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[OBF-410811-002-01]
Briefkorpus

Montag, am 11. August 1941.

Herzlieb!! Schätzelein liebes! Mein geliebter, liebster [Roland]!

Du! Nun schreiben wir den August schon zweistellig! Und wenn wir zu den vorhandenen Zehnern noch 2 dazu rechnen! Du!! Dann ist der Tag da!! Dieser Sonntag! Sonnentag!! Der 31.!

Geliebter Du!! Noch 20 Mal schlafen! Und dann darf ich Dich in meine Arme schließen, so Gott will. Ach – Du!! Ich kann doch nicht anders mehr glauben, als daß Du zu mir kommen wirst!!! Was sollte sich denn dazwischenstellen? Geliebter!!! Ganz zuversichtlich sei mit mir und festen Glaubens, daß unser Herrgott auch in diesen Stunden mit uns ist! Du!! Er war doch immer bei uns! Warum sollte er uns in unserer innigsten Vorfreude allein lassen? Ich kann’s ja nimmermehr glauben. Ihm wollen wir all unser großes Glück anbefehlen, dann müssen wir auch nicht mehr bangen darum! Wo ist es in sicherer [sic] Hut, als in Gottes Schutz? Du!! Ach Du! Herzallerliebster! Ich bin doch noch ganz erfüllt von Deinem Glücksboten! Vom Mittwoch, wo Du Dich so sehr gefreut hast! Und heute kam gar noch ein so lieber, lieber Brief! Vom Donnerstag! Ach, Du mein Sonnenschein! Du weckst doch so unsagbar viel Sehnsucht und heiße Liebe in mir! Du!!! Du machst mich ja sooooooooooooo überglücklich! Du!!! Mein [Roland]! Mein geliebter [Roland]! Ach – ich möchte mich gleich an Deine Brust werfen vor übervollem Glück! Du!!! Möchte Dich ganz[,] ganz lieb und fest und innig an mein Herz drücken! Oh – nahe sein möchte ich Dir heute!!! Du!!!!!!!!!!!!!! Geliebter mein – so ganz, ganz nahe, daß ich Deinen Herzschlag spürte! Das [sic] ich fühlte, wie Du mich liebst! So sehr liebst! Mein geliebtes Herzelein, Du!!! Ach Herzensschatz! Ich kann den Tag kaum noch erwarten, da Du bei mir bist!! Und doch will ich auch ganz artig sein – am ersten Tage! Du!! Mein Lieb muß sich erst einmal ganz fein ausruhen und ausschlafen! Ja!! Ich werde ganz sehr strenge mit mir sein! Wehe, wenn Du mich von meinen guten Vorsätzen abbringst!!! Ich sperre Dich gleich 'naus! Daß Du mich nicht etwa lieb oder lange anschaust! Du!!! Denn ––––– dann …..    ach Du! Dann ists' um mich gescheh'n! Aber ich will ganz artig sein! Ich will! Du! Wenn Du nur auch so artig sein wolltest! Wenn man sich soll allein mit solchen guten Vorsätzen behaupten, das ist doch gar zu schwer – Du!! Beinahe wünsche ich mir doch jetzt, daß Du sooo müde ankommst bei mir, daß Du nach weiter nichts, als nach Deinem Bettlein verlangst! Du? Dickerle? Magst Du auch so wie ich will? Du? Ach wir werden ja soviel Arbeit haben, wenn Du da bist, daß wir überhaupt nicht an’s Liebhaben denken müssen! Am Vormittag kommst Du an – dann hole ich Dich mitsamt Deinem Reisegepäck ab.

Und nun muß sich mein Herzlieb heimführen lassen! Heim, in's liebe Dornröschenschloß! Alle Leute werden gucken! Wo ich diesen schmucken Matrosen her habe!! Und im Hause werden B.s vor Neugierde nicht im Zimmer bleiben können! Wir gehen aber weiter hinauf, denn Dornröschen wohnt im Turmgemach! Da erwarten uns schon zwei liebe alte Bekannte! Und werden dem Matrosen gleich mal um den Hals fallen! O je – ob ich das mit ansehen kann? Weißt? Da ist doch rechts ein kleines Türchen, wenn man die Treppe hinaufsteigt. Dahinein verschwinde ich fix, denn ich kann nicht zusehen, wenn andre meinen Hubo drücken!!!

