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[OBF-420404-002-01]
Briefkorpus

53.

Ostersonnabend, am 4. April 1942.

Herzallerliebster mein! Herzensschätzelein!

Nun bin ich ganz fertig — nun können die Feiertage kommen! Du!!! Wie schön, wenn Du zu mir kämest! Aber noch kann das nicht sein, Geliebter! Und ich will auch dem Schmerz nicht Raum geben über der großen inneren Freude, die uns das Osterfest bringt. Gewißheit auf den Frühling bringt es uns, und Freude über die Macht des Lichtes, der Sonne, die nun wieder gesiegt hat über die Finsterniß [sic] und Kälte. Und nicht zuletzt dankbare Freude darüber, daß wir unsern Heiland fest im Herzen tragen; diese frohe Gewißheit ist doch das allerschönste an einem Feste zu Christi Lob und Preis und zu Gottes Ehre. Ich bin ganz froh im Herzen, mein Lieb! Weil ich mit Dir so ganz eins mich fühle! Und weil tiefe Herzensliebe uns erfüllt! Oh Du!!!!! Reicher kann unser Leben nicht sein, als es durch das köstliche Gottesgeschenk unsrer Liebe nun ist. Du!!! Oh segne Gott unsere Liebe, unseren Bund! Führe er uns recht bald zusammen zu gemeinsamen [sic] Schaffen und Leben! Von Herzen wollen wir immer wieder darum bitten, mein [Roland]!

Du! Heute sind Deine lieben Boten angekommen! Es geht wieder mal ein wenig durcheinander. Bis zum Dienstag, den 24. März hatte ich Deine Boten bei mir. Donnerstag–, Sonnabend– und Sonntagbrief kamen heute an. Und Mittwoch– und Freitagbrief fehlen noch. An den beiden Tagen hakt es immer aus mit der genauen Zustellung. Das Heimatpostamt läßt vielleicht mittwochs und freitags nichts abgehen? Na, sie werden schon noch kommen, die Nachzügler, Du!! Ich nehme si[e] doch genau so lieb an mein Herz wie die anderen alle, Herzelein Du!!! Vielleicht noch ein bissel lieber sogar, weil die Freude groß ist, sind sie endlich da.

Nun will ich Dir doch erst mal einen ganz lieben, lieben Kuß geben, Du! Zum Dank für Dein liebes, treues Gedenken. Ich habe mich so gefreut über Deine lieben Briefe. Nun kann ich doch wieder lieb daran teilhaben an dem, was mein Mannerli treibt. Ich mag es ja so gern! Herzelein!

Da ist zunächst Dein Donnerstagbote. Große Wäsche am freien Nachmittag?! Ach Du liebes, armes Mannerli – wenn Du bei mir bist, dann kommt das nicht mehr vor. Strümpeln [sic] fehlen Dir? 1 Paar Militärsocken sind hier, total zerrissen, die habe ich angefangen anzustricken. Wo das andre Paar ist, weiß ich im Moment nicht. Ich will mal meinen Strumpfkasten durchsuchen, sonst sind sie vielleicht in K. Kannst Du denn nicht mal paar neue Paare Strümpfe verlangen? Es geht ja auch mal was kaputt in so 'ner langen Zeit! Du reißt Deine ganzen schönen Socken ab, die Dir die gute Großmutter gestrickt hat! Wenn sie es wüßte! Und keine Wolle, daß sie neue stricken könnte! Oja, ich habe welche, aber die sollen für ‚Friedenssocken' sein! —

Der erste Prachttag bei Euch. Und Du läßt ihn herein in’s Zimmer zu Dir! Recht so, Herzelein! Auf den Frühling bin ich nicht eifersüchtig, den kannst schon hineinlassen zu Dir, wenn Du allein bist, Du!! Ist jemand wenigstens, der es noch gut  meint mit Dir! Die liebe Sonne!! Vielleicht streichelt sie Dich mit dem gleichen Strahl, mit dem sie mich gestreichelt hat?! Dann ist’s doch gerade, als sei es ein Gruß von mir.

Im Kino warst Du am Donnerstag: Bismarck“. Gelt, das war ein guter Film?! Und einmal redest auch davon, daß Du Dir das Herz der Königin“ ansehen willst. Diesen Film sah ich auch, hat mir gut gefallen, besonders darum, weil er ein Stück aus dem Leben Maria Stuarts beleuchtet. Ich möchte gern einmal das Schauspiel „Maria Stuart“ sehen, das ist sicher noch schöner.

Und nun sorgt sich mein Herzelein um mich, daß ich mich nicht zu sehr übernehme mit der Wäsche und den Festtagsvorbereitungen. Du lieber, guter Hubo! Es ist nun alles glücklich überstanden und ich bin auch gut über alles hinweggekommen, Du siehst, Herzelein! Ich bin ganz fidel und munter! Und ich wünschte, Du bist auch so ganz froh! Du!!

