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[OBF-420913-002-01]
Briefkorpus

OBERFROHNA i. SA, den[*]

Sonntag, am 13. September 1942.

Herzallerliebster! Du!! Mein geliebtes Herzelein! Mein allerliebster [Roland]!

Jetzt habe ich doch Feierabend! Du! Jetzt komme ich zu Dir und gehe nicht [eh]er wieder fort, als bis ich ins Bettlein muß. Du! Schätzelein! Wo magst Du denn jetzt sein? Wo finde ich Dich? Wohl auf dem Berge am heutigen Sonntag?

Damit Du schon einmal mit dem Blick dahinschweifen kannst, wohin Dich dann der Zug bald entführen wird?! Oh Du! Bald, bald – Geliebter! Es ist jetzt 4 Uhr am Nachmittag, wo wirst Du heute Kaffeestunde halten? Bei uns fällt sie heute aus, weil wir spät zu Mittag gegessen haben, sind garnicht hungrig und um 600 [Uhr] halten wir dann gleich Abendbrot.

Ach Du! Ich bin doch heute Nacht kaum zur Ruhe gekommen, das Unwetter tobte noch b[is] Mitternacht. Es waren einige recht heftige Schläge dabei; aber gottlob hat es nirgends Schaden angerichtet. Ich kann nicht ruhig sein, wenn ein Gewitter niedergeht, besonders nachts, dann sind alle Sinne hellwach. Endlich ließ das Grollen nach und der Regen rauschte nur noch hernieder. Und ich dachte an unsere Wäsche, die wir ja draußen aufhängen wollen! Ich bin dann im Träumen und Denken an Dich eingeschlafen, ach – ich war doch so schlafbedürftig und alle Glieder schmerzten vom Hantieren. Gegen 8 Uhr heute morgen weckte mich Papa, ich mußte in der Kirche mitsingen zum Heldengedenken. Aller [sic] 14 Tage findet es statt. Heute wurden 4 verlesen. Ach, es ist grausam, welche Lücken dieser unselige Krieg reißt. –

Liebes! Vor dem Kichgang brachte ich doch erst Deinen Boten zur Post, die Botin hatte nichts für mich. Ach, ich habe ja auch nichts erwartet heute, habe doch so viel Liebes von Dir in Händen, daß ich doch garnicht weiß, wo zuerst beginnen. Ach Herzelein! Mein Herzelein! Und vorhin habe ich doch gleich einmal wieder die Tage gezählt, die noch ablaufen müssen, bis wir uns wiedersehen, Du! Ach Du! 11 sind es noch. Und nur noch ein Sonntag dazwischen! Geliebter Du! Und wenn es bei dem Plan bleibt, daß Du am 22. abfährst, ach Du! dann kann ich Dir doch garnicht mehr so viele Briefe schreiben, sie treffen Dich doch sonst garnicht mehr an. 7 Tage rechne ich durchschnittlich mit der Postzustellung bis zu Dir und da könnte ich Dir d[oc]h am kommenden Dienstag schon das letzte Mal schreiben. . [sic] Ach Du! Da wird mir doch ganz heiß! So wenig Zeit ist nur noch?! Und sooo viel habe ich Dir noch zu sagen! Soviel ist noch zu bereden; Frohes, Glückhaftes, Wichtiges, Liebes – ach, was weiß ich nicht alles! Du! Werde ich denn auch an alles denken, was ich Dir noch sagen will? Werde ich nichts vergessen? Ach, Du!! Herzelein! Ich will doch solang warten, bis Du mir schreibst, von welchem Tage ab ich meine Post einstellen soll. Es kann sich doch noch ändern und dann bist Du ohne Nachricht von mir. Du!!! Du!!! I[ch] werde doch nun immer unruhiger, warte immer ungeduldiger auf Deine weiteren Nachrichten. Und warte doch im Grunde nur auf Dich! Ach mein [Roland]! Mein Herzelein! Welch ein froher Aufruhr ist in meinem Herzen angebrochen! Und ich kann doch nicht stille sein, als bis ich Dich mein Lieb in meinen Armen halte. Oh du! Komm bald zu mir! Du!! Ach, was alles haben wir noch vor!! Die Mutsch und ich! Du glaubsts' wohl kaum. Wir sind ganz aus dem Häusel vor Freude und Drasch. Und der Papa sieht unserm Treiben mit einem Schmunzeln zu, er sagt immer: [„]Wenn ich bloß [einen] ½ Zentner Mehl auftreiben könnte, daß wir etwas backen könnten!" Aber da siehts' böse aus. Ach, wir freuen uns doch auch mit Wenigem unsres Beisammenseins, gelt mein Lieb? Zum Sattessen reichts allemal! Und die Extrawünsche müssen wir halt im Kriege zurückstellen, damit habe ich mich auch längst abgefunden. Ach Du! Trotz allem, allem wird uns jeder Tag ein Feiertag sein! Ich weiß es.

