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[OBF-410619-002-01]
Briefkorpus

Donnerstag, am 19. Juni 1941.

Mein liebes, teures Herz! Die meine Herzlieb!! Mein [Roland]!

Heute ist Dein lieber Bote zu mir gekommen! Du!! Es dünkten mich ja die beiden Tage, die er ausblieb, eine Ewigkeit lang! Du!! Mein Lieb! Aber heute nun bin ich vom Warten erlöst, Geliebter! Dein Sonntagsbrief ist es, der mich heute erreichte. Die Briefe vom Donnerstag an bis Sonnabend fehlen noch, sicherlich sind sie irgendwo steckengeblieben.

Nun weiß ich wieder, wie es meinem Herzlieb geht! Daß es noch gesund und munter ist! O ja, am Ende zu munter! Möchte ja gleich mal heimkommen zu mir! Soviel Munterkeit und Unternehmungslust steckt im Hubo! Und sooo viel Sehnsucht und Liebe will erlöst sein! Ja, Herzlieb! Ich kann's verstehen!

Und wenn es nach Dir ginge, dann würdest Du schon bald einmal kommen – und ich weiß genau, daß Du die weite, weite Reise nicht scheust! Aber weißt! Wir wollen ganz vernünftig sein und geduldig! In ein paar Wochen – wenn's auch 2-3 Monate noch dauert, aber dann bist Du bestimmt an der Reihe mit dem Urlaub. Dann ist das halbe Jahr Wartezeit gut um. Wir wollen nur hoffen, daß keine Urlaubssperre wieder eintritt – ich gönne es allen Soldaten vom Herzen, daß sie wieder einmal heim dürfen, bevor zum letzten Schlag ausgeholt wird. Denn daß nun bald zum letzten Schlag ausgeholt wird scheint mir so gut wie sicher. Gestern, am 18. Juni wurde in Ankara der Deutsch-Türkische Freundschaftsvertrag unterzeichnet, ich hörte es vorhin in den Nachrichten. Das zu hören erfüllte mich richtig mit Genugtuung. Die Türken wußten anfangs nie so recht, zu wem sie halten wollten. Und ich hatte immer Angst, daß sie sich zu England bekennen würden. Sie sind bestimmt durch die Balkantragödie sehend geworden; war ja beinahe nicht mehr anders zu erwarten, nachdem alle Aufwiegler stumm gemacht wurden von der Deutschen Wehrmacht. – Ich habe das Gefühl, daß der Russe noch an unsrer Seite kämpfen wird. –

Unsre Quartierssoldaten schreiben uns, nette Briefe. Und ich ersehe manches daraus, was die jetzige Lage betrifft. Es wird sich ja nun bald ergeben, was unterdessen angebahnt wurde. Uns[e]re französischen Gefangenen komme[n] in's Vaterland zurück, (sie werden scheinbar jetzt nützlicher gebraucht!). Komisch, es ist einem, als ob alles nach einer Entscheidung zu drängt, als hinge ein Gewitter in der Luft. Ach, wir wären ja alle so froh, wenn nun endlich das Letzte dieses unseligen Krieges überwunden würde. Noch ein Jahr? Ob wir das aushalten? Der Mensch hält viel aus – das bewies ja auch schon der vorige Krieg. Aber alle Menschen haben es satt. Gebe Gott, daß alles zum Guten sich wende, möchte er uns gnädig beistehen allezeit!

Mein Herzlieb! Du!! Ich habe mich ja so sehr gefreut über Deinen lieben Brief, heute! Und ich möchte Dir ganz lieb danken dafür, Du!! Liebster!! Soviel Liebes sagst Du mir wieder! Beglückst mich ja so sehr und machst mich so froh! Ach, wieviel Glücklichsein, wieviel Freude und Wonne, Dein Weib zu sein! Du!! Du!!! Du!!!!!!!!!!!!!! Ich hab doch das allerliebste, allerbeste, allerguteste [sic], das allertreueste Mannerli auf der ganzen Welt! Und ich muß Dir's auch mal sagen, ich muß Dir's wieder einmal sagen, weil ich so sehr froh bin! Du!!!

