57.)
Donnerstag, am 17. Dezember 1942.
Mein allerliebstes Herzelein! Liebster [Roland]! Du!!
Es ist mit dem Gongschlag 18 Uhr sieben!
Du! Nun komme ich aber erst mal zu Dir! Will doch um 8 Uhr auch zur Singstunde gehn. Vor Weihnachten möchte ich das. Ach Herzelein! Mir ist doch jetzt eben ganz weihnachtlich um die Nase, sogar bis in den Bauch hinein ist’s mir ganz weihnachtlich! Unser Stollen steht im Wäschekorb hier in der Stube, frisch vom Bäcker! Und eben haben wie den frischen Kartoffelkuchen probiert miteinander! Fein! Fein!! Ach Mannerli! Wenn Du doch könntest mithalten! Du! Wie gut das duftet! Nun kann aber Weihnachten werden. Ja, seit morgens um 1/2 7 Uhr werke ich schon wieder rum. Da bereitete ich erst mein Backzeug vor, alle Zutaten. Habe doch heuer das erste Mal alles ganz allein gemacht und auch ganz allein bin ich backen gegangen.
Unterdessen war's ½ 9 [Uhr] geworden. Dann wusch ich auf, räumte die Küche auf, setzte mein Mittagessen auf den Herd: Nudeln mit Rindfleisch. Dann gab ich der Postmaid den Boten an Dich mit, weil sie keinen für mich hatte. Und anschließend trug ich mir alles zusammen aus Keller, Schuppen und Oberboden, was man zum Waschfest benötigt. Das war eine Schlepperei. Weil ich alleine war, mußte ich so viele Male laufen, ich will mir doch keinen Bruch heben! Ja, glücklich war alles beisammen. Wasser in den Kessel, Feuer angemacht und mittlerweile Wäsche sortiert. Bettwäsche gut ausbürsten von links!, da sitzen viel hutzeln, die du nicht mehr wegkriegst, wenn sie einmal nass sind!! 4 Wannen sind wieder voll! Und die setzte ich nun unter Wasser. Wenn Mutsch aus dem Geschäft heimkommt, so sagte sie mir, will sie essen und gleich anfangen zu waschen, das Bunte. So war’s denn auch. Es ging der Vormittag im Fluge hin. Nach Tische wusch ich wieder auf, packte meinen Korb für den Gang zum Bäcker und zitterte ab! ½ 3 Uhr war's.
Nach einer Stunde reichlich, es dunkelte schon, kam ich wieder. Ich half der Mutsch gleich die bunte Wäsche spülen und auch die Wringmaschine drehen, dann hängte ich sie alle auf den Boden, derweil bereitete Mutsch alles vor für den Start: morgen früh! Nun kochte ich Papa Suppe, Mutsch bereitete Schnitten. Dann holte ich die Stollen mit Vater, das war um ½ 6 Uhr. Nun kannst mal sehen, was noch am Tage dran ist bei soviel Geschäften – rein nichts. Während ich singen gehe, will Mutsch Dir schreiben! Unsre Kostumen [sic] sind soweit auch fertig, bis auf die Perücken und die Garderobe. Das wird ein Stück Sonntagsarbeit.
Ach Du!
Morgen? Ob ich Dir da scheiben kann? Mal sehen Schätzelein, wenn es irgend angeht, ein Grüßchen bekommst Du schon! Du!!!
Nun geht’s mit Riesenschritten auf die Feiertage zu. Und ich muß immer denken, wie schön es wäre, könnte ich Dich nun auch empfangen zuhaus, wie viele andre Frauen ihre Männer. Es ist nicht möglich. Aber Du! Das wird mich nicht traurig machen Herzelein! Ich komme ja dafür zu Dir! Gelt? Du!!!!! Halt mich nur fest!
Und halt mich lieb! Dann werde ich’s spüren bis hierher! Ach Du mein allerliebstes Herzensmannerli! Mein!!! Ich bin doch so von Herzen glücklich in Deiner Liebe! Ach Du! Du!!! Herzelein, sag? Weißt Du es denn noch? Mußt gar bald wieder einmal zu mir kommen, daß ich Dir's sage, daß ich Dir’s beweise... Wie lieb ich Dich hab! Ach Herzensmannerli! Nun ist bald Dein Geburtstag. Und ich wär doch zu gerne selbst bei Dir an dem Tage. Ich müßte Dich aber liebhaben, sooooo liebhaben!!! Oh Du! Ich darf doch garnicht so sehr lang bei diesen Gedanken verweilen! Herzelein! Die Sehnsucht packt mich. Nach Dir!!! Du! Ich habe aber trotz allem Dagegen [sic] meiner heimlichen Wünsche und Sehnsucht eine leise Hoffnung! Und eine wunderbar schöne Hoffnung auch!
