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Briefkorpus

Freitag, am 6. Juni 1941.

Mein geliebtes, teures Herz! Du mein lieber, guter [Roland]!!

Puh – ist das wieder eine Hitze heute!!

Ich habe mich eben von Kopf bis zu Fuß [sic] kalt abgewaschen und frisch angezogen – trotzdem ist mir noch heiß. Neben mir auf dem Tische steht ein Krug voll Buttermilch, bald wird er nicht mehr voll sein! Wie war es doch gleich? Mein Dickerle mag keine?! Kann ich sie immer ganz allein trinken!

Du!! Heute habe ich erstmal unsre ganze Wohnung richtig gesäubert, fein neuwaschen sieht es jetzt aus bei mir. Von heute morgen 7 Uhr bis um 4 [Uhr] nachmittags habe ich zugebracht mit allem. Und dann war ich anschließend gleich noch einholen. Liebe Zeit, wie viel Zeit man sich doch jetzt mit dem bissel Einholen vertrödelt. Jetzt ist es schon 6 Uhr vorbei. Wir wollen erst morgen baden, weil ich morgen einen Kartoffelkuchen mit  backen will – da brauche ich nur einmal einzufeuern. Man muß sich fein alles überlegen, damit man sparsam und vorteilhaft wirtschaftet! Und unsre Kohlen will ich lieber für den Winter aufheben – wenn es nicht unbedingt nötig ist[,] feuere ich nicht im Ofen. Ich koche auf Gas. Ich hab' es heute so sehr satt, es kommt von der Hitze. Aber der Mutter zuliebe gehe ich nachher noch ein Stück mit an die schöne Luft. Sie kommt den ganzen Tag nicht heraus. Und heute abend ist es auch bissel kühler, dann ist es angenehmer zum Spazierengehen.

Weißt, die Mutter hat es jetzt auch leichter – wenn sie vom Geschäft kommt, ist alle Arbeit getan und sie kann die übrige Zeit ganz für sich nutzen. Es tut ihr auch so gut, wenn sie sich ein paar Stunden am Tage erholen kann. Weißt, Herzlieb! Aus unsrer Ferienreise scheint mir, will garnichts werden. Alle schreiben mir ab. Ich persönlich mache mir ja nichts daraus – doch die Mutch hätte ich so gerne mal fort gehabt. Sie muß einmal aus ihrem Alltag heraus. Nun habe ich schon gedacht, daß ich bei Frau Sch. mal anfrage? Und wenn wir eine Woche da blieben – in der „Helvetia“ würden wir essen. Ich will nur mal anfragen. Sag, Herzlieb? Du ha[s]t noch garnichts dazu gesagt!! Ist es Dir denn auch recht, wenn ich mal mit Mutter verreise?

Woanders sind alle Zimmer und Gasthäuser für den ganzen Sommer schon belegt.

Aber später als Juli will ich nicht fort von Hause [sic], denn dann hoffe ich ja auf mein Herzlieb!!! Ach Du!! Du!! Dieser Tage ist wieder ein Matrose im Orte – ich habe dem Paar schon sooo sehnsüchtig nachgeschaut!! Geliebter!! Geliebter!! Du!!! Wenn Du erst bei mir bist!! Ach Du!! Wie ich mich schon so freuen muß! Aber ganz, ganz leise erst Du!!! Herzlieb! Heute kam Dein lieber Bote vom Freitag, den 30. Mai. Ich habe mich recht sehr gefreut darüber und ich danke Dir recht sehr, Herzlieb!!

