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[OBF-411016-001-01]
Briefkorpus

Donnerstag, den 16.Oktober 1941

Mein liebes, teures Herz! Geliebtes Weib! Du!!!

Sooo viel, viel Freude ist heute eingezogen bei mir mit Deinen lieben Boten vom Donnerstag u. Freitag, Du! Geliebte! Freude in meinen freien Nachmittag! Alle Wärme und Freude kommt mir von Dir, geliebtes Wesen, sie überstrahlt auch den grauesten Regentag, so wie wir ihn heute hier haben. Herzlieb! Ich muß an das Gespräch denken, das ich seinerzeit mit Pastor B. führte und von dem ich Dir damals schrieb. Ich hatte damals meinen guten Glauben an den Bund der Ehe zu verteidigen. Du! Du!! Wir wissen beide, wo die Klippen liegen und die Untiefen, an denen das Schifflein unsres Bundes scheitern konnte. Wir dürfen wohl sagen, daß wir mit Gottes Hilfe sie glücklich umfahren haben. Herzlieb! Ich sehe nur Gutes, nur Segnungen, die meinem Leben mit Dir geschenkt wurden! Der Wille und Mut zum Leben und die Lust zu streben und zu schaffen haben einen mächtigen Antrieb erfahren. Und mit der erfüllten Sehnsucht nach einem geliebten Wesen ist Sonnenschein in dieses Leben gefallen. Herzlieb! Ganz groß ist mein Glück! Ziemlich geradeaus und früh hat Dich das Schicksal einem sicheren Hafen zugeführt. Mein Weg ist länger. Ein Spätling bin ich unter den Ehemännern. Ich hatte es nicht ängstlich [sic]. In dem Alter, da viele sich verheiraten, hätte ich gar nicht noch gewagt, daran zu denken. Ganz anders lagen da meine Interessen noch. Das Heiratsverlangen war noch gar nicht groß und meine Beobachtungen an den Menschen in dieser Richtung begannen eben erst. Und mit diesen Beobachtungen auch die Zweifel. Aber ich erkannte, daß alle Zweifel, die man in den Bund der Ehe setzten, doch bei den Menschen lagen. Daß alle Niedrigkeit und aller Unwert in den Menschen steckte. Unter Männern wird von der Ehe nur gewitzelt, wird sie herabgewürdigt zu einer guten, bequemen Versorgung, und noch anders schlimmes herabgezerrt.

Ich behielt den Glauben an das Gute, merkte aber, daß er selten sei und gewann mit den Jahren die rechte Vorstellung davon, daß der Schritt zum gemeinsamen Leben einer der wichtigsten sei in diesem Leben.

Und wenn ich nun heute so glücklich bin, so weiß ich, Geliebte, daß ich in Dir eines von den seltenen Wesen fand, die zum Glücke führen, Du! Mein Herzensschatz! Mein unersetzliches, liebes Weib!!! Oh Du! Ich will es nie vergessen! Ich muß Dich ewig liebhaben! Alles in mir drängt, Dich zu beglücken, ganz aufgeschlossen bin ich Dir – und ich weiß, darin gipfelt alles Glück – und das kann nur sein, weil all dies Drängen Antwort findet! Ach Herzlieb! Antwort schreibe ich, die Antwort ist doch nach der Frage. Du hast doch mich aufgeschlossen, Du entdecktest ihn doch, den Glücksbronnen [sic]! Glückskind, Goldmarie, Glücksgretelein Du! Goldiges, herziges! Und ich bin Dein Glückshänselein, ja? Du!!! Du!!!!! !!!!! !!!

Herzlieb! Soviel Sonne, Lebensmut und Glück strahlt aus Deinen lieben Boten, soviel Sonne liegt über Deinem Alltag, den Du mir so lieb und beredt schilderst – Du bist glücklich an meiner Seite! Kein besserer Zeuge dessen als dieses Leuchten von innen, das alles ringsher überstrahlt. Du bist glücklich mit mir! Du liebst mich! Du!!! Du!!!!! Oh Herzlieb! Es gibt nichts Besseres als dieses Mitsicheinssein im Innern, nichts selteneres, es ist eben das Glück. Und ich habe es Dir schon des öfteren bekannt, wie alles in mir zur Ruhe und Festigkeit gekommen ist, seit ich Dich habe: Oh Herzlieb! Das Leuchten ist auch in mir! Es strahlt auch nach außen. Und die Kameraden um mich sind Zeugen meiner inneren „Zufriedenheit“. Ach Herzlieb! Die Umgebung hier ist weniger empfänglich dafür und seiner weniger wert. Viel froher und ungehemmter wird es dann in meiner Berufsarbeit sein.