Du, die Mutsch legt eben wieder Senfgurke ein und fragt mich, ob D[u] sie gern magst! Ich weiß es doch garnicht gleich! Zu meiner Schande. Weiß nur, daß Du saure Gurken gern magst. Aber unsre Senfgurke wirst Du auch nicht verschmähen. Du! Mir wird ganz Aangst und Bbange, wenn ich an alles denke, was ich noch vorhabe, bis Du kommen wirst. Und ich habe doch die Mutsch schon bearbeitet, daß sie vom Geschäft wegbleiben soll für [ein] paar Wochen – not tuts' ihr obendrein mal, daß sie ausspannt –

ich muß sie zuhaus haben, Du! Deinem Weibel raucht der Kopf, hat so schrecklich Lampenfieber! Ach Du! Ich bin doch diesmal vor Deinem Kommen so furchtbar aufgeregt, so aufgeregt! Ach Du! Und ich möchte doch auch in den Tagen, da Du bei mir bist, ganz ausschließlich für Dich nur da sein! Ganz für Dich da sein von früh bis spät! Ach Du! Zu sehr sehne ich mich doch nach Dir! Und ich lasse Dich keinen Augenblick los! Du!!! Hab doch solang warten müssen auf Dich, ach!!! Geliebter! Ich will Dich so ganz erleben in den gezählten Tagen daheim! Du kannst mich gewiß verstehen, Geliebter! Und die Mutsch tut mir den Gefallen, ich habe ihr schon das Versprechen abgenommen, Du! Sie tut es uns beiden zuliebe! Die Gute!

Ach Du! Ich bin ja sooo glücklich! Oh gebe Gott, daß uns Erfüllung wird! Wenn Mutsch schon vorher daheim ist, dann brauch ich mich auch nicht so abzurackern. Ach – ich möchte doch auch so gern noch mal nach Kamenz zu der Eltern Geburtstage. Ich bleibe nur bis zum Montag, den 21. September. Vater Sch. hat ja unserm Papa auch bissel Mehl versprochen, daran möchte ich ihn mal so leise mit meiner Anwesenheit erinnern. Das möchte ich doch mitbringen. Weißt[,] was ich den lieben Eltern schenke? Mutter einen schönen Eimer – das ist ihr heimlicher Wunsch – und Vater eine Garnitur von Papa, aus dem Geschäft besorgt: Kohlenschaufel, Feuerhaken, als Schmuckstück zugleich verarbeitet. So Kunstschmiedearbeit, gelt? Schön siehts‘ aus[.] Und weiter habe ich heuer nichts. Einen großen, schönen Riedebusch bringe ich mit, wenn ich komme. Und wenn mein Mannerli Seife hat, dann wird sich Deine liebe Mama gewiss recht freuen.

Da ich die Kinderschar nicht ausfallen lassen kann – weil ich Ferien mache überall, wenn Du kommst! kann ich erst am Donnerstagfrüh nach Kamenz fahren. Ach Du! Du!!!!! Und dann fahre ich doch die liebe vertraute Strecke nochmal mit Dir, mein [Roland]! Du! Schätzeli! Gerade wenn ich nach Kamenz reise, wenn ich froh sein werde und faulenzen, da wirst Du Armes[,] Liebes schwitzen! Hast [Du] doch am 17. und 18. Prüfung. Du! Ich will doch ganz fest und lieb an Dich denken und will alle Daumen drücken, daß Du bestehst!! Ach, darum brauche ich wohl nicht zu bangen, Herzelein! Höchstens, daß Du vor Aufregung und Urlaubsdrasch einen Bock schießt! Ach, Du wirst Dich schon zusammenreißen, mein Manner[li]. Ich habe ja so lachen müssen über Deinen vorletzten Tag! Das war so richtig ein Zeugnis Deiner Verfassung! Die mich doch nur glücklich machen kann! Wenn Du weißt, daß Du heimkannst [sic] zu mir bist Du so aufgeregt, daß Du alles andre vergißt. Ach Du lieber, lieber Fratz! Könnt dich doch gleich einmal ganz lieb drücken vor Freude umd Glück! Du hast mich sooo lieb! Oh Du!!!

