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[OBF-410812-001-02]
Briefkorpus

Dienstag, den 12. August 1941

Mein lieber Herzensschatz! Geliebte, Du! Meine [Hilde]!!

Schon bin ich wieder bei Dir! Wo wäre ich auch lieber? Ich suche Dich – Du suchst mich – wollen wir aufpassen, daß wir beim Suchen nicht mit unseren Köpfen zusammenstoßen, Du! Was wird das für eine Freude geben, wenn zwei, die sich so lieb suchten, ach, so leidenschaftlich, wenn die sich finden! Du!!! Du!!!!!

Zwei liebe Boten bringen mir heute so viellieb [sic] Zeugnis von Deiner großen Freude – sie läßt sich ja nicht mehr verbergen und dämpfen! – und Gott wird sie uns nicht werden zuschanden lassen. Du! Dein Geheimnis macht mich ganz neugierig!!! Und wie Du davon schreibst, spannst Du mich damit eigentlich auf die Folter! „Es hängt Deine Freude davon ab!“ Herzlieb! Ich denke mir etwas dabei und für mich besichtige ich alles. Aber meines Herzens Freude, meines Herzens ganze Freude hängt einzig daran, daß ich Dich froh und gesund wiederfinde, Du!!! Du weißt es. Alles andere ist nebensächlich. Ach Geliebte! Wenn ich Dir erst ins Auge schaue, dann ist alles, alles gut!

Nun hat mein Herzlieb doch auch keine Ruhe und kann gar nicht einmal richtig mehr stillsitzen – o doch, beim Sticken hat es doch so lange und stur stillgesessen! – ist heute in Glauchau und morgen in Chemnitz und übermorgen ich weiß nicht. Ich habe meine heimliche Mitfreude an Eurem Drasch. Paß nur immer fein auf, wenn Du in den Straßen gehst und in Gedanken bist! Das Mannerli sieht sich auch ganz lieb vor in allem. Wird vielleicht gar nicht allein zu reisen brauchen. Es hat sich die Möglichkeit aufgetan, daß Kamerad H. mit mir fährt bis Wien wenigstens. Von da an, weißt, da führ ich dann doch am allerliebsten allein, um ganz nur bei meiner Freude sei zu können – und für den Fall, daß Du Liebes mir doch entgegenkommst. Aber erst wollen wir den Urlaub mal noch ein bissel näherkommen lassen! Wie sich Dein Mannerli bepacken wird, weiß ich noch nicht. Ich brauche wenigstens zwei Koffer. Könnte mir ja leicht einen dazukaufen – könnte aber auch den Seesack nehmen – er würde ja bei weitem nicht voll.

Eine Illusion muß ich Dir zerstören. Braungebrannt ist Dein Mannerli gar nicht. Das geben die Fotos falsch wieder! Der Sonne uns auszusetzen haben wir geflissentlich vermieden. Ein wenig von der frischen roten Farbe auf den Wangen ist verloren gegangen – die will ich mir doch bei Dir wiederholen – rot? – nun vom vielen Liebhaben natürlich! Reingucken lassen wir uns aber gar nicht dabei – so wie der liebe Kamerad K. es zu tun vielleicht Lust verspürte! Frisch- und altverheiratet gibt’s zwischen uns ja überhaupt nicht und nachzuholen – ja, vielleicht ein paar Schularbeiten noch – – und was sonst geschieht, das geht doch nur zwei ganz allein an – Du! daß es das wenigstens noch gibt, ein Heim, in dem man sich vor allen unmittelbaren Zudringlichkeiten schützen kann, wenn es sein müßte damit, daß man eben die Türe zuknallt!

Nun wirst ihn bald, bald bei Dir haben, Deinen Schatten, Dein Schürzenbändel und Hemdenzipfel, Deinen Heimkehrer – er wird nicht von Deiner Seite weichen – wird so sein wie der Froschprinz im Märchen, will mit ins Stübchen und auf den Schoß und an Dein Tellerlein und in Dein Kämmerlein und in Dein Bettlein – und wenn Du das Märchen kennst, dann hüte Dich nur, den Frosch an die Wand zu klatschen – ins Bettchen kriegst ihn so und so – als Prinz aber ist er gefährlicher!!!

