.. [sic] den 23. März 1941.
Meine liebe kleine [Ella]!
Heute ist Sonntag und schlechtes Wetter obendrein. Keiner von unserer Stube ist ausgegangen. Wir liegen hier mit zehn Mann auf der Stube. Einer davon ist auf „Urlaub“. Zu Hause bei Frauchen! Liebe [Ella], ich versuche jetzt, Dir ein kleines Stimmungsbild von hier, aus der Stube 14, zu geben. Hoffentlich langweile ich Dir [sic] nicht damit. Vor einer halben Stunde haben wir zu Abend gegessen. Es gab wieder mal „Augenwurst“, das ist so Art [sic] Sadellenwurst [sic]. Leider ißt die unser Franz nur, wenn wir über diese Wurst nicht anfangen zu „flaxen“. Natürlich wurde wieder geflaxt, und das nicht so knapp! Das Ende vom Lied war: unser Franz fing furchtbar an zu meutern und aß natürlich die Wurst „nicht“. Jetzt, eine halbe Stunde später. – wir hören Radio. Tanzendes Wien! Der Franz ist mit am Skat dreschen. Dabei wird auf den Tisch geknallt, daß die Wände wackeln. Doch leider will die rechte Skatstimmung noch nicht „so recht in Gang kommen!“ denn die tausendmal verfluchte Wurst muß immer noch her halten. Jetzt räum ich aber das Feld und hau ab ins Lesezimmer, denn an meinem Tisch wollen drei weitere Kammeraden [sic] einen „Skat dreschen!“ Was zu viel ist, ist zu viel. – –
So endlich. Hier ist es wenigstens ruhig. Das Radio spielt hier nur leise. Meine Gedanken sind weit weg. Und das sogar sehr oft. In Bergedorf, Lohbrügger Tannen oder Sander Dünen – eben bei Dir. – Wo war es wohl am schönsten [Ella]? –
Ich hab keine Lust mehr zum Schreiben. Ich mach die Augen dicht, hör Musik und denk an Dich. – Sei bitte nicht böse.
Herzliche Grüße und Küsse
Dein
[Albert]
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Albert Müller
Albert Müller wurde 1919 geboren. Seine Familie kam aus Escheburg in Schleswig-Holstein. Auch in anderen schleswig-holsteinischen Orten hatte er Verwandtschaft. In seinen Briefen machte Albert Müller oft Andeutungen, dass es Geheimnisse bezüglich seiner Eltern gebe, die er erst später preisgeben
Lohbrügge
Der Briefwechsel von Ella und Albert Müller befindet sich im Archiv des Kultur- und Geschichtskontors in Hamburg-Bergedorf. Erhalten sind fast 900 Briefe und Postkarten. Gesammelt wurden sie von Ella Müller, die Briefe von ihrem Ehemann, aber auch von Familienangehörigen aufbewahrte, zum Teil