Wenn Du da bist erst, dann wollen wie nur alles, was nicht niet- und nagelfest ist anbinden – vor allem die Schlüssel – sonst verlieren wir am Ende noch unsermn Popo. Ich kann nämlich auch für nichts mehr garantieren, wenn ich Dich um mich habe, Du!! Dann sehe ich nur noch Dich – nur Dich! Ach Du! Es ist doch wie ein Wunder = ein Märchenland, das ich schaue, wenn ich an das Wiedersehen mit Dir denke. Mein geliebter [Roland], ach Du! Du!!! Wenn es doch nur erst soweit wäre! Geliebter!!! Geliebter!!! Mein [Roland]! Du!!!

Ach Herzelein! Vielleicht dürfen wir in Zukunft hoffen, daß wir nicht stets so lange warten müssen auf ein Wiedersehen, wie zuletzt. Und wenn dem nicht so wäre, Geliebter, ich wollte auch nicht verzweifeln! Bin ja Deine tapfre Soldatenfrau; ich kann es doch verstehen, daß es nicht nach Deinem Wunsch und Willen geht beim Urlaub. Andere Soldaten müssen noch viel länger warten, ehe sie heimdürfen [sic]! Und wie wäre es, wenn Du mit ausfahren müßtest als Matrose? Oh, wie lang bliebe Dir da die Heimat in weiter Ferne! Und wie groß wäre mein Sorgen, die Angst um Dich. Ach Du! Wir können ja nicht anders, als nur zutiefst dankbar sein für das, was Gott uns schenkt. Geliebter! Bedenke Du mit mir froh alle Segnungen dieses Weges, den wir schon miteinander zurücklegten. Laß uns zuversichtlich vorausblicken!

Mein Schätzelein! Ich hatte kaum Zeit, den angefangenen Gedanken zu Ende zu führen, es kam nämlich Besuch – ein kunzer zwar nur, aber immerhin eine mir unwillkommene Abhaltung – Ilse Sch. Sie wollte uns nur mal Guten Tag sagen, ihr Weg führte sie anschließend zu Hellmut W. weißt? aus der Singstunde. Da ist ein Bübchen angekommen und er ist auf Urlaub zuhaus. Ach, daß ich mich doch nicht einmal gleich vergraben könnte, oder einschließen, wenn ich mit Dir allein sein will! Dabei bin ich nun in aller Freiheit zuhaus, könnte es! Und kanns eben doch nicht, weil ich nach jeder Seite hin gebunden bin. Da ist man nach dem und jenem gefragt und ständig ist was andres los, wenngleich die Eltern vermeiden, mich beim schreiben unnütz zu stören.

Jetzt haben wir erst mal Abendbrot gehalten, es ist 600 [Uhr] vorbei. Und nun beginnt die liebe Sonne, die sich auf den Abend nun ganz hervorgewagt hat, w[ie]der hinten im Westen zu versinken und wir möchten vorm Dunkelwerden die Wäsche abnehmen. Es trocknet schlecht heute, es war richtige Treibhausluft: feucht-warm. Bis Mittag war das Wetter diesig, aber dann wagten wirs doch, aufzuhängen. Trocken wird nicht alles. Es gab den ganzen Tag noch Arbeit mit der Wäsche und heroben mußte auch Ordnung geschafft sein, damit einem nach der Arbeit bissel sonntäglich zumute ist. Gottseidank habe ich morgen nichts mehr zu tun unten im Waschhaus. Da kann ich bloß fleißig Wäsche legen! Und st[opf]en und ausbessern. Man atmet auf, ist das Waschfest wieder mal vorüber. Mein Schätzeli hat auch Waschfest?! Du! Bringe nur Dein schmutziges Zeug mit! Wir waschen es doch daheim und stopfen Dir alles! Plag Dich nicht!! Wo Du doch nun ein Frauchen hast, brauchst doch nimmer allein Dich abzuquälen! Freilich, immer klappt es nur nicht, daß ich Dir helfen kann. Aber das wird auch mal besser, Du! Laß nur erst Frieden sein, Herzlieb! Ach Du! Was wir im Frieden dann wollen anstellen mit der ganzen, schönen, langen Zeit, Du! Darüber müssen wie uns doch mal den Kopf zerbrechen!!

