkojen! Und hatte mich volljährig erklärt vor allen Anwesenden! Und ich solle aber diese neue Macht nur zum Guten anwenden!!

Wir haben so gelacht über seine Rede!

Was glaubst Du, wie stolz Vater, mich am Arme!, durch die Stadt ging! Alle Leute sahen auf zu uns. Die beneideten vielleicht Vater um so eine junge Frau?!

Auf dem Heimweg sind wir 2 zu Herrn S. rein gegangen, ich gratuliere ihn [sic] doch immer zum Geburtstag und er mir! Er hat sich sehr gefreut und weil Vater mit kam, erst recht. Feinen Likör kredenzte er uns. Als wir ankamen daheim, voll Stimmung, warteten sie schon mit dem Abendbrot!

Schön und recht gemütlich war es dann abends noch. Um 8 Uhr kam Ilse Sch., die treue Seele, mir zu gratulieren und brachte mir wieder ein niedliches Geschenk mit. Das kann ich Dir garnicht beschreiben, das muß ich Dir zeigen! Dickerle!

Es ist wieder etwas in unsre Wirtschaft [sic]! Gegen 12 Uhr sind wir zu Bett. Wir haben so oft Dein gedacht gestern, Herzlieb! Du mußt es ja gespürt haben, Du!! Genau so innerlich froh, wie ich Dein Gedenken spürte, Du! Trotzdem ich es nicht schwarz auf weiß in Händen hielt, Du!! Wie könntest Du anders, als daran denken, mein [Roland]! Mein erster Geburtstag in unsrer jungen Ehe! Wir hätten ihn uns wohl anders ausgemalt, nicht wahr? Aber ich bin ja schon so ganz zufrieden, wenn ich Dich nur gesund weiß, Du mein Sonnenschein!!

Eine ganz große Freue wurde mir gestern doch: Deine Filme bekam ich vom Entwickeln! Du!! Du warst mir nun soo gegenwärtig! Und wie haben wir uns alle gefreut an diesen vielen, schönen Bildern! Paarmal nahmen wir sie her gestern abend! Und Du gefällst mir doch soo gut! Mein lieber Matrosenhubo! Du!! Heute bekomme ich nun die näheren Anweisungen dazu, wie ich mit den Kameradenfrauen verfahren soll. Und was ich Dir schicken soll. Recht so, mein Mannerli! Ich habe Dich verstanden! Wird alles gut besorgt. Nur, nun habt Ihr meine Korrespondenz noch um 2 mehr erweitert, Ihr Soldatenburschen! Na, ich tu es gerne! Wie froh wäre ich denn nicht, wenn mir von irgend einer Frau Bilder meines Herzlieb zuschickt würden!!

Du! Es ist 11 Uhr vorbei! Wir wollen heute zeitig Mittag essen. Es ist schönes Wetter draußen und das lockt, zum Spazierengehen! Ach Du!! Wenn Du nun bei uns wärst!! Zu schön, um wahr zu sein! Aber weißt, Herzlieb! Wenn ich Dich jetzt zu mir her auf Urlaub haben möchte, noch so gerne, ich würde Dirs´ nicht wünschen. So viel Gefahr und Strapazen müßtest Du auf Dich nehmen! O nein – ich wollte es nicht! Da weiß ich Dich doch jetzt viel sicherer und geborgener! Du!! Ich will ganz geduldig warten bis zum Frieden und dann magst Du kommen, sollst die Reise nur einmal tun!

Mein Herzlieb! Du!! So ist es doch viel besser und vernünftiger! Eben muß ich nochmal daran denken, daß Du mir die Sorge nehmen willst in einem Deiner l.[sic] Boten, Du könntest zu viel Wein trinken! Du!! Verschließe Dich nicht ganz dem Alkoh[o]l! Im fremden Lande, man muß mit allerlei Krankheiten rechnen: Malaria u.s.f. da ist es schon gut, wenn der Körper genug Widerstand, Gegengift aufweist. Jedenfalls erscheint mir dann Alkohol noch besser als Chinin, gesundheitlich gesehen. Du wirst schon kein Saufaus! Das weiß ich! Dickerle!! Du!!!

So. Sie rufen, drängen! Ich soll für heute schließen. Ich bin ja mündig und tue, was ich will! Du!!

Und darum küsse ich Dich jetzt erst noch ganz lieb! Und ganz innig! Du mein herzlieber [Roland]! Ich hab Dich ja sooooo lieb! So ganz sehr lieb!

Du!! Weißt es doch, mein Geliebter!

Gott behüte Dich! Du, all mein Glück! Mein Leben! Morgen fasse ich Deine liebe Hand wieder ganz fest!! Nun mein [Roland]! Leb wohl! Auf Wiederhören!

Mögest Du auch einen frohen, gesegneten Sonntag verleben! Ich weiß, Du denkst mein, soo lieb und treu. Wie ich Dein! Gleich trage ich erst den Brief noch weg! Du! Wie mich schluckt jetzt! Du bist bei mir mit Deinen Gedanken, bei uns allen!

Sie grüßen Dich alle, mein Lieb! Die lieben Eltern!

Und Deine [Hilde] ganz besonders lieb und zärtlich!

Du mein liebster Herzensschatz! Deine [Hilde], Dein!!!

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Autor Hilde Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Hilde Nordhoff

Foto von Hilde Nordhoff. Nahaufnahme, Person im Sommerkleid, im Hintergrund Bäume.
Ba-OBF K01.Ff2_.A12. Hilde Nordhoff, 1940, Oberfrohna, Fotograf unbekannt, Ausschnitt aus Fotoalbum.

Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.

Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946