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[OBF-410807-001-01]
Briefkorpus

Donnerstag, den 7. August 1941

Mein liebes, liebes Weib! Meine Hilde, Du! Geliebte!!!

Herzlieb! Herzlieb!! Es zittert doch noch alles in mir vor Liebe und Freude – – Du!!! Du!!!!! Oh Geliebte! Wie soll ich das sagen?! Dein Hochzeitsgeschenk, das gestern gekommen ist, die Bilder meine ich! Ich nehme sie doch als ein ganz ganz liebes Geschenk von Dir – das Du eigens für mich gedacht hast, ja? Du!!! Du Liebe, Gute!!!!! Oh Geliebte! Weißt Du denn, wieviel Sehnsucht Du in mir geweckt hast? Du!!! Du!!!!! Und wieviel Freude!!!!! Und wieviel Stolz!!!!! Und alle Liebe!!!!! !!!!! !!!

Oh Herzlieb! Herzlieb!! Nach meinen liebsten, schönsten Liedern möchte ich sangen [sic]: „Ich möchte jubeln in alle Winde!“ „War so jung und morgenschön!“ „Ich liebe Dich in Zeit und Ewigkeit!“ Ach Herzlieb, und sie langten nicht hin, um alles zu sagen, was das Herz bewegt.

Ach Du! Ich muß Dir noch weiter erzählen von meiner Freude – aber Du darfst mir nicht weglaufen, darfst nicht hingehen und den Kaiser heiraten – da wär ich doch ganz traurig sogleich! Du!!! Ich bin ja mirt Dir viel glücklicher als der Kaiser – und so viel ferien [sic] hat der auch nicht. Wirst bei mir bleiben? Du!!!

Du Dummerle, ich glaub, Du wunderst Dich noch darüber, daß Dein Mannerli so aus dem Häusel ist?

Herzlieb!!! Du!!!!! Mein liebes, junges, schönes Weib steht vor mir – glückstrahlend. Oh Du! Dein Mannerli schaut wohl entzückt auf alle Wohlgestalt, aber das ist doch nur die Hälfte seiner Freude. Was sein Herz so jubeln und jauchzen macht: Daß Du mein bist, mein Weib!!!!! Daß ich allein weiß und schätzen kann, wie diese Wohlgestalt allenthalben Ausdruck ist Deines geliebten Wesens: gerade, natürlich, gut, gläubig, jung und lebensfroh! Daß ich Dich ganz besitze!!! Daß ich weiß, welch hohe, liebe Gedanken dieses Herz bewegen, seine geheimsten Wünsche!!! Oh Herzlieb! Wenn ich Dich umfange, dann bist Du ganz, ganz mein! Ach, wenn ich Dich so schaue, dann regt sich doch so mächtig der Wille – nicht nur zu schauen – oh Du!!!!! Dann regt sich der Wille so lieb und mächtig, zu diesem Glück noch größeres Glück zu fügen – kann ich das, Geliebte? Kann das Dein [Roland]? – Mein Weib! Mein liebes, liebes Weib! Von Anbeginn war unsre Liebe uns mehr als ein Abenteuer, als ein Spiel – und unser beider sehnlichster Wunsch ist es, diese Liebe zu bewähren, zu betätigen – sie treibt uns dazu und bedrängt uns, weil sie so groß und echt ist. Und wir bitten Gott, daß er es fügen möge, daß er uns Seit an Seit durch dieses Leben gehen läßt. Aber noch tobt das böse Kriegsgewitter – und all unsre große Liebe, sie muß warten, wir müssen sie uns von der Seele schreiben, sie bereitet uns Schmerzen – ach, und Dir, meinem lieben Weib wohl die größeren Schmerzen, denn in Deinem Wesen liegt es, sie diese Liebe in besonderer Weise des Umsorgens zu betätigen. Viel öfter mußt Du empfinden, daß Deine Arme ins Leere greifen. Geliebte!!! Mein liebes, liebes Weib!!! Ich kenne Deinen geheimsten Herzenswunsch – ich weiß, wie ich zu unserem Glück noch größeres Glück fügen kann – ich fühle, wohin all unsre große Liebe drängt – wie ich Dir mit der Erfüllung des Wunsches helfen kann, wie unsre Liebe einen ganz großen Inhalt bekäme – – – – unser Kindlein. Und Dein liebes, liebes Bild, das Dich mir zeigt so voll Lebensmut und Schaffensfreude und voll Glückträumen, das stellt mir all das doppelt lebendig vor die Seele. So wie ich weiß, es beglückt weiß, daß Du ganz mein Weib bist, und daß Deine Liebe Dich so zu mir (Dich) neigen läßt und bei mir anlehnen, so weiß ich auch, wie tapfer Du sein kannst, wie groß Du denken magst. Du willst mit mir kämpfen, willst eine Aufgabe, die nicht kleiner ist als die meine. Herzlieb, und Du weißt, daß auch ich nicht klein denke, daß ich in meinen Dingen gar nicht so leicht verzage – daß ich schon hart geworden bin in meinem langen Alleinsein und hart sein kann.

