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[OBF-430401-002-01]
Briefkorpus

Donnerstagmorgen, am 1. April 43.

Mein herzliebes Mannerli! Geliebter [Roland]!

Das Erste bist Du heute morgen – nichts kann mich abhalten. Du!! Ach muß erst zu Dir kommen, wenn alles noch so drängt.

Ach Liebster! Ich hab so große Sehnsucht nach Dir!

Gestern kamen zwei liebe Boten von Dir an, sei von Herzen bedankt für Dein treues Gedenken! Vom Donnerstag u. Freitag sind Deine Boten. Du siehst, die Post geht wieder besser, Herzelein. Und nun bin ich doch so erschrocken, Du! Über das, was Du mir im Donnerstagboten sagst. Ach Du! Du!!! Mit Deinem Urlaub ist es noch ganz unsicher, erzählst mir.

Liebster! Du!!!!

Ach Du! Eigentlich dürfte nichts verständlicher sein, als das – denn Du hast noch nie genau gewußt viele Tage vorher, ob Du heimdarfst.

Und doch hat es mich so betroffen, es war wie ein eisiger Schreck für mich, als ich die Stelle las in Deinem lieben Briefe.

Oh Herzelein!!! Ich, die garnichts andres mehr dachte und fühlte, als daß Du kommst, bald und wahrhaftig! Ich war doch so ganz, überglücklich schon immer vor Freude auf Dich! Ach, Du! Und bin es doch noch! Es will mir nicht in den Kopf, Geliebter! daß sich unserm heißen Wollen zueinander etwas entgegenstellen könnte. Ich kanns nicht begreifen, Du!!! Ich kann's nicht.

Ach Herzelein – ich bin gestern den ganzen Tag wie benommen umhergegangen. Es war in mir alles auf Kampf und Widerstand eingestellt.

Ach, Du!!! Ich habe mich doch richtig auseinandergesetzt mit mir, mit Dir, mit Deinem Vorgesetzten – warum macht er Schwierigkeiten?! Ich denke daran, Heinrich ist in so kurzer Frist schon zum 2. Male zuhaus. Und Du? Hast Du nicht auch gearbeitet, gewissenhaft und gut, daß Dir ein Urlaub zugebilligt würde?

Nein, wenn Du sollst zurücktreten, dann ist das ungerecht.

Ach Liebster! Was hilft es uns, als geduldig abzuwarten, wie es sich nun entscheidet. Du!!!!! Und ich will auch ganz vernünftig sein.

Ich sehe es ja ein, es ist zwecklos, sich aufzuregen. Man muß nur seinen Weg im Auge behalten und mit zusammengebissenen Zähnen hinnehmen, was das Schicksal gibt.

Unterkriegen lassen wir uns noch lange nicht. Du Herzelein! Und glaub mir! Ich will garnimmer traurig sein! Nein, nein!!!!! Wär Dein Urlaub aufgeschoben, dann ist er doch immer noch nicht aufgehoben. Du!!!!!

Und wenn Du Dich garnicht durchsetzen kannst, dann werden wir uns 4 Wochen später sehen. Du! Du wirst alles tun, was Du nur kannst. Ich weiß es, Geliebter! Du wirst für uns eintreten.

Ach Geliebter! Es ist gut, das eine Menge Arbeit meiner wartet, ich würde sonst noch eine ganze Weile rechten mit mir, Du!!!!! Aber ich werde mich hindurchbeißen durch alles, was vor mir aufgebaut ist, auch durch die Enttäuschung, die Du mir mit Deiner Nachricht bereiten mußtest. Und ich bin Dir doch nur dankbar, daß Du mir alles sagst. Ich will nichts beschönigt wissen! Ich will mich mit Dir zusammen bis ans Ziel hindurchringen! Du! Drum laß mich immer wissen, um den Stand der Dinge! Hörst Du? Ich will mit Dir tragen und warten und hoffen!

Ja hoffen! hoffen – mein [Roland]! Und wenn ich auch im ersten Moment meinte: nun stürzen alle Pläne ein – ach Du! Da ist im letzten Winkel meines Herzens, doch allem Widerstand zum Trotz ein Leuchten, ein unvergänglich Leuchten, eine stille, tiefe und wundersame Freude und Gewißheit auf Dich! Ja, ich fühl’s: Du wirst mir heimkehren. Und ich will mich nicht beirren lassen in meinem Glauben, Geliebter! Ich will Dich mit hineinziehen in mein Wollen, in meinemn starken, eisernen Willen, dann mußt Du mir heimkehren, es wird sich alles zum Besten wenden.

Oh Geliebter! Gott sei unser Weg anbefohlen; er segne ihn. Amen.

Mein [Roland]! Vom Ortsgruppenleiter erging auch an mich eine Einladung für den gestrigen Abend, Hilde L., Frau G. und Frau K. luden mich ein, mit ihnen zu kommen. Anfangs hätte ich mich ja lieber daheim im einsamen Stübel vergraben, um zu grübeln und nachzudenken.

