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[OBF-410808-002-01]
Briefkorpus

[410808-2-1]

Freitag, am 8. August 1941.

Geliebtes, teures Herz! Du mein lieber, guter [Roland]! Du!!

Herzlieb!! Eben bin ich aus der Badewanne gestiegen, ach Du! Mir zittern richtig die Hände, so sehr habe ich gearbeitet. Ich bin schon ganz fertig mit Reinemachen, denke nur mal! Und schon gebadet! Und dabei zeigt die Uhr erst ½ 3 [Uhr] am Nachmittag. Ich mußte mich so sehr beeilen, weil ich noch viel anderes vor habe [sic]. Geheimnis!! —— 

Das wirst Du erfahren, wenn Du bei mir bist.

Morgen früh will ich auf die Mangel, nehme ich gleich die Mutsch mit, zu zweien geht's schneller. Es gab eine Menge Wäsche auszubessern, daß ich nicht eher zum mangeln komme. Ich habe daran denken müssen, wie das wohl mit der Wäsche wird, wenn die bösen Zeiten noch lange andauern – es geht alles kaputt und kein Stück kann nachgekauft werden. Na – wenn alle Stränge reißen, da muß ich meinen Vorrat angreifen. Es muß doch wieder mal anders werden, damit man seine Bestände auffüllen kann.

Ich sitze jetzt im geheizten Zimmer, habe mir sogar noch eine Wolljacke übergezogen, so kühl ist es bei uns! Und Du schreibst mir immer wieder von den heißen Tagen bei Euch in Saloniki. Ach, wenn's nur nochmal schön wird! Denn sonst wird uns ja der Herbst und Winter wieder zur Ewigkeit lang – wenn es jetzt schon beginnen soll!

Den 8. 8. haben wir heute. Du!!! Der August nimmt mehr und mehr ab! Ach, meinetwegen könnte ja gleich der 28. August sein!

Am kommenden Sonntag wird Dein Kamerad K. wieder abfahren aus der Heimat. Ich will nicht versäumen, ihm einen Abschiedsgruß zu senden. Weil er so liebenswürdig gegen uns ist.

Heute muß ich auch noch nach Kamenz, an die lieben Eltern schreiben; sie warten auf Antwort.

Sag? Wie war doch der Eltern Geburtstag gleich? 15. + 16. September? Potz-Blitz!! Hab ich's doch vergessen! Da werden wir nun doch erst die letzte Woche nach Kamenz fahren, ja? Kann ich erst noch zuhause krank sein. Na – das wird sich alles finden.

Die Frau G. kommt voraussichtlich am Mittwo[ch] gegen Abend von der Sommerfrische zurück. Sie bittet mich, sie an der Bahn zu erwarten. Sie fühlt sich so kräftig, um allein sich auf die Rückreise zu begeben. Mir ist das ja offengestanden auch sehr lieb. Ich hätte mindestens zwei Tage verdorben.

In einem Tage hin und zurück wäre der Verbindung halber unmöglich gewesen. Sie klagt, daß es nicht genug zu essen gibt. Das ist ja dann weniger nett. Auch der Herr G. schrieb mir aus Kissingen eine[n] 4 seitigen [sic] Brief! Ich war ganz platt!

Liebe Frau [Hilde], oben drüber! Er bedankt sich nochmals bei mir für meine Hilfe in der Not seiner Frau. Und als Belohnung machte er mir ein ganz liebes Geschenk. Das hat mich außerordentlich gefreut! Hier siehst Du es, Herzlieb! Die vielen Bilder! Alle zweimal, für den Herzliebsten im fernen Süden! So meinte er!!

Gefallen sie Dir? Nun siehst Du Deine [Hilde], wie sie vom „freiwilligen Hilfsdienst“ kommt! Die Tasche voll Kartoffeln (weil unsre alle waren). Damit ich ganz schnell hin und her konnte, zwischen Hain- und Schröderstraße, habe ich gleich mein Rädel benutzt. Und nun kannst Du Dich auch mit eigenen Augen überzeugen, ob Deine schönen Blusen passen! Du!!! Weißt, die rot-braune, die paßt ausgezeichnet zu meinem braunen Rock mit dem Bolero-Jäckcken drüber (was ich einst in Böhmen trug!) Da gucken mir alle Leute nach, wenn ich das trage. Und ich bin stolz drauf! Daß mein lieb's Mannerli sooo guten Geschmack hat!! Ach, Du hättest nur mal sehen sollen, als ich in Chemnitz — ach Du meine Güte! Das kann ich Dir nicht schreiben!!!