Ach Schätzelein! Ich habe mir jetzt wieder Deine beiden so lieben Boten vorgenommen, die gestern ankamen. Von Sonnabend + Sonntag sind sie. Du! Sitzt doch vorm Tintenfaß und gleich wird eine Arbeit steigen und die kurze Zeit dazwischen nützt das findige Mannerli, das naschhafte!, seinem Weiberl ein liebes Gutenmorgenküssel zu geben. Wie freilich waren meine Augen schon blank, als es nun ankam, Dein Küssel, gestern früh! Und ganz munter war ich auch! Und hatte schon meine Arme gestählt am Waschfaß! Du!! Daß ich Dich doch gleich ganz fest und stark umfangen hätte können, wärest Du leibhaftig zu mir gekommen, ach!! Du! Bald bald – so Gott will – wird alles glückhafte Wirklichkeit sein, was wir uns oft, soo oft erträumen! Mein [Roland]! Ich liebe Dich! Ach – liebe Dich so innig, sooo innig, wie Du mich und noch meh[r]! Du! Ich werde Dich doch toddrücken [sic] vor lauter Liebe, wenn Du erst bei mir bist. Ach Herzelein! Du bist ja schon so voller Ungeduld, aus Deinen ganzen Zeilen spüre ich es doch! Du! Wie Du Dich freust! Wie Du Dich sehnst! Wie Du mich liebhast! Oh Du!!! Mein [Roland]! Und Du bekennst es ja selbst mir, daß Deine Gedanken Dir meiner davoneilen, daß Du immer ungeduldiger wirst. Ach, Du willst doch nun endlich bei mir sein – Geliebter! Wie ich nur bei Dir sein will bald! Ach Schätzeli! Du stellst eine gar sonderbare Frage an mich: "wirst Du mich denn auch noch lieb haben, wenn ich nun nach so langer Zeit wiederheimkomme [sic], wenn Du mich nun wieder leibhaftig vor Dir siehst?“ Herzelein! Du! Wie kannst Du so fragen! Wenn auch viele fremde Gesichter, fremder Männer flüchtig meinen Weg kreuzten, das Bild des Geliebten kann mir keiner verdrängen aus meinem Gedächtnis, noch aus meinem Herzen: Und wenn ich sie mir auch erst wieder all zusammensuchen muß, die lieben Z[ü]ge, sie entdecken muß auf[`]s neue; denn ich werde Dich doch nun bald wieder ganz lebendig schauen dürfen, so wie man es sich nicht merken kann, Geliebter! Ich werde Dich müssen liebhaben, liebhaben! Du!! Ach Du! Herzelein, und käme mir an Dir alles neu vor und verändert, ich muß Dich immer liebhaben; denn zwischen unseren Herzen ist letztes Vertrauen, ist Traute, Aufgeschlossensein und Bekanntsein! Ach Du! Das ist doch das Entscheidende, die Herzenstraute. Oh Du! Mein geliebter, lieber [Roland]! So wie Du empfindest, daß Du in die Heimat k[o]mmst, in die trauteste meines Herzens, Heimat die ich Dir bereite und bewahre treu und lieb, daß Du wie ein Schwälbchen zum Neste kommst, zum trautesten in dieser Welt, ach so fühle ich doch auch, wenn ich endlich wieder an Deiner Brust mich bergen kann! Oh Du!!! Um diese Herzenstraute, um die Verbundenheit unsrer Herzen und um das Heimischsein beieinander geht doch all unser Tauschen im täglichen Briefe. Drängen der Liebe – Herzensbedürfnis weist uns diesen We[g], auf dem wir einander nicht verlieren können. Ach Du! Ich werde mit Dir diesen Weg weitergehen!! Wir können ja nicht anders! Geliebter!! Ach Du! So wie es Dir ein ganz großes Glück ist, wenn Du zu mir nun kommen darfst, Du hast nur mich. Ach, ein ebenso großes tiefes Glück bedeutet es mir doch, Dich zu empfangen! Du!! Ich habe nur Dich in der Welt! Ich warte ja nur auf Dich allein! Oh Geliebter! Im Grunde waren wie doch vor unserm Zusammensein auf dieser Welt so allein, trotzdem wir die lieben Eltern haben und Du Geschwister. Wir sind doch nun erst ganz daheim, ganz glücklich und geborgen! Ach Du! Dein Kommen, ach Deine Nähe sie bedeutet mit ja so unendlich viel – alles, alles! Du!!! Das Wiedersehen mit Dir ist mir doch auch Heimkehr! Glückhafte Heimkehr!