Aber ich wäre gewiß nicht freier geworden dadurch. Und Du willst gewiß nicht, daß ich nun ins Grübeln versinke und traurig zuhaus Dein harre.

Und so bin ich mit ihnen gekommen.

Ich habe es nicht bereut, es war ein netter Abend, der künstlerisch Gutes bot – wenn auch nur leichte Kost. Es sollte aber auch nur eine leichte, angeregte Unterhaltung sein. Man hat die Leute mal wieder zm Lachen gebracht und für einige Stunden aus dem Alltag entführt. – Weißt ja, wie ich es liebe, wenn sich die Partei um meine seelische Verfassung kümmert! Und wenn sie glauben, von ihrer Großzügigkeit hinge unser Wohl ab! Oh weh, da ist man auf dem Holzwege.

Aber ich will nicht ironisch sein.

Du weißt, ich konnte schon dem Ortsgruppenleiter halber nicht gut umhin, mich sehen zu lassen.

Ich komme jede Woche mit ihm zusammen, und da kann man so einer gutgemeinten Aufforderung nicht gut absagen.

Mit Musik, Gesang, Tanz, Humor vergingen 2 Stunden reichlich angeregter Unterhaltung. Das Jahnhaus war zum Bersten voll Menschen. Viele ältere Leute hatten sich eingefunden. Kurz vor 11 Uhr abends war ich wieder daheim. Nachmittags hatte ich Dienst bei den Mädchen in der Schar. So sehr viele waren garnicht da; denn in Limbach ist Jahrmarkt! Anschließend hab ich mit Mutsch Wäsche eingeweicht. Sie ist heute morgen schon drunten und wäscht, ich habe nochmal Innendienst, erst morgen und Sonnabend trete ich aktiv mit an! Huch, eine Menge Wäsche! Und dazu ein scheußlich Wetter!

Ach, wir lassen uns nicht Bange machen! Da kommt sie halt auf den Boden, der Reihe nach. Wird wohl mein Mannerli wieder mal schlecht wegkommen dabei! Mit der Post!

Aber wenn ich kann, des Abends, schreib ich Dir schon noch! Du!!!

Ich kann nun doch nicht schon meine Post einstellen, im Fall, Du kommst erst später heim.

Ach Du!!!! Eben kommt Dein lieber Sonnabendbote an, es ist 1/2 1000 früh! Du!!! Liebster mein!!!

Wie bist Du sooooo lieb zu mir gekommen! Ach Du! Ich danke Dir von Herzen, mein Lieb. Wie hast Du mich sooo lieb! Sooo lieb! Ach Du! Genauso lieb, wie ich Dich! Ach Herzelein! Daß wir uns doch bald einmal wiederhaben dürften! Du!!!!!

Hast das Reiterlein gefunden? Ja! An dem gleichen Tage, da es bei mir Einlaß begehrte, das Kalendermannerli. Du!! Waren wir doch über alle Ferne mit den Gedanken zusammen, Geliebter mein!

Bald kann ich Dir das Herzlein schicken! Aber ich will es dabehalten. Es ist mir zu lieb und zu teuer, als daß ich es jetzt ins Ungewisse schickte.

Ich will Dir's selber wiedergeben. Du!

Du!!!!

Ach, mein allerliebster [Roland]!

Weißt? Ich bin doch heute wieder ganz ruhig und froh!

Ganz zuversichtlich auch!

Ich glaube mit Dir, daß alles gut werden wird. Geliebter! Sooo fest und lieb denke ich Dein, oh – allezeit – immerdar! Fühlst Du es? Du!!!

Ich liebe Dich! Mein Alles!

Mein [Roland]! Du wirst mir Nachricht geben, sobald Du nur kannst.

Und dann will ich mich aufmachen, Dir entgegeneilen – Du!!! Wenn's geht, bis nach Dresden! Du!!! Und wenn ich Dich nicht erwische am Bahnsteig, dann treffen wir uns droben auf dem Balkon, Mannerli! Weißt? Wo Du früher immer mein gewartet hast! Ja?!! Ach Du! Du!!!!!

Meine Freude auf Dich ist ja zu groß!

Nichts, nichts kann sie ersticken! Immer wieder bricht sie sich Bahn!

Oh ich liebe Dich! Ich sehne mich nach Dir! Du!!! Ich bin so ganz Dein – will Dir gehören! Mein geliebter Gefährte!

Gott sei mit Dir und mit unserm Glück! Er behüte Dich und führe mir Dich bald zu! Amen.

Ich küsse Dich mein [Roland]! Mit aller Sehnsucht ziehe ich Dich heim! Oh komm!

Ich warte auf Dich!!! Deine glückliche [Hilde].

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Autor Hilde Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Hilde Nordhoff

Foto von Hilde Nordhoff. Nahaufnahme, Person im Sommerkleid, im Hintergrund Bäume.
Ba-OBF K01.Ff2_.A12. Hilde Nordhoff, 1940, Oberfrohna, Fotograf unbekannt, Ausschnitt aus Fotoalbum.

Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.

Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946