Vorhin habe ich gleich noch 6 Päckchen für Dich fertig gemacht, weil die Mutter sich anschickte Wege zu gehen. Sie hat sie gleich mitgenommen. Es gibt überall keine Osterkarten, ich konnte Dir keine beilegen, Du! Und [ich] konnte auch heuer keine schicken an die Verwandten. Ich habe erst 2 Briefe fort, für die Eltern und Hellmuth’s! Die andern müssen warten — vielleicht gleich bis Pfingsten!! Das ist bei mir keine ausgefallene Idee — nein das kann leicht Tatsache werden. Ehe ich nämlich Dich warten lasse müssen 100 andre warten! Ich bewahre da eiserne Nerven.

Als Du aus dem Kino heimkamst am Donnerstag, fandest Du keine Ruh im Bettlein? Herzlieb! Ich wars' [sic], die Dich nicht schlafen ließ! Wir hatten D doch Jahresessen in der Kantorei! Und schau! Am gleichen Tage hielt auch mein Mannerli Waschfest! Eben habe ich’s Mutter erzählt und die läßt Dir sagen, daß sie Dich angagieren [sic] will für's nächste Waschfest, wenn Du es so fein kannst! Wegen Eurer alten Nachtwache haben sie Dich aus dem Bett geholt, die Bösen?! Seid Ihr denn so wenige jetzt, weil Du so oft an der Reihe bist?

Du! Nun brauche ich mich nicht zu wundern, daß ich so unruhig schlafe in diesen Nächten. Du denkst zu lieb heim, Du Guter! Ich bin Dir nicht böse! Für Dich bin ich doch zu jeder Stunde munter! Du!!!!!

In Deinem lieben Sonnabendbrief kommst Du so lieb zu mir, Geliebter! Bist ganz allein, die anderen sind im Hafen zur Musterung. Und das Mannerli muß die W Schreibstube hüten. [Er] Ist kein treuer Hüter! Ich muß ihn rügen! Läßt er doch ein Weibel ein zu sich!! Na, laß' [sic] Dich nur nicht erwischen, Du! Ich versteckte mich doch gleich in einem Schrank! Ach Du!! Ich weiß doch, wie schön es ist, wenn man so ganz allein und ungestört plaudern kann. Ich mag es ja selbst am liebsten so. Du!!!

Und ich verstehe auch, daß es Dir nur halbes Glück bedeutete, wenn ich gleich bei Dir wäre in Deiner Freizeit; im fremden Lande, da könnte doch meines Bleibens nicht sein – viel lieber kommst Du heim zu mir gelt? Wo ich Dich viel lieber erwarte! Du!! Ach, ich mag Dich doch auch am liebsten zuhause empfangen in unsrer Traulichkeit, Du! Und ich will ganz lieb und treu Dein warten, mein Herzelein! Will Dir die Heimat bewahren und fest, fest halten! Du sollst an einen ganz lieben Ort heimkehren! An Deinen liebsten Ort. Du!!!

Nun sagst Du mir, daß am Freitag die Ernennung zum Unteroffiziersanwärter gekommen sei. Nun ist es soweit, Herzelein! Ich freue mich doch für Dich! Es ist schon eine Freude, wenn die Leistungen gewürdigt werden.

Und nun ist nur eine große heiße Hoffnung und Bitte in uns: daß der Herrgott möge Deinen ferneren Weg behüten! Daß er mir Dich erhält, gesund und froh! Daß er Dich nicht noch weiter in die Ferne ziehen läßt! Oh Du! Und daß er Dir allezeit Kraft schenke, Deine Aufgaben zu erfüllen. Du weißt, Geliebter! Alle meine heißen Wünsche und meine besten Gedanken begleiten Dich, Du! Und wohin Du auch ziehen magst — ich folge Dir nach! Meine treue Liebe begleitet Dich immerdar.

Oh Geliebter! Denke froh und glücklich immer daran! Auch wenn es Dir einmal schwer werden sollte. Ich bleibe bei Dir über alle Ferne, über alle Zeit! Du! Ich bin Dein, gehöre zu Dir! Nichts kann mich von Dir reißen. Die nächsten Kurse beginnen am 20. April und währen bis 13. Juni. Diese Zahlen können vielleicht für Dich inhaltsvoll werden, mein [Roland]!

Bei allem. Kopf hoch – Gott vertrauen! Ich will Dir lieb und treu, helfend zur Seite sein. Mein [Roland], mein Schätzelein! Für heute laß Dir in Liebe und Dankbarkeit die Hände drücken! Ich denke Dein in inniger Liebe! In aller Treue und liebster Zärtlichkeit! Ich bin ganz Dein! Dein!!!!! Gott behüte Dich mir! Es küßt Dich, mein Herzelein innigst Deine [Hilde].

Wir wollen nachher um 5°° [Uhr] noch mal zur Oma, heute sind Tante M. u. die Kinder gekommen aus Glauchau! Viele liebe Grüße auch von den Eltern!

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Autor Hilde Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Hilde Nordhoff

Foto von Hilde Nordhoff. Nahaufnahme, Person im Sommerkleid, im Hintergrund Bäume.
Ba-OBF K01.Ff2_.A12. Hilde Nordhoff, 1940, Oberfrohna, Fotograf unbekannt, Ausschnitt aus Fotoalbum.

Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.

Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946

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