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[OBF-411009-002-01]
Briefkorpus

Donnerstag, am 89. Oktober 1941.

Herzensschätzelein! Du!! Mein geliebter, liebster [Roland]!

Heute wollte es doch überhaupt nicht Tag werden, der Himmel ist ganz zugehängt mit dicken, grauen Wolken. Und ich habe bis in die 9. Morgenstunde Licht gebrannt. Weil ich mir sonst nichts vornehmen konnte, begann ich gleich mit dem Reinemachen in der Küche und nun bin ich auch fertig damit. Fein! Da habe ich morgen etwas weniger. Auf den Postboten habe ich heute vergeblich gewartet, er ging vorbei. Na, aber morgen kommt er gewiß wieder zu mir!

Ich hatte heute Vormittag einzuholen und ein Weg führte mich nach Limbach. Ich fragte mal wieder nach unserem Öfchen, es ist noch nicht da. Gestern stand nämlich in der Zeitung, daß Anzahlungen auf elektrische Geräte verboten seien, ab sofortiger Wirkung, weil nicht genug Geräte lieferbar seien! Wer schon Anzahlungen geleistet habe, solle sie sich zurückerstatten lassen! Das war eine amtliche Bekanntmachung. Ich bin neugierig, ob wie unser Öfchen noch kriegen. Und da fiel mir doch in der Buchhandlung Kämsche das Buch in die Augen, was ich Dir schon am Hochzeitstag schenken wollte! „Ich schwöre mir ewige Jugend“ von Kaeßler [sic]. War ich froh darüber! Ich habe es mir gleich festgemacht! Da kaufen wir ja heuer eine ganze Menge Bücher auf einmal, gelt? Na, wer weiß, ob ich alle bekomme. Und, Herzlieb! Jetzt, da unser ‚Vermögen‘ noch nicht im eigenen Hausstand verschmilzt, können wir uns auch noch so [ein] paar Extrawünsche erfüllen. Weißt Du! Mein Hut drückt mir immer noch auf’s Herz! Wir, besser ich bin ja verrückt! Glaubst Du?

Daß ich Dir das zumuten konnte!!! Du!!!

Aber er ist auch einzig schön, wenn ich ihn so anschaue. Glaubst, wenn ich im Elternschlafzimmer Betten mache, da nehme ich ihn erst mal aus dem Schrank und besehe ihn mir! Du!! So närrisch kann ich sein! Und er gefällt mir jedesmal mehr. Es geht mir beinahe so mit ihm, wie mit Dir! Du!!

Ich gewinne Dich auch immer lieber. Aber anders noch, Du!! Hörst Du?! Schätzelein!!!!!

Und ich denke, weil er mir so gut gefällt, mein Hut, darum hast auch Du nun Freude, sag? Und bereust es nicht, das viele Geld dafür ausgegeben zu haben. Ach ja, ich will in Zukunft viel besser acht geben, daß wir das Geld nicht so unnütz ausgeben. Du sollst noch Deine Freude an mir haben, wie sparsam ich bin!

Lachst Du jetzt? Du?!!

Ich muß auch eben überschlagen, was ich Dir [sic] schon gekostet habe seit Du mich hast! Ach ’s ist schlimm! Manchmal will mir ganz eng am Halse werden, wenn ich so drüber nachdenke.

Aber ich weiß, mein Lieb ist kein Knauserer und kein Geizhals, darum wird es mir auch das nachsehen, ja? Ich weiß ja, wie gerne Du mir Freude machst, wie gerne Du mich beschenkst! Du!!! Und ich bin Dir mein Leben lang dankbar dafür! Du!!!

Nun hat es gegen Mittag auch noch angefangen zu regnen! Und wie sehr! Es wird wohl bis zu unserm Waschfest nicht besser werden. Da müssen wir eben die Wäsche fertig waschen und einwässern bis es schön ist. Wir wollten so gerne draußen trocknen, auch bleichen. Herzlieb! Um 1 Uhr heute Mittag kam wieder eine Sondermeldung durch. Ob Ihr sie wohl auch hört? 3 Armeen gehen ihrer Vernichtung entgegen um Bryansk, es sind die 3 besten des Generals Timoschenko und damit sei die Schlagkraft des Heeres genommen.