Ich erzähle Dir's lieber – Du!!! Du!!!!!

Von der Tante Herta bekam ich auch 2 Bildchen, als wir einst sonntags bei M.s waren und zum Flugtag auf dem Adelsberg. Nun kannst mich schnell nochmal von allen Seiten begucken, ehe Du kommst! Ob ich Dir auch so gefalle?, ich mein, mal so ganz ohne Positur – eben, wie man im Alltag sich gibt. Ich finde die Bilder ziemlich natürlich, sie gefallen mir. Und nun möchte ich mich aufraffen, und meinem früheren Herrn Lehrer einen Dankesbrief (zu) schreiben. Komisch ist das, glaubst? Dasredet [sic] er mich nun mit Frau [Hilde] an und paar Jahre früher, da war ich die [Hilde Laube]. Er gab nur Aushilfestunden, Hauptlehrer war Herr H. in unsrer Klasse.

Ich lege Dir auch mal das Bild mit bei, wo er mit seiner Frau und deren Stiefmutter in Neudorf sitzt. Das bringst aber bitte wieder mit!!! Lore sieht auf diesem Bilde gut aus, sie gefällt mir so. Und die Mieze? Ist die nicht goldig?! Ich freue mich immer wieder an Herrn G.s schönen Bildern. Da schickte er mir jetzt eine Karte aus Kissingen, mit einem Ausschnitt des Kurgartens, eigene Aufnahme, also wahrlich schön. Findest Du nicht auch?

Ich freue mich schon, wenn Du kommst! Du!! Vergiß nur Deinen Apparat nicht!! Herzlieb! Wir wollen doch unsere glücklichen Stunden auch im Bilde festhalten!! Du!!! Ich habe zwei Filme aufgehoben. Vielleicht bekomme ich noch einen. Damit wird's auch immer mieser hier!

Du!! Ich soll bessere Umschläge benutzen, weil die Briefe beschädigt ankommen? Mein Herzel! Ich tät's ja! Von Herzen gerne! Ich bekomme doch keine Umschläge! Hast ja keine Ahnung; wie es bei uns hier haußen hängt!! Du! Mit Mühe und Not kriege ich einen weißen! Es gibt meist nur blaue! Muß ich eben nun 2 nehmen. – Ich freue mich, daß Du nun von mir Nachricht hast! Die anderen Briefe kommen sicher alle nach – bei mir kommt das auch vor! Tröste Dich, Schatz!!! Und in Zukunft will ich die Anschrift ganz fein schreiben! Wenn ich kann!!! Du!!! Ach Herzlieb! Herzlieb!!!

Am liebsten würde ich heute selbst mit in Deinen Boten hineinkriechen! Ich muß mich sooo sehr sehnen nach Dir! Oh – ich muß Dich ganz sehr liebhaben! Und wenn ich heute von all unserm heimlichen Glück reden wollte, da müßte ich doch ganz traurig werden, weil es noch so viele Tage sind bis dahin, da es sich erfüllen soll! Ach Du!!! Du!!! Ich liebe Dich! Ich muß Dich so sehr liebhaben! Möchte Dich unser Herrgott schützen und behüten! Möchte er Dich gesund und froh heimkehren lassen zu mir! Geliebter, Du!!! Ich warte Dein! Voller Sehnsucht! Oh – so voller heißer Liebe! Du!!! Du!!!!!!!!!!!!! Ich bin und bleibe in Treue allezeit ganz

Deine [Hilde], Dein! Dein!

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Autor Hilde Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Hilde Nordhoff

Foto von Hilde Nordhoff. Nahaufnahme, Person im Sommerkleid, im Hintergrund Bäume.
Ba-OBF K01.Ff2_.A12. Hilde Nordhoff, 1940, Oberfrohna, Fotograf unbekannt, Ausschnitt aus Fotoalbum.

Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.

Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946