Ja und nun muß er sich gleich schnell ausziehen (halt!) nicht nackend!!! Nur bequem soll er sich’s machen und soll sich auf’s Sofa setzen. Nun will er vielleicht gleich erst mal einen kleinen Imbiß zu sich nehmen. Sooo lange war er unterwegs, da kriegt man Hunger!

[U]nd dabei wird er uns das Wichtigste, Neueste erzählen! So. Nun aber schnell in die Wanne!! Erst müssen wir den Hubo vom Reisestaub befreien, man kann nie wissen ….. er kann irgend ein kleines Nationaltierchen mitgebracht haben! Und die wollen wir bei uns nicht leiden! Und dann muß er ja für seine Sachen ein Plätzel angewiesen bekommen! Ach, er wird sich ja so schnell wieder bei uns zurechtfinden, ist ja alles so klein – da kann man garnicht irre gehen! Du!!! Und als nächstes kommen am Ende die Überraschungen an die Reihe? Die er schon zum Teil angekündigt hat – na, das wird er am besten selbst wissen, wie er das macht! Aber nun will ich doch erst mal zu Mittag essen. Mein Magen verlangt auch sein Recht!

Was es wohl geben wird? Oh, das kann ich Dir heute noch nicht sagen! Wer weiß, ob Du noch mit unserm Mittagstisch zufrieden bist, nachdem Du im Ausland so leckere Sachen kennen lerntest?! Naja, wenn ich neben Dir sitze, vielleicht wird es Dir dann auch gut schmecken bei uns, gelt? Und jetzt muß mein Herzlieb ins Stübchen, ein Schläfchen machen! Pssst! Keine Widerrede!! Ich versohle Dir gleich Deine Deckelhosen! Aber hinten natürlich! Soviel ich weiß, hast Du den Deckel vorne!

Du! Die Weibeln haben den Deckel hinten, an den Deckelhosen! Na klar, manche Weibeln haben auch welche! Ich nicht!! Selbstverständlich werde ich nicht mit Dir Mittagsruhe halten – oja – nur kein Schnutchen ziehen!

Du mußt ganz brav schlafen! Und wenn Du nicht parieren willst, da schicke ich Dich gleich heim nach Kamenz! So Merke Dir das fein! Dickerle!

Damit Du Dich immer mit meinen Plänen vertraut machst und nicht von meiner Strenge enttäuscht bist, wenn Du kommst!

Jaja – die Mutti muß andre Saiten aufziehen, wenn der Vati im Krieg ist, sonst wird sie nicht fertig mir ihrem Bub!!

Ich werde unterdessen mit Mutsch aufräumen und dann den Kaffeetisch rüsten. Vielleicht backe ich einen Wiedersehenskuchen! Du! Das ist ganz a [ein] besondres! Es kommt nur drauf an, wie es mit meinen Buttermarken ausschaut. Na, es wird schon gehen.

Wenn Du länger als 3 Stunden schlafen solltest, so komme ich dann doch mal leise hingeschlichen zu Dir! Und wenn ich mich garnicht mehr beherrschen kann, dann kriegst einen Kuß!

Du!! Stehst Du dann auf? Du!!! Und kommst mit mir? Wenn nach dem Kaffee mein Herzlieb nicht ganz sehr müde ist und das Wetter ist schön, dann können wir ja noch ein Ringel gehn, vorm Abendbrot. Wohin? Das wird sich schon finden. Vielleicht nach dem Stadtpark, das ist nicht so weit. Und heimgekommen, gibt's was für den Magen – und nach einem Plauderstündchen, wo Du uns vielleicht an Hand der vielen schönen Bilder von Deinem Aufenthalt erzählst, werde ich plötzlich ganz sehr müde –-–– weißt Du warum?