Anschließend hörten wir die Wiedergabe einer Botschaft des Führers an seine Soldaten am 2. Oktober, die erst heute durch Reichspressechef Dr. Dietrich bekannt gegeben wurde. Unter anderem heißt es darin, daß noch vor dem Einbruch des Winters der Kampf gegen die Sowjets zu Ende gehen soll.

Alle Meldungen deuten ja jetzt darauf hin, daß die Worte des Führers in die Tat umgesetzt werden. Es sind übermenschliche Leistungen, die im Osten nunmehr geschehen!

Gott segne unsere Soldaten! Ach, wenn es nur recht bald ein Ende nähme!

Sag, weißt Du unter welchem (Oberst) General Siegfried kämpft? Guderian oder v.Kleist? Ich möchte das so gerne mal wissen, daß man sich besser orientieren kann, wo sie eben sind. In der Wochenschau sind immer soviel Bilder von den Panzern und [ein] paarmal schon waren wir im Zweifel: war es Siegfried, oder nicht? Ich kann doch nicht persönlich darnach anfragen, darf der Brief geöffnet werden, denkt ‚man‘ ich treibe Spionage.

Ja, mein Lieb! Du hast heute gewiß frei?!

Hoffentlich gibt’s schöner Wetter als bei uns! Ich gönnte Dir noch paar recht schöne Tage, die Du zum wandern nützen kannst, mußt noch genug drinnen sitzen wenn die Regenzeit kommt. Du! Achte nur immer auf trockene Füße!! Damit Du Dich nicht verkühlst! Gibts’ da bei Euch Wasserstoff zum Gurgeln?

Soll ich Dir die beiden Paare Socken noch schicken? Die Mutsch hat sie fertig angestrickt. Die kaputten schicke nur heim, daß ich sie repariere! Laß’ sich das Zeug nicht erst anhäufen, ja?

Ich habe ein Paar von den Strümpfen, die mir Kam. H. besorgte getragen. Sonst gefallen sie mir gut, nur sind sie sehr kurz! Kaum gehen sie über die Knie. Ich habe garnicht so lange Strumpfbänder! Die Griechinnen müssen aber kurze Beine haben!

Wenn Du mir wieder mal Strümpfe besorgen solltest, dann frage nur mal, ob sie auch besonders lange haben. In Deutschland gibt es so kurze überhaupt nicht. Außer denn  Kniestrümpfe. Doch haltbar scheinen sie zu sein!

Was wird denn H. machen? Ob er alles gut überstanden hat? Der arme Kerl.

Als ich heute Vormittag unterwegs war hatte ich Besuch, meinte Frau U. Meine Brautjungfer. Gertrud! Ich kann mir denken, was sie herführte: sie wird Order haben. Am 10. also morgen, müssen alle Mädel einrücken zum R.A.D.. Vorwiegend nach Norddeutschland, bei Hamburg, bei Kiel u.s.w. Ich will nachher nochmal mit bei ihr durchgehen, um Lebwohl zu sagen – denn das hat sie sicher gewollt am Vormittag.

Himmel! Morgen ist der 10! Am 11. hat Hellmuth do[ch] Geburtstag! Das hätte ich beinahe vergessen! Da will ich doch auch schreiben!

Und nun, mein Herzelein, will ich Dir für heute die lieben Hände drücken! Du!! Ganz fest!! Ich liebe Dich so sehr! So herzinniglich! Oh Du!!! Ich denke ganz lieb an Dich, an unser großes Glück! Du!!! Und dabei wird mir ganz warm um’s Herz! Oh Herzensschatz! Daß Du mein bist!! Du!!! Du!!!!!!!!!!!!! Behalte mich lieb! Du!! Wie ich Dich lieb behalte, in alle Ewigkeit!

Der Herrgott behüte Dich mir! Und er segne unsern Bund!

In Treue allezeit

Deine [Hilde].

Und am Schluß? Einen ganz lieben, langen Kuß!!! Du

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Autor Hilde Nordhoff
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Hilde Nordhoff

Foto von Hilde Nordhoff. Nahaufnahme, Person im Sommerkleid, im Hintergrund Bäume.
Ba-OBF K01.Ff2_.A12. Hilde Nordhoff, 1940, Oberfrohna, Fotograf unbekannt, Ausschnitt aus Fotoalbum.

Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.

Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946