Ach Herzlieb! Daß ich mit einem geliebten Menschenkinde ein Geheimnis habe und hüte – daß ich das Geheimste mit Dir teilen darf – Du!!! Du!!!!! Daß ich mit in Dein Kämmerlein darf, in mein Feinslieb‘s Kämmerlein – bei der Nacht – ich ganz allein mit Dir bei dem Geheimnis uns[e]rer Liebe, bei der Zwiesprache unsrer Herzen – das ist die Krönung des Heimglücks der Liebe, Du!!! Du!!!!!

Ich werde seinen seligen Schauer immer wieder verspüren – Herzlieb, Herzlieb!!! Du nimmst mich mit in Dein Kämmerlein – welch unfaßbares Glück! Welch überreiche Gunst! unwägbares Geschenk Deiner großen Liebe! Die Schranken strenger Sitte, die Riegel zarter Scham – sie weichen vor dem Geheimnis zweier Liebenden, vor der Liebe – und was sonst Schranke schützt und Riegel verwahrt, es ist nicht entblößt nun, es ist gehüllt in den Wunderschleier der Liebe. Oh Geliebte – Selig, ganz selig wollen wir uns von ihm einhüllen lassen!!!!! Aber alles Geheimnis, alles Schenken, alle Gunst liegt ganz sichtbar mehr beim Weibe. Das Ringlein vor der Tür ist sein Schutz, seine einzige Wehr. Du, Du schbbst [wohl: schobst] es zurück – vor mir, vor Deinem [Roland] – Stunde des Schicksals des Weibes – oh Herzlieb! Ich weiß: den großen schweren Riegel vor Deines Herzens reichen Schatzkammern, vor dem Reichtum Deines Weibtums und Deiner Schönheit und Unberührtheit – mir schobst Du ihn zurück, mir, Du!!!!! Du!!!!! !!!!! !!! Aus Liebe! Oh wie sooooooooooooo lieb mußt Du mich haben!!! Du! Meine herzallerliebste [Hilde], Du! Du!!! Liebes, liebstes, geliebtes Weib!!!!!

Weibes Schicksalsstunde: wird der Geliebte des Geschenkes würdig sein? wird wahre tiefe Liebe alles Geheimnis einhüllen? wird der Geliebte es hüten mit seiner Zärtlichkeit und Treue? Kam er nicht (nur) um zu rauben, sondern auch zu schenken, Glück zu zünden?

Geliebte! Geliebte! Du freust Dich unbändig auf meine Heimkehr – u[n]d das ist mir liebste Antwort auf alles! Oh! Wie will ich es hüten mit Dir, unser Glück, dankbar und treu und lieb! Wie will ich es mehren! Wie will ich Dich einhüllen in all meine Liebe und schützen – mein geliebtes Weib! Oh Herzlieb! Wieviel Dankbarkeit und Freude und Jubel ist in mir – wir lieben einander – wir beschenken einander – weit öffnen sich die Herzen für einander – ganz nahe sind wir uns – und niemand vermöchte sich dazwischen zu drängen. Liebe ist zwischen uns – große, heiße, lebendige Liebe!!! Gott erhalte sie uns! Er behüte dich mir! Geliebte!!

Er segne unseren Bund und führe uns bald für immer zusammen. Herzlieb! Heimkehren will ich Dir! Es ist mein sehnlichstes Verlangen: Dich zu beglücken und mit Dir an unserem Glück zu bauen!

Ich habe Dich so lieb!!! Ich bin sooo froh und glücklich Deiner Liebe! Fühlst Du es? oh Du!!! oh Du!!!!! Sei Du es mit mir! Gott aber sei Lob und Dank!

Ich bin Dein, ganz Dein für diese Welt, Dein [Roland] – Du! Meine liebe, liebe [Hilde]!

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Autor Roland Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Roland Nordhoff

Foto von Roland Nordhoff. Nahaufnahme, Person sitzend in einem Fensterrahmen.
Ba-OBF K01.Ff2_.A39, Roland Nordhoff, 1940, wahrscheinlich Bülk, Fotograf unbekannt, Ausschnitt.

 

Roland Nordhoff wurde 1907 in eine bürgerliche Familie in einem ländlichen Dorf im östlichen Sachsen, Kamenz, hineingeboren. Nachdem er ein Musikstudium aufgegeben hatte, arbeitete er als Dorflehrer in Oberfrohna, nahe Chemnitz. Im Frühjahr 1938 wurde er nach Lichtenhain in Sachsen versetzt

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946