Du Liebes aber mußt weiterschenken von Deinem Glück, mußt Liebe um Dich verbreiten, Abglanz nur Deiner unermeßlichen Liebe, die Du mir schenkst, Deiner großen Herzensgüte. Ich muß dabei an unsre lieben Mütter denken.

Herzlieb! So reich, so bunt und wechselvoll ist Dein Alltag. Weißt, ich habe noch nie klein gedacht von einer rechten Arbeit. Als Buben sind uns Schaffen und Sorgen der Eltern nicht recht bewußt geworden und wir haben sie als selbstverständlich genommen. Aber mit den Jahren ist uns das alles aufgegangen. Und heute? Herzlieb! Ich habe alle Achtung vor einem Hauswesen, wie Ihr es führt. Es würden sich viele Männer umsehen, wenn sie eines Tages vor einer solchen Aufgabe stünden mit ihrenm Anforderungen an Umsicht, Ausdauer, Intelligenz und nicht zuletzt Liebe zur Sache.

Und da steht vor mir auch wieder das Bild meiner Großmutter. Ihr Leben war nur mütterliches Sorgen – sie sorgte zu viel und ging in dieser Sorge wie in einem Joche.

Herzlieb! Und nicht nur, d Du ihn meisterst, Deinen Alltag, sondern auch wie Du ihn meisterst, das ist mir eitel Freude. Du hast den rechten Abstand auch zu Deiner Arbeit, Du bist nicht unglücklich, wenn Du einmal fertig bist, Dein Herz ist weit geöffnet auch für die Welt des Hohen und Schönen. Und so wie Du Dich nicht absondern wirst und vergraben in Deiner Arbeit – so bin auch ich kein Fachsimpel, der sich in seine Arbeit verbeißt und verbiestert und taub ist für alles ringsher. Oh Herzlieb! Ich weiß, wie mich beseelt auch Dich der Wille, daß wir jedem Tag recht viele Stunden abgewinnen, die wir gemeinsam leben und die uns zusammenführen. Und wenn das Mannerli mal Lust verspürt, in Deine Welt einzudringen, so wirst es ihm ebensowenig verwehren, wie ich es Dir nicht verwehren werde. Herzlieb! Ich werde Dir doch noch manchmal ein paar Arbeiten abnehmen wollen, um Dich desto eher ganz bei mir zu haben! Du! Geliebtes Weib!!!

Herzlieb! Herzlieb!!! Du schaust wie ich unser Leben so reich und glückvoll vor Dir, mit soviel großen, schönen Aufgaben, mit soviel echtem Glück.

Gott im Himmel erfülle uns in Gnaden unseren Herzenswunsch!

Herzlieb! Freier Nachmittag ist doch heute. Und ein sooo froher Nachmittag! Meiner Freude mußte ich erst Ausdruck geben, mußte D sie teilen mit Dir! Alles was Du noch in Deinem lieben Boten berührst, darauf will ich morgen eingehen. Und jetzt wollen wir uns anziehen und dann ins Soldatenkino gehen: „Immer nur Du!“ Und ich will mitgehen. Weil ich so froh bin heute! Ach, Du könntest denken, ich wäre es sonst nicht! Ich bin es immer, immer mit Dir! mit Dir!!!

Und Dich will ich doch teilnehmen lassen an dieser Freude! Geliebtes, über alles geliebtes Wesen! Du, meine [Hilde]! Du bist mein! Ganz mein! Ich weiß es, Geliebt[e]. „Und ich bin ganz beseelt von Dir, nur noch von Dir! Von Dir!!! Du!!!!! Du!!!!! !!!!! !!! Keinen Augenblick mehr kann ich mich einsam fühlen!“ Du liebe, gute Seele! Oh Du! Mein Weib! Mein liebes, treues Weib!

Gott behüte Dich mir! Ich liebe Dich! Sooooooooooooo sehr! Ich bin ewig Dein! Ganz

Dein [Roland].

Den lieben Eltern viel herzliche Grüße!

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Autor Roland Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Roland Nordhoff

Foto von Roland Nordhoff. Nahaufnahme, Person sitzend in einem Fensterrahmen.
Ba-OBF K01.Ff2_.A39, Roland Nordhoff, 1940, wahrscheinlich Bülk, Fotograf unbekannt, Ausschnitt.

 

Roland Nordhoff wurde 1907 in eine bürgerliche Familie in einem ländlichen Dorf im östlichen Sachsen, Kamenz, hineingeboren. Nachdem er ein Musikstudium aufgegeben hatte, arbeitete er als Dorflehrer in Oberfrohna, nahe Chemnitz. Im Frühjahr 1938 wurde er nach Lichtenhain in Sachsen versetzt

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946