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[OBF-411021-002-01]
Briefkorpus

Dienstag, am 21. Oktober 41.

Geliebter! Mein Herzensschätzelein! Du!!!

Mein [Roland]! Mein Sonnenschein! Heute bist Du wieder zu mir gekommen! Oh Du!!! 2 Tage hatte die Post ausgesetzt, wie auch bei Dir, ach – es dauerte doch schon zu lange! Du!!! Und dabei müssen wir ja sooo zufrieden und dankbar sein, daß wir einander überhaupt soo oft und in Ruhe schreiben dürfen! Und müssen zufrieden sein, daß die Post schon so schnell und zuverlässig all unsre Boten befördert! Ach ja – ich weiß es schon recht zu schätzen! Aber wir zwei haben einander schon so sehr verwöhnt mit der vielen Post! Jawohl!! Daß wir es gleich vermissen, wenn mal ein, zwei Tage nichts ankommt!

O Du! Wenn Du nun mit an der Front wärest, da könntest Du garnicht so lieb und lang mein denken. Da reichte die Zeit bloß ab und zu mal zu einem kurzen Briefchen. Du! Wir müssen zutiefst dankbar sein für unser Geschick! Vom Dienstag und Mittwoch sind Deine lieben Boten. Geliebter! Mein Herzelein!! Sei tausendmal lieb bedankt für all Deine Liebe! Oh Du!! Wie mächtig ist die Sehnsucht nach Dir aufgestanden nun, da Du wieder sooooo lieb zu mir gekommen bist! Mein Herzensschatz. Daß Du mein bist! Daß Du mein bist! Ach [Roland]! Liebster [Roland]! Meine Brust kann manchmal dieses große Glück kaum fassen! Diese große, unendliche Seligkeit! Oh Du!! [D]u!!! Ahnst Du es denn, wie ich Dich liebe? Wie mächtig in mir alles drängt hin zu Dir – nur zu Dir Geliebter? Oh Du!!! Meine Liebe zu Dir ist eine so große Gewalt, daß ich oft selbst bange davor.

Geliebter! Geliebter! Du bist der liebste Mensch, nach dem meine Seele verlangte! Du bist es, der mich erfüllt! So ganz ausfüllt, bis in die Tiefe meines Wesens! Dein ist mein Herz! Nur Dein! In inniger Liebe hat es sich Dir zugeneigt und nur Dir schlägt es in Liebe und Treue, bis zum letzten Atemzug! Du!! Oh Herzensschatz! Daß ich es Dir doch immer neu und jubelnd, beglückt gestehe: Ich liebe Dich! Dich nur liebe ich! Ach, ich werd' es nicht müde, Dir meine unendliche Liebe zu bekennen – so wie Dich drängt es mich alle Tage, Dich zu beschenken, mit Worten, mit Taten – ach, mit dem Allerliebsten was ich nur habe! Du!!! Du!! Mein [Roland]!

Herzlieb, so oft bist Du bei mir! Du sagst mir's in Deinem lieben Briefe wieder, und so oft auch in Gedanken. Ach Du!! Denkst an Dein Dornröschenschloß und an alles, was darinnen ist! Bist so lieb! Du kannst doch die Heimat nimmermehr verg[e]ssen – ich fühle es immer wieder so beglückt! Mein [Roland]! Und ich will Dich mit aller Kraft und Liebe immer heimziehen, daß Du den Weg zurück nie verfehlen kannst, daß er nie verschüttet wird durch das Vielerlei der Fremde, Du! Ach!! Du willst mir doch heimkehren!! So sehr gerne! Ich spüre es aus Deinen Zeilen allen, wie die Sehnsucht in Dir brennt! Geliebter! Und ich verstehe es nur zu gut, daß Du endlich einmal einziehen möchtest in Deine Heimat, in Deine Geborgenheit – für immer! Ich weiß, wie hart, freudlos oft Dein Leben war – Du warst es müde – Du!!

Und ich hüte Dir Deine Heimat! Das Plätzchen voll Wärme und Traute, niean [siehe Abbildung] das Du Dich zu jeder Stunde finden kannst! Du!!

Mein geliebter Lebensgefährte! Ach Du!! Mußt Dich immer zurückträumen nach Hause, ins Dornröschenschloß, wo Du mich findest, wo so selige Zeit uns ward immer, wenn wir beide dort zusammen weilten! Geliebter! Du!!

Noch vieltausendmal schöner wird es sein, wenn ein eigenes Schlößchen unser Eigen ist. Ach Du! Es gehen mir wie Dir dazu so viele, liebe, heimliche Gedanken im Kopf herum! Du!! So voller guten Willen sind wir! Ach, es wird uns schon gefallen unser Heim, Du!

Ein ganz eigenes Gesicht wird es haben! Ganz so wie wir es uns beide ausdenken, so soll es einmal entstehen! Und wir wollen nicht eher ruhen, als bis alles so ist, wie wir's uns wünschen! Wie will ich froh und glücklich schaffen und walten! Für Dich! Für Dich, Du meines Lebens Sonnenschein!