Nun, weil ich Dich nun erst mal ganz für mich allein haben will, Du liebes, goldiges, herziges Mannerli! Du!!! Weil ich es einfach nicht mehr aushalten werd’, so neben Dir zu sitzen und Dich nicht einmal lieb zu küssen, Du!! Geliebter! Geliebter! Geliebter! Oh Du!!!!!!!!!!!!! Ich will Dich nur ganz fest bei der Hand halten und ganz lieb küssen[,] ich will nichts mehr – nichts weiter – nur beseligt fühlen, daß Du nun endlich bei mir bist! Oh mein Herzensschatz! Ich muß jetzt aufhören! Mir wird so eigen, ach – Du!! Du!! Ich muß Dich jetzt ganz sehr liebhaben ––––– wenn ich nur an Dich denke – wenn ich mir nur vorstelle, wie es sein wird, wenn Du mich umfängst, wenn Du mich küßt! Oh Herzlieb! Es durchzuckt mich wie ein feuriger Blitz ––– das ist so wundersam, so eigen ––––– und doch auch sooo süß! So schmerzlich – süß! Du!!!

Es kann mich quälen – und doch ist es so wunderbar verlockend und schön, wenn ich dieses Gefühl heraufbeschwöre. Ach Du!!! Du!!!!! Geliebter mein!!!

Ich kann jetzt nicht mehr weitersprechen davon.

Mein lieber [Roland]! Du schriebst mir schon einmal über die 3 Linien, die Du von Wien aus benutzen könntest. Und daß die vorteilhafteste über Passau sei! Und nun führst Du mir in Deinem lieben Boten sogar schon die Fahrzeiten an! Wenn es soweit ist, dann will ich sie mal nachprüfen lassen.

Nun muß ich Dich noch eines fragen: wie lange fährst Du von Saloniki bis Wien? Wohl 2 Tage?

Wenn Du wie vermerkt am frühen Nachmittag in Wien ankommst, so kann ich mir denken, daß das schon am Freitag, den 29. VIII. wäre! Weil Du nun 2140 [Uhr] abfährst. Aber wenn ich auf der Landkarte diese Entfernung betrachte, dann kannst Du erst am Sonnabend am frühen Nachmittag in Wien sein – stimmts'? Von Wien läuft Dein Zug um 1805 [Uhr] aus, Du! Daß das jetzt kein Mißverständnis wird! Ich habe mich ungeschickt ausgedrückt!! Er wird jedenfalls nicht „auslaufen“! Kommt 358 [Uhr] in Hof an. Das ist Sonntagmorgenfrühe! Und nun stünde da verlockend eine Möglichkeit offen! Daß ich Dich dort erwartete! Du!!!

Bei aller Lust und Freude diese Möglichkeit aufzunehmen[,] will ich Dir doch sagen: es ist besser, klüger, wenn ich Dich daheim erwarte am Bahnhof! Es könnte schief gehen, dann ärgern wir uns noch! Ich bringe Dich lieber ein Stückel fort! Aber noch lange nicht! Du! Daß Du Bange hast, ich sei Dir zu munter! Das ist auch irrig von Dir! Denkst Du denn ich kann ab 28. August noch ruhig schlafen???!!! O, Du Närrchen! Ich bin bestimmt gerade so müd' wie Du! Und wir werden schlafen wie D die Murmeltierchen! Die ersten beiden Nächte! Dann übernehme ich keine Garantie mehr! Du! Du!! Oh Du!!! Du!!!!! Ich liebe Dich! Ich liebe, liebe Dich! Der Herrgott segne unser Wollen! Er behüte Dich mir allerzeit [sic] vor Gefahr! Du mein geliebtes, teures Herz! Du mein Glück! Mein Sonnenschein! Du!!! Ich liebe Dich über alles in dieser Welt!

Ich bin und bleibe in Treue Deine [Hilde].

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Autor Hilde Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Hilde Nordhoff

Foto von Hilde Nordhoff. Nahaufnahme, Person im Sommerkleid, im Hintergrund Bäume.
Ba-OBF K01.Ff2_.A12. Hilde Nordhoff, 1940, Oberfrohna, Fotograf unbekannt, Ausschnitt aus Fotoalbum.

Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.

Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946