Schreibst mir eben auch, daß Du fein gebadet hast! Ich bin ja so froh, daß Du dort so eine feine Gelegenheit hast, wie muß Dir’s wohl sein nach dem Bade, wenn es immer so heiß ist dort. Ihr könnt Euch wohl in Eurem Zimmer nicht mal ganz abwaschen? Jeden Morgen, ehe Du zum Dienst gehst ganz kalt waschen, daß wäre doch schön! Oder springst Du vorm Wecken gleich mal ins Meer? Zu einem Start in die blauen Fluten? Aber ich weiß schon, Du bist doch dem Wasser nicht so gut wie Deine [Hilde]! Wenn ich da wäre, wo Du bist – bei mir wäre die Hauptsache das Meer! Das stünde fest!! Und wenn es zehnmal verboten wäre, darin zu baden, ich ginge rein. Oh, wie schön!!! Ich muß überhaupt auch wieder mal schwimmen gehen nun, ich habe bloß keine Zeit dazu. Hab den ganzen Tag mein Programm. Höchstens früh beizeiten, da ist es auch am allerschönsten im Wasser. Da hat sich der ganze Schmutz auf den Boden gesetzt – und man ist auch so schön allein da. Nur – bissel kalt ist es eben, weil die Sonne um diese Zeit noch nicht da ist. Na, wenn ich diesen Sommer nicht zum Schwimmen komme, ärgere ich mich auch nicht. Ich bin sowieso ganz schlank geworden, ich merke es an all meiner Sommergarderobe. Das geblümte Sommerkleid, weißt das: „Rührmichnichtan“ Du!! – das ist soo weit, muß ich erst abnähen, ehe ich’s anziehen kann. Hoffentlich erkennst Du mich wieder, wenn Du heim kommst Herzlieb!! Kannst mir mit einem Arm um die Taille fassen und hinten wieder herum!!

Sogar die Leute fragen mich, ob ich mich zu sehr härmen würde, weil Du fort bist, weil ich so abnehme. Aber im Gesicht spüre ich noch nichts, Dickerle!

Ob ich mich härme? Ja und nein!

Ich sorge mich – ich will mich aber nicht zu viel sorgen, ich weiß, Dir geht es im Moment gut, Geliebter!! Und Du schreibst mir die Wahrheit, das weiß ich. Ach, Geliebter!! Welche liebende Frau sorgt sich nicht um ihr Liebstes!? Das ist ja so selbstverständlich – und selbst wenn ich weiß, daß es Dir gut geht – ich muß mich sorgen um Dich. Zum Leben gehört nun einmal nicht nur Essen und Trinken und ein Bote. Es ist Krieg – jeder muß opfern im Krieg – wir müssen ein gemeinsames Leben voll frohen, innigen Beisammenseins opfern – Geliebter!! Nur für eine Weile!! Und opfern, das ist auch zu viel gesagt! Wir leben doch weiter zusammen, ganz lieb und eng und zärtlich!! Ach Du!! Es ist vielleicht nur die große Sehnsucht und das Verlangen nach Deiner Liebe, das mich so verzehr[t]. Aber das geht vorüber! Du!! Und ich bin ja ganz stark. Ich kann lange warten auf Dich, mein Geliebter!! Du!! Die Sehnsucht wird mich nicht aufzehren! O nein!!! Wenn ich an Dich denke, Du!! Und wenn ich denke, daß Du Dich doch ebenso sehr sehnen mußt wie ich, dann will mir alles so leicht werden!! Oh Herzlieb! Ich kann alles um Dich ertragen – alles!

Und Du sollst Dich auch garnicht sorgen um mich Herzlieb!! Ich bin ganz Deine [Hilde], Deine treu[e], starke [Hilde]. Und so wird es auch immer bleiben. Ich gehöre Dir allein für dieses ganze Leben! Ich liebe Dich! Dich allein! Von Anbeginn! Ach Du!! Du!! Du weiß das doch schon! Du!!! Ich muß es Dir nur immer wieder sagen, Geliebter!! Weil ich sooooo froh und glücklich bin in Deiner Liebe! Sie ist das Köstlichste, das mein ist auf Erden! Du!! Du!! Bleibe mein!!! Geliebter!!

Der Herrgott sei immer mit Dir! Er lasse Dich bald, bald heimkehren zu Deiner Holde [sic]! Du!!!!!

Herzlieb! Ich lege Dir heute einen grünen [Geld]Schein bei!

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Autor Hilde Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Hilde Nordhoff

Foto von Hilde Nordhoff. Nahaufnahme, Person im Sommerkleid, im Hintergrund Bäume.
Ba-OBF K01.Ff2_.A12. Hilde Nordhoff, 1940, Oberfrohna, Fotograf unbekannt, Ausschnitt aus Fotoalbum.

Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.

Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946