Nichts Schöneres auf Erden, als ein Leben, in Liebe, Dir geweiht! Du!!!

Die liebe Mutsch darf uns garnicht alles mitgeben, sie muß auch einiges dabehalten, schön wohnlich und gemütlich soll es noch bleiben, daß wir gerne einmal bei ihr weilen – und uns zurückträumen, in die Zeit unsrer jungen Liebe! Du!!!

Von den guten Hausgeistern nehmen wir uns aber mit ins eigene Heim! Ach Du! Das eigene Heim soll uns doch dann der allerliebster Ort werden, Herzelein!

All die lieben Gegenstände sollen ihren Platz darin finden, die uns beiden schon jetzt lieb sind durch ihre eigne Geschichte die sie haben. Die Geschenke, die wir einander machten in unsrer Brautzeit, in der seligen, heimlichen Vorahnung auf das kommende Glück des eigenen Heimes. Ach Du! Alle Stücke, die unsre Räume einst füllen sollen, sie sind uns lieb und vertraut, sind nicht fremde, kalte Tracht! Wir werden uns so wohl fühlen in unserer eigenen Umgebung, Herzelein, so wie wir uns Herz an Herz wohl und geborgen fühlen. Denn alles schafften wir beide in frohem Einverständnis; so wie wir uns innerlich ganz einig sind, also wird es auch unsre äußere Umgebung zeigen.

Kein falscher, unechter Plunder ringsum; ein schlichtes, einfaches, aber heimliches gemütliches Äußere, das wünschen wir uns. Wie wir an uns selbst nur Offenheit, Ehrlichkeit und Güte – Wärme, finden wollen. Du! Die Hausgeister lieben das Dunkel, das Selbstgeschaffene, Selbsterworbene ist ihre Wohnung! Du!!

Ach, Herzlieb! Mir ergeht's ja wie Dir! Wenn ich das bedenke, dann werde ich ganz froh und möchte doch schon am liebsten heute unser Heim gründen! Das Eigene und der Eigensinn und der Wille zum Schaffen, die ziehen mit uns beiden ein! Du!! In unsren Herzen ist soviel Reichtum und soviel Lust zum Streben und Schaffen und Planen. Und unser Heim wird bald davon erfüllt sein – wird uns ganz sehr bald der liebste und heimlichste und trauteste Ort sein auf Erden! Wird doch dann auch der Ort sein all unsres Liebesglückes – Du!!!!! Allen heimlichen Glückes – aller seligen Stunden – oh Du!!! Du!!!!! – Geliebter!!

Der Ort, wo ich meinem geliebten Mannerli alles zuliebe schaffen will! Und Du sagst es mir zu meinem Glücke: der Ort, da Du ganz froh des inne [sic] werden sollst, daß Du mir so lieb und wert bist, daß ich Dich ganz glücklich machen will!“ [sic]

Oh Du!! Du!!! Er wird uns doch ganz lieb werden, dieser Ort! Alle Liebe soll mit einziehn, die uns schon heute verbindet – ganz warm soll jedem ums Herze werden, den wir einlassen! Und einst soll es der beste und sicherste Unterschlupf werden für unsre Kindlein, die Gott uns schenkt. Oh Du!!!

Daß ich mit Dir durch dieses Leben gehen darf – bald, bald! Schenke uns solches Glück der Herrgott in Gnaden! Mein [Roland]!!!

Erzählst mir von Deinen Tagen in der Fremde, wie sie hingehen. Ich freue mich, Du, daß Du ein gewisses Gleichmaß um Dich hast. Die Arbeit drängt nun auch nicht mehr so sehr. Na, wenn's wieder anwächst in der „Kanzlei“, Du wirst schon alles gut einteilen. Feuern müßt Ihr nun auch in der Schreibstube; hoffentlich kommen die Kohlen bald! Ich freue mich, daß Du so reichlich zu Mittag essen kannst! Sieh nur zu, daß das Bäuchlein ein bissel dick bleibt! Ich möchte es doch auch noch bewundern, zum nächsten Urlaub!!

Die Äpfel sind angekommen, das ist gut. Nun möchte ich Dir gerne wieder mal etwas backen, ich muß Dich erst um Rosinen und Mandeln bitten! Gibts auch Nüsse? Ach Schätzele! Da muß ich doch eben erst einmal meiner großen Freude Luft machen, die Du mir heute bereitest hast! Du!!!