Ach Geliebter! Es kann doch nicht anders sein, weil wir uns so sooo liebhaben! Weil wir einander die Vertrautesten sind!

Ach Du! Nichts nichts reicht doch an die Schöne und Tiefe unsrer Herzensverbundenheit heran, an das Glück! Du! Ich bin doch so froh und glücklich und ganz erfüllt von Deiner Liebe – ach, daß ich manchmal doch garnicht glauben kann, daß Du es auch bist. Und Du bist es! oh Du!! Du!!! Zu groß ist unser Glück!

Geliebter Du! In diese Glücksgedanken mischt sich doch auch ein ernster mit. Wie das Schickal auch verfahre mit uns – es hat uns die Trennung gebracht – und Gott gebe, daß sie bald vorüber ist, er verhüte das Schlimmste! Wie Du einst auch heimkehren magst, müde vom Kampf oder – Gott verhüte es gnädig – beschädigt vom Kriege, irgendwie. Geliebter Du! Eines sollst Du Dir tief ins Herz einprägen für ewig:

Deine [Hilde] wartet auf Dich, ihr Lebenlang [sic]! Sie wird Dich immer, immer mit weitoffenen [sic] Armen empfangen! Wird Dich, wie Du auch einst heimkehren wirst, in innigster Liebe umfangen und glücklich ans Herz drücken wie einen unendlich kostbaren Schatz! Du!!!!! !!!!! !!! Ich liebe Dich! Ich liebe Dich aus tiefstem Herzen! Du! Das sollst Du ganz froh und gewiß glauben, ganz froh und gewiß: daß ich Dich sooo lieb behalte! Daß ich Dich nur immer lieber gewinne! Daß ich Dich nie und nimmer lasse, Herzlieb! Ach Du! Das ist in mir ein jubelnd, glückhaft, sieghaft Bekennen. Ich liebe Dich so sehr! O segne Gott unsre Liebe allezeit, bewache er Dich gütig, mein Liebstes! Oh Du! Ich fühle doch, wie Du mich liebst, sooo herzinnig liebst, Du!!! Und ich will mich doch all Deiner Liebe ergeben, mein [Roland]! Will mich ganz einhüllen lassen in Deine Liebe! Will sie nehmen! Überglücklich!!!

Ach Herzelein, wenn ich an alle Seligkeit denke, die mir ein Leben an Deiner Seite verheißt, oh dann will mir doch schier das Herz springen vor Glück und Jubel! Oh Du! Mein [Roland]! Wenn Gott es uns schenkt, daß wir miteinander gehen dürfen, welches Glück! Welches unendliche Glück! Ach Du! Du!!! Schätzelein! Ich darf doch heute Abend garnicht länger mich hineindenken in meine Herzensseligkeit, die Sehnsucht steht so brennend auf, oh Du! Daß Du doch bald zu mir kommst! Geliebter! In Deinem lieben Sonntagboten sehe ich doch, wie gern Du bei mir sein magst, sogar Dein Spazierstündchen am Abend hast Du mir geschenkt! Du! Ich sehe doch, wie lieb Die mich hast, an tausend Beispielen und Beweisen. Ach Du! Wir sind doch auch am glücklichsten eines im anderen! Herzlieb, [Du] sagst mir, daß es bei Euch schon zeitig dämmrig wird, wie hier auch. Und wir werden doch im Urlaub schon fein ein Dämmerstündchen halten können.

Du! Schätzeli! Ich will doch die Bücher von Dauthendey noch ein Weilchen behalten, bis Du da bist, dann wollen wir zusammen lesen darinnen, ja? – Ach Du! Wie gern lasse ich mich doch immer wieder anstecken von Deiner Vorfreude auf den Urlaub, wie Du Dir lieb schon alles ausmalst! Ach Du!! Gleich aufspringen könnt’ ich ja und zu Dir eilen! Geliebter mein.

