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[OBF-420912-002-01]
Briefkorpus

Oberfrohna.i. SA., den [*]

Sonnabend, am 12. September 1942.

Mein herzallerliebstes Schätzelein! Geliebter!! Mein [Roland]! Du!!!

Oh Herzelein!! War das eine lange Zeit von gestern Nachmittag bis heute Abend! Es ist ½ 900 [Uhr] vorbei und jetzt erst kann ich mich zu Dir setzen. Geliebter Du! Ach, wenn Du wüßtest, wie ich diese Stunde herbeigesehnt habe!

Wenn Du wüßtest, wie ich mich gesehnt habe, endlich wieder ganz nah bei Dir zu sitzen und Dir zu sagen, was mich bewegt. Ach Du!! Du!!! Mein [Roland]! Du! Ich bin ja sooo glücklich, daß ich den ganzen Tag nur bei Dir sitzen könnte und mit Dir reden, Du! Von unserm Glück! Von meiner Freude! Oh Du! Und in meinen Gedanken, da rede ich ja immerzu mit Dir, den lieben langen Tag. Ach, Du! Es geht mir doch nichts, nichts im Kopf herum, als immer nur Du! Nur Du!!! Oh Herzelein! Mein [Roland]!!!

Ich bin wieder mal ganz närrisch vor Glück und Liebe! Ach Du!! Das ist doch ein sonderbarer Zustand, so wonnig-schön ist die Vorfreude, doch so ungeduldig auch ist meine Liebe, ach – wie ich auf Dich warte! Du! Und zwischen Hoffen und Bangen gehen die Stunden dahin. Ach, Du! die Hoffnung hat doch stets die Übermacht. Geliebter! Es ist mir doch schon, als ob Du bei mir wärest, muß doch den lieben langen Tag oft immer mit Dir schwätzen – in Gedanken – ach, es ist das Glück, unser Glück, mein Glück, was nach Ausdruck sucht und verlangt. Ach Herzelein! Mein Lieb!!! Du! Wie Du mich bedrängst mit Deiner Liebe, es macht mich ja beinah bang! Du! Sooo sehr, sooo lieb kommst Du täglich zu mir, daß mir fast schwindelt vor Glück! Du!! Ich kann ja Deine ganze, große, reiche Liebe garnicht fassen all [sic]! Oh Herzelein! Herzelein! Wohin soll ich mich denn zuerst wenden?! Wohin ich auch schaue – überall strahlt mir das große Glück entgegen, unser großes Glück! Oh Du!! Geliebter! Heute sind ja schon wieder 2 so innigliebe Boten gekommen von Dir, vom Sonnabend und Sonntag schon! Ach Du! Und rückwirkend bis zum Dienstag habe ich ja noch garnicht lieb darauf eingehen können. Du füllst Deine lieben Boten so reich an mit Liebe, ach – daß ich garnicht nachkomme, Dir zu danken, m[ei]n [Roland]. Du! Ein Tag bringt immer mehr Glück als der andre. Du! Ich sehe um mich nichts als Glück und Freude und Sonne. Oh, wie reich bin ich! Wie reich und glücklich in Deiner Liebe! Mein geliebter [Roland]!

Ach Du! So gut geht jetzt die Post, daß ich für die kommenden Tage schon wieder eine Stockung ahne. Ach, beinah wünscht’ ich[`]s! Daß ich einmal nachkomme, Dir alles zu beantworten. Und doch! Sobald die Uhr morgens die 9. Stunde anzeigt, dann habe ich bei keiner Arbeit mehr Ruhe, da muß ich ans Fenster treten und schauen, bis der Postbote kommt. Ach Du! So bin ich d[oc]h schon immer gewesen, seit ich denken kann! Daß ich so, sooo sehnsüchtig auf Deine Briefe warte! Mein [Roland]! Es ist meine ganze Freude! Und daran hängt mein Leben! Du! An Deinem Liebgedenken! Als ich noch zum Geschäft ging, in unsrer Brautzeit und zuvor, ach wie bin ich da immer nach Hause gerannt wie der Wind, sobald es zum Frühstück klingelte. Ja Du! So närrisch verliebt, so ungeduldig war ich doch schon einst! Nicht bis Mittag konnte ich warten. Ach nein! Unmöglich [ – ] bei Regen, Schnee und Sonnenschein rannte ich los. Du! Weil ich so sehr sehnsüchtig auf Dich wartete, wie noch heute. Und so bleibt es doch zwischen uns ewig – für immer. Das fühle ich.[**] Das weiß ich.[**]

Wir sind erst ruhig und glücklich, wenn wir uns nahe beieinander wissen. Oh Herzelein! Welch glücklich liebend Paar wir sind! Du!!!!! Ach, möge der Herrgott unsere Wege segnen und uns in Güte leiten! Oh möge er uns einander erhalten noch lange lange!

Du!!! Ich liebe Dich! Ich liebe Dich! Mein [Roland]! Du!!! !!!!! !!!!!

Jetzt geht draußen ein Gewitter nieder. Es war sehr schwül den Tag über. Die Blitze erschrecken mich nicht, ich sitze im warmen Schein der Lampe und die Fenster sind verdunkelt. Ich höre nur den Donner grollen. Und danach zu urteilen, geht es ziemlich heftig zu. Ach Liebster, ich fürchte mich nicht, ich bin bei Dir. Und weiß mich in Gottes Schutz.