2 Päckchen!! Feines Haarwasser! Prima!! Tausend Dank! Gleich heute geht's los mit der Kur für's Wachsen! Danke schön, für die Erfolgswünsche! Ich wäre tüchtig froh, könnte ich Dich zum nächsten Besuch mit einem Zöpflein begrüßen!! Mußt mir fleißig Düngemittel schicken, ja? Sag, gibts auch Hautcrem [sic]? Ich meine Mattcreme zum Schönwerden! Das gibts bei uns nicht mehr. Aber ich möchte auch gerne schön sein. Sieh doch bitte mal nach, Du! Und die feinen Gewürze! Hm, wie die duften! An den [sic] Pfeffer roch ich zu sehr, da bin ich gleich mit einem lauten Nieser zurückgefahren! Da hat sich die Mutsch sehr gefreut!  Sie grüßt Dich recht herzlich und dankt Dir schön! Ebenso der Vater! Ein sehr willkommener Gruß! Der Kamenzer Mutter gebe ich die Hälfte ab, Du wirst schon nochmal bissel Gewürze wieder mitschicken. Und Deine lieben Verslein dazu haben mich recht erfreut! Du!

Ach, bist doch ein zu liebes, gutes Mannerli. Und ich möchte doch genau so gut sein wie Du! Du glaubst garnicht, wie man sich freut, wenn so ein ausländisches Päckel ankommt. Überhaupt freue ich mich, wenn Du mir etwas schickst, das ist doch immer eine ganze eigene, besondere Freude – weil, na, weil es eben vom Herzliebsten kommt! Ach, wenn ich nur etwas recht Hübsches für Dich zum Weihnachtsfeste bekäme! Alles gibts nicht! Man könnte doch gleich die Wände hochgehen!

Gewiß, die Weihnachtsseligkeit hängt nicht nur von einem bestimmten Geschenk ab, aber es ist nun einmal der Menschen Wunsch, einander Liebes zu erweisen. Man kann es so vielgestalt, gewiß! Doch man hat eben auch seine Eigenheit. Du!!!

Die größte Hauptsache ist ja, daß ich Dich, mein Lieb gesund weiß und in sichrer Hut! Dann bin ich schon ganz froh und zufrieden! Na, und eine kleine Liebesgabe muß sich doch irgendwo finden, daß ich Dir eine Freude machen kann! Ich hab eine ganz große Bitte, Herzlieb! Schicke mir etwas, daß ich backen kann, ja? Mandeln, Nüsse, Rosinen. Mehl spare ich mir schon heute. Und Butter? Die muß auch zusammenkommen. Soll ich Dir lieber mal einen Feldpostbrief schicken?

Ach Du! Die liebe Sonne schmeichelt heute mal! Nur ein bißchen! Es ist noch kalt und trübe. Eigentlich sollte ich den Stoß Wäsche ausbessern, der neben mir auf dem Stuhle liegt! Aber zuerst mußte ich doch an mein Lieb denken! Ihm danken, für all sein liebendes, treues Gedenken! Du!!!

Bis gestern abend 2200 [Uhr] legten wir Wäsche. Wir wohnen seit gestern in der Wohnstube, ich habe geheizt und es ist schön gemütlich. Heute ist der Ofensetzer gekommen, ach Du! Alles hat er eingerissen, der Ofen gähnt uns an aus einem finstern Loch!

Morgen glaubt er, wird er schon fertig. Ich würde mich freuen. Heute habe ich's nochmal gut! Morgen darf ich aber den ganzen Schmutz herausschaffen. Das gibt viel Arbeit. Ruß und Lehm und Dreck; uns[e]re Küche sieht aus wie eine Werkstatt für Ofensetzerlehrlinge! Aber dann wird es schon mal klappen! Er baut alles neu; ich denke, wir haben dann keine Schererei mehr.

Du! Herzelein! Nun muß ich für heute Deine liebe Hand lassen! Am Abend läuft wieder mein Sanitätskurs. Von 2000 – 2200 [Uhr] in der „Krone“.

Morgen nachmittag von 3 – 5 Kinderschar, das sind meine zwei besetzten Tage jetzt in der Woche. Das ist gleich so genug. Ende der Woche kommen vielleicht die Buben nochmal herauf. Ich freue mich nicht [!!]

Mein Schätzelein, mein liebes! Nun laß Dir noch einmal von Herzen danken für Deine liebe Fürsorge!

Ich habe mich ganz sehr gefreut! Du!! Herzlieb! Ich muß Dir sagen, wie lieb ich Dich habe! Oh soooooooooo lieb! Ich bin Dir sooooooooooooooo gut! Ich bin Dein Eigen! Ich warte Dein! Und ich gehöre Dir, mit allem, was ich habe! – das soll unsre Freude und unzerstörbares Glück sein! Du!!

Gott im Himmel sei es befohlen! Er behüte Dich mir! Mein Leben! Er erhalte Dich froh und gesund!

Ich liebe Dich! Du! Ewig die Deine!

Deine [Hilde].

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Autor Hilde Nordhoff
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Über den Autor

Hilde Nordhoff

Foto von Hilde Nordhoff. Nahaufnahme, Person im Sommerkleid, im Hintergrund Bäume.
Ba-OBF K01.Ff2_.A12. Hilde Nordhoff, 1940, Oberfrohna, Fotograf unbekannt, Ausschnitt aus Fotoalbum.

Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.

Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946