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Briefkorpus

den 30. Mai 1941.

Liebe kleine [Ella]!

Wenn Du diesen Schmierkram nicht alles lesen kannst mußt Du schon entschuldigen, denn zur Zeit liege ich im Revir [sic] mit so einem Hexenschuß daß ich mich kaum noch rühren kann. Und gerade ausgerechnet zum [sic] Pfingsten. Ist eben Pech, kann man absolut rein garnichts bei machen. In hundert Jahren ist gewiß alles vorbei. Glaubst auch, was? Das heißt solange ich im Bett liege, und mich weiter nicht zu rühren brauch, fehlt mir rein gar nichts. Ja [Ellachen] worüber, oder was soll ich Dir jetzt schreiben. Ich wüßte ja genug! Na ich will mal loßschießen [sic]. Übermorgen ist ja Pfingsten. Könntest Du Dir wohl illustriert vorstellen, wenn ich in Zivil wäre? Wolln mal sagen, Pfingsten mit Dir verleben täte? Was würden wir da wohl unternehmen? Eigentlich ist es ja Kohl, jetzt darüber herumzufaseln. Ein Kammerad [sic] von mir sagt immer: an Tatsachen, an die Gegenwart muß man sich halten, alles andere ist großer Müll! Hat vielleicht garnicht so u Unrecht, der Junge. Aber die Tatsache liegt ja klar auf der Hand Du bist da, und ich bin hier! Aber warum soll man sich eine Sache nicht mal vorstellen können, so, wie sie nun gerade nicht ist.

Stell Dich [sic] vor, es ist schönes Wetter. Alles ist grün und blüht. Der Wald voller fröhlicher ausgelassener Menschen. Ein Vogelgezwitscher wie noch nie; und wir eine Fahrradtour q quer dur [sic] den Sachsenwald gemacht. Ich nehme an wir wären auch auf Appetied [sic] gekommen; und der Nachmittag wäre viel zu schnell verflogen. Oder wir wären mal baden gegangen. –

Bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Hoffen wir das [sic] nächstes Jahr um diese Zeit endlich Frieden ist. Ach [Ellachen] dann holen wir alles doppelt und dreifach nach, was wir jetzt versäumen.

Du, [Ella]! Jetzt muß es doch auch bei Euch schon richtig Frühling geworden sein. Schläfst Du nachts auch bei ofenem [sic] Fenster. Ich meine wenns draußen so warm ist und man innerlich so unruhig ist und einfach nicht schlafen kann. Ich weiß nicht, ich steh dann immer auf und lehne mich weit zum Fenster raus; höre dann zu, was es draußen nur zu hören gibt. Ach [Ellachen] ist das schön. Ganz besonders, dann wenn man am Tage mit sich selbst nicht zufrieden war. – Dann schickt man eben Gedanken auf Reisen – –

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Autor Albert Müller
Korrespondenz Lohbrügge
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Über den Autor

Albert Müller

Albert Müller wurde 1919 geboren. Seine Familie kam aus Escheburg in Schleswig-Holstein. Auch in anderen schleswig-holsteinischen Orten hatte er Verwandtschaft. In seinen Briefen machte Albert Müller oft Andeutungen, dass es Geheimnisse bezüglich seiner Eltern gebe, die er erst später preisgeben

Über die Korrespondenz

Lohbrügge

Fotografie einer handgeschriebenen Liste mit Zahlen, aus dem Konvolut Lohbrügge, die Briefdaten sortiert.

Der Briefwechsel von Ella und Albert Müller befindet sich im Archiv des Kultur- und Geschichtskontors in Hamburg-Bergedorf. Erhalten sind fast 900 Briefe und Postkarten. Gesammelt wurden sie von Ella Müller, die Briefe von ihrem Ehemann, aber auch von Familienangehörigen aufbewahrte, zum Teil

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