Die Eltern sind schon längst in Schlaf gesunken nun, sie waren so müde von d[e]s Tages Mühen. Ach – auch ich wollte vorhin, als das Abendbrot beendet war, am liebsten umsinken und schlafen. Aber nun, da es mich zu Dir drängt sehnsuchtsvoll, glücklich und dankbar, ach – da ist doch all mein Sinnen bei Dir. Du! Ich liebe, liebe Dich!!!!!

Ach Geliebter! Es war ein harter Arbeitstag heute, aber nun ist er ja geschafft und Deine Liebe hat ihn mir versüßt, verschönt, oh Du! Du!!!!! Und ich weiß doch! So wird es immer zwischen uns sein, wo wir die treue Liebe des anderen glücklich fühlen, da spüren wir nicht Mühsal, nicht Last, nicht Sorge und Schmerz – nie im Leben kann es anders werden zwischen uns! Unsere Liebe trägt uns, sie hebt uns über alles erdenhafte hinaus. Sie ist und bleibt die Himmelsmacht, die uns beglückt und selig macht bis in die Tiefe unsrer Wesen. Oh Du!!! Daß Du mich so liebst!

Und ich muß Dich so wiederlieben!

Du Herzelein! Wir sind doch mit unsrer Wäsche fertig geworden, bis zum Spülen und Aufhängen. Nun heißt’s erst abwarten, wie morgen das Wetter ist. Um 6 Uhr heute früh haben wir begonnen mit der Arbeit. Du! Ich war noch so müde, bin doch erst nach 1 Uhr nachts zu Bett, so wenig schlief ich, das Theater hatte mich so erregt – es war übrigens ein wunderschönes Erlebnis für mich, die "Maria Stuart”! Und wenn es irgend möglich ist, dann will ich mit Dir ein Schausspiel besuchen, Du! –

Ich schlief höchstens 4 Stunden, Herzlieb! Ich hab von Dir so süß geträumt! Du!!! Ach Du!! Und der Traum hat mich so erregt, daß ich erwacht bin. Dann war’s gleich Zeit zum Aufstehen. Ach Schätzeli! Wie haben alle 3 zugegriffen nachmittags, als Papa ausgeschlafen hatte. Viel zu tun war! Und um ½ 700 [Uhr] holten wir die Wäsche von der Bleiche. Einmal ist sie gespült und steht nun eingewässert bis morgen. Das Waschhaus haben wir auch schon wieder gesäubert und anschließend gebadet unten. Du! Ist das fein, wenn die Wanne so voll ist und man kann richtig planschen, ungeachtet des Fußbodens einmal! Eine wonne ists'! Du! Glaubst mir’s wohl? Du!

Vielleicht probieren wirs mal aus, wenn zu kommst!!! Malsehen [sic], ob es dann Wasser gibt, wenn Du da bist! Es kann doch sein – weil ja dann die Zeit stille stehen wird! – daß auch alle Brünnlein versiegen und einschlafen! Du! Ich weiß aber zwei, die versiegen nicht! Nein!!! Die beginnen erst recht zu fließen dann, oh Du!!!!!

Oh Herzlieb! Wie freue ich mich auf Dich! Gott sei uns gnädig! Herzlieb! Wenn Du kommst, dann ist doch gerade Vollmond und Herbstanfang am 23. und Kirmes in Oberfrohna! Ach soviel hohe, festliche Anlässe! Abes alles das kann uns doch nicht rühren, nicht in unsrer Freude und Seligkeit stören, in unserm Fest: daß wir uns wiederhaben! Daß wir uns wiederhaben!!! Du!

Ach Geliebter! Wie ich mich freue – ich kann[`]s nicht ausdrücken. Wenn Du nur erst bei mir bist! Ach Du!!!

Sag[,] wirst zu mir von Dresden oder Wien aus telegraphieren? Ach Du! Tu[`]s doch bitte, wenn’s Dir möglich ist, ich möchte Dich so gerne abholen! Und nur von Chemnitz. Gelt Herzelein?, wenn’s möglich ist, dan tu[`]s bitte. Du! Du!!! Noch einmal wird es Sonntag, dann noch einmal –

den nächsten Sonntag verlebe ich vielleicht in Kamenz. Und dann?!!! Oh! Du!! Will’s Gott sieht uns der andre Heimtag glücklich vereint! Du!

Ach Du! Geliebter! Bete mit mir innig zu Gott, daß er unseren heißen Wünschen Erfüllung schenke in Gnaden! O möchte Gott Dich segnen und behüten! Du bist doch all mein Glück! All mein Reichtum!

Geliebter! Ich muß jetzt ruhen, ich kann nicht mehr. Sei mir nicht böse, Du! Morgen will ich wieder zu Dir kommen. Ach, ich bin ja sooo sehr glücklich! Du!!!

Von den Eltern tausend liebe Grüße! Innigst küßt Dich Deine glückliche [Hilde]. Dein!!!

 

[ * = am oberen rechten Seitenrand in Druckschrift vorgedruckt auf jedem Bogen vom Briefpapier, ** = Satzzeichen ein kringeliger Punkt]

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Autor Hilde Nordhoff
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Über den Autor

Hilde Nordhoff

Foto von Hilde Nordhoff. Nahaufnahme, Person im Sommerkleid, im Hintergrund Bäume.
Ba-OBF K01.Ff2_.A12. Hilde Nordhoff, 1940, Oberfrohna, Fotograf unbekannt, Ausschnitt aus Fotoalbum.

Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.

Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946