Und Du sollst darum auch ganz froh sein mit mir! Du!! Wie glücklich sind wir doch miteinander! Du machst mich so ganz glücklich Herzlieb und Du erfüllst mich bis in den geheimsten Winkel meines Herzens. Ach Du!! Welche Seligkeit!: Auch ich bin all Dein Glück! Geliebter! Mein [Roland]! Der Herrgott segne unser Glück. Ich habe den Menschen gefunden, den einzigen, an den ich mich ganz verschenken kann, Du! Und wer solches Glück fand, der nur kann recht lieben! Der nur ist glücklich! Denn Liebe ist ein Ganzes.

Du mußt mich lieben – und ich muß Dich lieben – Wir beide sind füreinander bestimmt – wir dürfen lieben, lieben – Du!!! Du!!!!! Ach, das ist ein so großes Glück, eine so große Gnade! Und dieses Glück verbreitet soviel Sonne und Wärme und Jubel im Herzen- und Kraft zum Durchhalten und Leben! Und es ist doch nichts Lieberes, als den anderen glücklich zu wissen, glücklich zu sehen. Du!! Lieben und Geliebtwerden innig gemischt, sie sind in der Liebe, der wahren. Ach Du, das läßt sich garnicht sagen und erklären. Du der großen tiefen Liebe ist so viel Eigenes, Wundersames. Oh Herzlieb! Dieses Thema ist unerschöpflich – und ich könnte so wie Du, lange, lange mit Dir davon plaudern! Und ich könnte alles wiederholen, was Du mir Liebes gesagt hast!! Weil du mir so recht aus der Seele gesprochen hast! Geliebter mein!! Du!!!!!

Ach Du!! Wenn Dur [sic] nur erst wieder einmal bei mir bist! Oh Du! Du!! Du!!! Geliebter! Dann möchte ich mit Dir irgendwo sein wo uns keiner kennt, dann möchte ich Dich sooooooooooooo liebhaben!!!!!!!!!!!!! Du!! und mich ganz satt trinken! Du!! Kein Mutterauge müßte dann prüfend, fragend auf mir ruhen – Du!!! So wird es sein unser[e]m eigenen Heim, mein [Roland]!

Ach, ist es denn recht, wenn ich so daherrede? Es dürfen sich doch alle freuen an unserm Glück, und die Eltern zuerst – aber, Herzlieb! Unser heimliches, süßes Glück, das mag ich nur vor Deinen Augen enthüllen – niemand außer Dir soll auch nur die Spuren unsres Glücklichseins erkennen. Du!!! Du!!! [Roland], mein [Roland]!

Wenn du erst wieder bei mir bist! Ach Du!! Laß' mich heute aufhören, ich muß sonst zu lieb Dein denken, Du!!!

Herzlieb! Heute früh habe ich Dir ein Bündel Zeitungen abgesschickt, „das Reich“ und die „Berliner Illustrierte“, ob Du Dich freuen wirst? Ich wollte das schon viel eher, bin aber immer wieder davon abgekommen. Wenn Du einverstanden bist, schicke ich sie Dir alle Wochen, wenn wir sie gelesen haben! Dann nützen wir sie aber richtig aus, was? Wenn 2 Familien lesen!! Na, wir sind ja noch keine Familie!

Du! Ich habe auch heute einen Hunderter abgehoben, weil wir verreisen – es tut mir ja eigentlich sehr leid! Du !! Aber, umsonst nimmt einen keiner auf! Mal sehen, wieviel davon flöten geht!

So. Nun muß ich aber noch bissel etwas machen – pfui! bissel arbeiten, mein' ich!! Morgen ist ja schon Freitag! Heute will ich nicht zur Singstunde gehen.

Bis morgen auf Wiederhören! Mein Lieb! Bleib schön gesund! Behüte Dich Gott! Du!! Ich hab Dich so ganz sehr lieb mein [Roland]. Sooo sehr, wie Du mich liebhast! Du!!! Ich bin und bleibe Dein! Immer und ganz Dein!!!!! Du!!! Du!!!!!

Deine [Hilde],

Deine Holde. Du!!! Mein Lieb!!!!!

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Autor Hilde Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Hilde Nordhoff

Foto von Hilde Nordhoff. Nahaufnahme, Person im Sommerkleid, im Hintergrund Bäume.
Ba-OBF K01.Ff2_.A12. Hilde Nordhoff, 1940, Oberfrohna, Fotograf unbekannt, Ausschnitt aus Fotoalbum.

Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.

Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946