Bei Dir, Geliebte, bin ich doch erst anders geworden – wie froh bin ich darum! Und seit Du an meiner Seite gehst, habe ich das Zagen und Sorgen recht eigentlich erst kennengelernt. Mit Dir sorge ich um das kostbare Glück unsrer Liebe! Und Deine dunklen Ahnungen und Gefühle und Stunden, ich muß sie mitempfinden, damit ich sie Dir all vertreiben kann.

Und so bin ich mit Dir in einer rechten Herzensnot!:[sic] Wir sind wohl bereitet, uns ein Kindlein zu wünschen. Und so deutlich empfinde ich es heute, wie erst diese Stunde höchste, letzte Erfüllung unsrer Liebe und unsres Glückes sein wird!!! Und Du weißt, Herzlieb, daß ich mich nicht fürchte vor dem Ernst dieser glücklichsten Stunde, daß ich vor dem Sichtbarwerden uns[e]rer Liebe nicht scheue, daß ich ja mit Dir sooo sehnlich der Stunde harre, da sie sichtbar wird in unserem Schaffen, in unserem Heim – und Du mußt es fühlen, wie ich Dich sooo soooo reich beschenken möchte – ich will auch all meine liebsten Träume darangeben. So magst Du mich ganz bereit finden. – Aber da steht neben mir die Sorge und Gedanken, die mich irre machen in meinem Wollen, die es brechen wollen.

Und zuerst stehst Du vor mir, geliebtes Weib, all mein Reichtum, mein Leben, mein Herzblut!!!!! !!!!! !!! Das erste Kindlein ist das schwierigste – es kann um Leben und Tod gehen. Aber das steht bei Gott, und dazu kann Dein Mannerli nicht anders helfen als mit seinem Gebet. Aber überall da, wo ich anders Dir helfen könnte, da müßte ich fehlen. Ich weiß tief beglückt, daß Du Dir von mir am allerliebsten helfen läßt, und daß ich Dir helfen kann – und sei es mit einem Blick, einem lieben Wort, einem Lied, das ich Dir singe. Herzlieb! Wie gern ich Dir helfen möchte! – und verantwortlich und verpflichtet fühle ich mich, Dir zu helfen!!!. [sic] Und es ist mehr zu sorgen und zu helfen in dieser harten Zeit! Das tägliche Brot – wieviel größer ist die Sorge darum als vor einem Jahre noch! Der Winter – er wird noch härter uns anfassen als der verflossene! Und dazu all der Druck, der seelische, dieser schweren Zeit! Ein Schreck, ein Kummer, ein böser Traum – Geliebte!

Will ich Dir bange machen? Du!!!!! !!!!! !!!

Ach ich weiß, wie tapfer Du sein kannst – und ich glaube auch, daß Du hart sein kannst. Aber ist das die rechte Hülle fürs Kindlein – Trotz, Härte, Sorge? Und zur rechten Hülle des ersten Kindleins, gehört da nicht das Heim? – Geliebte! Du wirst mich recht verstehen. Du wirst verstehen, daß all diese Sorgen und Gedanken der gleichen großen Liebe entspringen wie der Wunsch, Dich sooo reich zu beschenken. Oh Du mein Herzensschatz!!! Du mußt mir blieben!!! Du, meine Wiederkehr, meine Heimat!!! Gott im Himmel aber kennt uns! Er sieht unsre Not. Er wird sie wenden. Und wir wollen noch einmal ganz lieb miteinander zu Rate gehen, wenn wir beieinander sind, geliebtes Herz!!!