Du! Du!!! Ach komme bald, bald heim zu mir, in meine Arme! Du! Ich muß mich sooo sehr nach Dir sehnen, Goldherzelein!

Ach Geliebter, wir gehen doch ganz eng aneinandergeschmiegt Seit an Seite, auch über die Ferne. Sind einander ganz zu eigen, so ganz! Und was uns so fest bindet, das ist Glut der Liebe, Wogen der Liebe. Ach, ich weiß es beglückt: Deine Liebe ist so entschieden gerichtet wie die meine, Du! Es geht kein Strahl, keine Welle davon verloren. Oh Du! Ich bin ganz Dein – Du bist ganz mein!

Herzlieb! Nun ist es doch längst finster geworden draußen und ich sitze in der Küche beim Lampenschein, die Eltern sind zu Bett gegangen. Mein Lieb wird nach den Sternen wieder schauen, wenn es heimkehrt von seinem Spaziergang am Sonntagabend. Hoffentlich gab man Euch diesmal Marschproviant!! Und wird doch nach dem Himmelswagen schauen, der aber abends in der falschen Richtung steht, da dürfte m[ei]n Mannerli doch nicht einsteigen, käm es nicht an bei mir! Steige nur morgens ein Herzlieb! Dann fährst Du richtig! Du!!! Ach Du! Wenn Du dann bei mir bist! Geliebter! Geliebter!!!

Mein [Roland], nun will ich einen Punkt setzen, ich bin nun müde. Ich wollte heute der lieben Mutter einen Geburtstagsbrief schreiben, ich bin nicht dazugekommen; nun muß ich mich gleich morgen früh hinsetzen, damit er auch zur Zeit ankommt.

Ach Schätzelein! Es ist doch gut, daß Du nicht daheim bist, wenn Waschfest war, dann bin ich doch immer ein bis zwei Tage so müde. Du! Und könnte Dich doch garnicht liebhaben, ganz sehr liebhaben. Und das müssen wir doch an den wenigen Tagen, die uns geschenkt sind. Du! Aber einmal wird das Tor verschlossen sein zum Gärtlein, hast zu schon nachgeschaut? Anfang Oktober! Da müssen wir doch ganz artig sein. Du! Werden uns Kraft schlafen zu neuem Liebhaben. Ach Geliebter! Wie sehne ich mich so sehr, Herz an Herz ganz nah bei Dir zu sein. Oh Du! Geliebter! Und wenn ich nun im Bettlein liege werden mich die liebsüßen Gedanken an Dich nicht ruhen lassen; denn wenn das Licht verlöscht, dann ist die [Na]cht, dann bin ich allein und dann fällt Ferne und Trennung wie ein Mantel von mir ab, dann gehen alle Gedanken so fest und innig zu Dir! Ach Du! Dir ergeht es ja ebenso, Du! Oh Du! Du mein Auserwählter, Du darfst mit mir alle Liebe feiern und krönen. Die heiligsten Pfande will ich mit Dir tauschen. Mit mir sollst Du zum Brünnlein gehen aller Liebesseligkeit. Und dies S[...]boe [*unleserlich] soll uns immer so bedeutsam bleiben, köstlichstes Geschenk, das wir einander aufheben und bewahren wollen – uns ganz allein! Du sollst mein Vertrautester sein immer, mein Beschützer – ich Dein liebend Weib! Oh Geliebter! Ich bin ganz D[ei]n! Ich lasse Dich nicht mehr von mir! Behüte Dich Gott! Er sei mit Dir auf allen Wegen! Ich bin Dir ganz nahe immer! Ich liebe Dich! Bin ewig Dein! Mein [Roland]!

Deine glückliche [Hilde].

 

[*am oberen rechten Seitenrand in Druckschrift vorgedruckt auf jedem Bogen vom Briefpapier]

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Autor Hilde Nordhoff
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Über den Autor

Hilde Nordhoff

Foto von Hilde Nordhoff. Nahaufnahme, Person im Sommerkleid, im Hintergrund Bäume.
Ba-OBF K01.Ff2_.A12. Hilde Nordhoff, 1940, Oberfrohna, Fotograf unbekannt, Ausschnitt aus Fotoalbum.

Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.

Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946