Soll ich sie Dir verraten? Du! Ach Du! Daß Du vielleicht an meinem Geburtstag bei mir bist! Ach Du! So Gott will. Geliebter! Hoffe Du mit mir! Und wenn wir dann beide so lieb und so sehr hoffen und wünschen und immer daran denken, dann wird uns doch auch Erfüllung werden wie jedesmal bisher. Du!! Ich ziehe sich mit meiner Sehnsucht heim!
Und Deine Sehnsucht läßt Dir Flügel wachsen, heimzueilen. Heim in meine Arme! An mein Herz! Oh Du!!! Mein [Roland]! Wie will ich Dich lieb, lieb und innig umfangen. Du mein Allerliebstes! Allesköstlichstes hier auf Erden! Ach Herzelein! Wenn es möglich wäre, ich spränge doch sofort auf und eilte Dir entgegen! Hin zu Dir! In Deine liebe Nähe! Oh Du! Wie ich Dich doch liebe!!! Mein Herzelein! Es ist doch ganz schlimm mit meiner Sehnsucht. Du!! Aber ich kann ganz tapfer sein! Dir zuliebe! Und ich verrate doch meine Sehnsucht auch nur Dir allein, Du!!! Ob es der Mond ist, der runde sehnsüchtige, der immer in mein Kämmerle schaut abends und mir sagt, daß er auch Dich sieht!? Dich, mein Herzelein! Und der mir Grüße bringt von Dir! Ach ja, es mag so sein! Und die vielen lieben Sterne immer jetzt des Abends! Ach, sie alle stehen so hoch, daß sie bis zu Dir hin schauen können! Wie beneide ich sie, Du!
Aber das ist wohl töricht. Denke doch, Mannerli! Kämest Du nun heim und ich wäre ein Sternenweibel, dann könnte ich Dir doch garnicht nahe sein! Wohnte hoch oben am Himmel! Und mein Liebes sähe nur sehnsüchtig hinauf nach mir. Genau so sehnsüchtig, wie ich als Sternenfrau nur so sehnsüchtig nach Dir hinauen [sic] kann. Ach, was macht denn das Sehen können allein aus! Ich will Dir doch nahe sein! So ganz nahe sein! Du! Du!!! Bleiben wir doch lieber die Menschenkinder, die wir sind. Dann haben wir einander doch so ganz wenn uns ein Wiedersehen beschert ist. Und das Bild des Geliebten, das tragen wir doch immer auch im Herzen drin, selbst wenn wir es mit Augen nicht sehen können. Du! Oh Du!!
Wenn Gott uns nur gnädig bleibt, mein [Roland]. Das ist alles, was zu unserm Glücke sein muß.
Als Menschenkinder, so wie wir sind, so mit all unsrer großen heißen Liebe im Herzen, sind wir doch am allerglücklichsten gelt?
Oh Du!! Mein [Roland]!! Ach, ich fühle es tiefbeglückt! All mein großes tiefes Lieben, es kommt mir doch von Dir! Deine Liebe strahlt bis in mein Innerstes hinein, Du mein Sonnenschein! Du machst mich so froh und selig! Du machst mein Herze so laut schlagen, so glücklich bewegt! Du!! Aufjubeln möchte ich, weil ich so glücklich fühle: Du bist mein! Du gehörst mir so ganz! Ach mein [Roland]! Halte mich immer so ganz fest. Laß mich nimmer von Deiner lieben Hand!
Du! Ich fürchte mich allein. Fürchte mich vor der großen kalten, herzlosen Welt. Du mußt mich behalten. Ach Herzelein! Ich kann doch nimmermehr froh bleiben ohne Dich bei mir zu fühlen! Du!!! Bist doch mein Herzschlag, mein Atem! Bist mein ganzes Glück! Mein Ein und Alles!
Ach — Du!!! Es drängt sich mir so vieles auf die Lippen, was ich Dir sagen möchte. Ich kann es Dir doch nur aufschreiben, Geliebter!
Und Worte reichen ja nicht hin, Dir all das zu sagen, was mir im Herzen glüht! Oh Geliebter mein! Wie matt scheinen mir diese Zeichen hier alle gegen das, was hier drinnen wogt und flammt! Du!!! Ich liebe Dich! Ich liebe Dich! Ach [Roland], lieber, liebster [Roland] mein! Halt mich fest! Ich muß Dich unendlich liebhaben. Du!! Gott behüte Dich!
Du! Es hat sich doch müssen wieder einmal herausdrängen aus mir. Ich mußte es Dir wieder einmal sagen, wie gut ich Dir bin, Du! Wie ich Dich immer, immer lieber gewinne: Und mit meinem Jubel und Frohsein im Herzen laß´ Dich küssen zum Abschied! Zum Abscheid für nur wenige Stunden, Du!
Bald bin ich doch wieder bei Dir! Gott schütze Dich! Mein Alles.
Ich bleibe ganz Deine [Hilde]. Deine glückliche [Hilde].[Hilde]. Deine glückliche [Hilde].
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Hilde Nordhoff
Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.
Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen
Oberfrohna
Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946