Du! Wohin habe ich mich denn verloren über allem Herzensjubel? Du!!!!! Du!!!!! !!!!! !!! Ich habe Dich sooo, sooooo lieb!!!!! Und ich bin doch bei allem Ernst sooo froh, sooo herzensfroh, daß ich Dich habe! Daß Du mein bist! Und aller Ernst vermag doch auch die Freude gar nicht zu dämpfen auf unser Wiedersehen. Gott helfe uns dazu in Gnaden. Oh Herzlieb! Soooviel Freude wird sein, [g]roße, tiefe, reine Freude!!! Soooviel Liebe will dann verströmen! Ganz satttrinken werden wir uns müssen – und sattküssen – und sattsehen und sattkriegen? – nie und nimmermehr!!! Du!!!!! Geliebtes Weib! Mein Herzblümelein, mein liebes Dornröschen, mein Tausendschönchen!!! Herzlieb, alle Zärtlichkeit will aufstehen, will den Schleier aller Liebesheimlichkeit um Dich weben, meines Herzens Königin! Wo ist denn das liebe Händchen?, [sic] Du!!! Nimm das Schlüsslein, Geliebte!!! Oh Du!!! Oh Du!!!!! Herzlieb!!! – Wir wollen uns doch nicht Schmerz bereiten! Herzlieb! Und ich will es doch auch nicht. Ich denk[’] doch jetzt ganz stark und tapfer an Dich, an unser Wiedersehen, und das hilft mir!

Der Spieß hat doch heute meinen Urlaub in sein Büchel eingetragen – vom 289.8.41 – 24.9.41, und am 28. kann ich doch abfahren. Herzlieb, der Spieß ist nicht schuld, daß ich Dich enttäuschen mußte. Er wird eifersüchtig über meinen Urlaub mitwachen, er hält auf mich! Ist das nicht fein? Nun wollen wir nur brav aushalten die Tage noch. Ganz schnell vergehen sie mir – und will’s Gott, sitze ich in der Bahn in drei Wochen.

Heute habe ich doch von Dir gar keinen lieben Boten bekommen, aber Post hatte ich – ich sag Dir’s brav: Helene heißt sie, die mir schrieb! Das ist gar eine Forsche! Ich glaub, die will Dich ausstechen – oder mich mit Gewalt ins Gittchen bringen! Ich weiß nicht, wie sie aussieht, diese Helene, aber ich glaube, sie ist ein wenig stämmiger als mein Feinslieb. Sie lädt mich ein, meinen Urlaub bei ihr zu verleben. Sie hat schon Drasch! „Du mußt kommen!“ Und Wünsche hat sie! Ich glaube, sie hat nichts anzuziehen! – Das könnte ein lustiges Rendez-vous geben – wennm, wenn mein Schätzelein es dazu kommen läßt!

Kennst sie wohl gar, die Nebenbuhlerin? Bist eifersüchtig auf sie? Ich bin ganz sehr [sic]. Weil sie eine sooo liebe Tochter hat – und immer um sich hat – von der bekam ich neulich ein Bild – die hat auch nichts auf dem Leib – morgen will ich gehen und der ein paar Strümpeln kaufen an die nackten Beinel – und ein Röckel für das arme Wurm!

Oh Herzlieb, Herzlieb!!! Nun muß ich Deine lieben Hände loslassen heute – ich muß! Ich habe ganz viel Sehnsucht nach Dir! Aber ich will mich jetzt ganz frohgemut ins Bettel legen! Wirst Du immer mein warten? – Wirst Du immer mich liebbehalten? – Du mußt! Du kannst nicht anders – wie Dein [Roland]! Oh Geliebte, daß ich so frage! Weil ich Dich soooooooooo lieb habe! Weil mein Glück und meine Freude überfließen wollen!

Behüte Dich Gott! Er segne unseren Bund! Du und ich! Weiberli und Mannerli! [Hilde] und Hubo! Schlankerle und Dickerle!!! Schlaumeier und Dummerle!

Ach wer findet sich da noch hinein!!! Glückskinder beide! Du!!!!!

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Autor Roland Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Roland Nordhoff

Foto von Roland Nordhoff. Nahaufnahme, Person sitzend in einem Fensterrahmen.
Ba-OBF K01.Ff2_.A39, Roland Nordhoff, 1940, wahrscheinlich Bülk, Fotograf unbekannt, Ausschnitt.

 

Roland Nordhoff wurde 1907 in eine bürgerliche Familie in einem ländlichen Dorf im östlichen Sachsen, Kamenz, hineingeboren. Nachdem er ein Musikstudium aufgegeben hatte, arbeitete er als Dorflehrer in Oberfrohna, nahe Chemnitz. Im Frühjahr 1938 wurde er nach Lichtenhain in Sachsen versetzt

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946