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[OBF-420319-002-01]
Briefkorpus

Donnerstag, am 19.III.42.

Mein liebes Herzelein!

Du wirst staunen, wenn du mit Blei geschriebenes erhältst!

Ja ja! Wenn einer eine Reise tut ….. Ich fuhr am Morgen ¾ 8 [Uhr] wohlgemut los – in der festen Annahme, daß der Zug in Penig noch wie vorige Woche fahrt [sic] um 9 Uhr. Bums! Aus! Der Fahrplan ist ab 15.III. abgeändert. Der nächste Zug nach Glauchau fährt um 1830 [Uhr]! sagte man mir.

Einen ganzen Tag in Penig? Nie! Dann zurück! Über Chemnitz.

Man gab mir Auskunft, daß ich 1243 [Uhr] fahren könnte. Da komme ich wenigstens am Nachmittag noch an. So bin ich durch das verschlafene Städtel gepilgert, wieder

[*]

Mittag – im Hbf. Chemnitz.

Herzallerliebster! Ich denke an Dich. Ob Du wohl auch bald erlöst bist vom Dienst? Die Uhr zeigt ½ 12 [Uhr]. Um ¾ 11 [Uhr] landete ich mit meinem „Reisevogel“ – ich meine jetzt nicht meinen!, sondern den Bus! Regenwetter, wie es in Chemnitz oft ist, empfing mich. Gleich huschte ich in die großen Markthallen des Bahnhofs.

Feldküchengericht gibt’s am Donnerstag. Schnittbohnen mit Fleischklößchen und Sardellensoße. Ein ganz nettes Gericht. 50 g Fleischmarken, 10 g Fett, 40 g Brot. So wird man seine Marken los –––– fühlt aber im Magen noch eine sehr verdächtige Leere. Gut, daß ich noch paar Schnitten bei mir hatte. Ich bin nämlich noch immer Dein Vielfraß!

Nun sitze ich hier noch bis mein Zug abfährt. 1247 [Uhr] bis Glauchau[.] Herzelein, auf dem Plätzel sitze ich, auf dem wir einst saßen, als wir von Kamenz zurückkehrten, ich hatte den schlimmen Hals, weißt? Du armes [sic] hast mir die Krankheit forttragen helfen. Ich bin ganz allein in meiner Ecke.

Du! Ich sehne mich so nach Dir, Herzelein. Am liebsten möchte ich doch jetzt zu Dir reisen.

So aber muß ich die Kindertante spielen, ach Du! Ob ich Dir denn auch mal schreiben kann an den Tagen! Ich hoffe es sehr!

Nun will ich auch gleich noch diesen Brief an Dich auf den Weg schicken[.] Von Chemnitz aus geht’s recht schnell!

Herzlieb! Du bist immer in meinem Herzen! Ich muß Dich doch sooo lieb haben!

Oh mein Geliebter! Sooo lieb!

Gott behüte Dich!

Es küßt Dich Deine

[Hildi].

 

[* = Der Brief ist hier unterbrochen]

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Autor Hilde Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Hilde Nordhoff

Foto von Hilde Nordhoff. Nahaufnahme, Person im Sommerkleid, im Hintergrund Bäume.
Ba-OBF K01.Ff2_.A12. Hilde Nordhoff, 1940, Oberfrohna, Fotograf unbekannt, Ausschnitt aus Fotoalbum.

Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.

Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946