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[OBF-410110-001-01]
Briefkorpus

Freitag, den 10. Januar 1941.

Herzallerliebste, Du! Meine liebe, liebste [Hilde], Du!!

Siehst, nun ist er schon zweistellig der Januar. Wir kriegen ihn schon hin. Aber lang ist er! Du! Daß ihr so wenig Kohlen habt, wie kommt denn das? Du!! Paß mal auf! Frag doch mal – ganz auf eigne Faust zunächst – was ein Gas- oder ein elektrischer Ofen kostet, weißt, so wie wir in Kamenz im Bad stehen haben. Und wenn es noch welche gibt - nicht zu teuer - dann greif zu – frieren wollt ihr und wollen wir doch nicht!! Und solch Ofen bringt Eure Küche ganz schön warm. Du! Mach das! Frag mal! Diese Not muß mit allen Mitteln überwunden werden!! Was nützt uns unser Geld auf der Sparkasse, wenn wir frieren und krank werden? Du!! Schreib mir von dem Erfolg Deines Ganges - und wenn solch Ofen nicht über 100 ℛℳ kostet, dann mach das Geschäft fest – hörst mich, Herzlieb?!!! Geld. Du! Gestern kriegte ich die Kontoauszüge aus Bad Schandau, was meinst Du, was dort steht, ich glaube es noch gar nicht, und will gleich mal anfragen, wie es sich verhält – nun setz’ Dich erst – – 368,47 ℛℳ!! Du!! So ein Haufen Geld! Ich traue der Geschichte nicht eher, als bis ich Bescheid habe. Ob man mich schon befördert hat? Aber dann müßte man mich doch benachrichtigt haben. Wir werden sehen.

Du!! 2 Pakete kamen heute mit der Post. Hab vielen, vielen Dank für alle Liebe und Mühe!!! und für Deinen lieben Kuß und Dein Gedenken darfst 2 (zwei) auf Deinem Konto als Guthaben buchen. Ja! Wir müssen sparen damit, Du sparst ja auch damit – und eine Reserve für alle Fälle möchte man doch auch haben – Ja? Ach Du!! Du ganz lieber Bub!!!!! - Baden willst mich? Wie Deine Püppchen früher nun Dein Bübchen, Dein Mannerli? Du!! Was ist schöner?! – Also fein, fein! Ich freu mich. Aber rumpeln laß ich mir nicht überall, robustes Puppenmütterchen!! Und!!! - Dann kommst Du dran! Ja, ja!! Bloß den Rücken, versteht sich! (Wenn ich sie nur erstmal in der Wanne habe!) Herzlieb! Siehst, Dein Hubo ist noch rauflustig und will Dir nichts schuldig bleiben. Du!!! Du!!!!! Ich freu mich ja auch so sehr auf unser Wiedersehen - und sehne mich - und zähle die Tage – darfst Dich nicht so genau auf den Tag versteifen. Jetzt fährt ein Schub um den 15. Januar - dann ein Schub um den 1. Februar - und beim nächsten will dann Dein Hubo sein, der Rechnung nach am 16. Februar. Herzlieb, ich will so an einem der ersten Wochentage kommen, damit ich so zwei richtige Sonnabend/ Sonntage daheim verleben kann. Daheim? Daheim!!! Das ist bei Dir!! Bei Dir!!!!! Mein Heimchen!! Meine liebe, liebe [Hilde] Du!!! Du!! Ich fühle, wie Du Dich sehnst! Wie Du meiner wartest!! Du! Und wie Du mich ziehst!! Und wie Du Gewalt hast über mich!! Du!!!!! Mein liebes, liebes Weib! Soviel Gewalt hast Du jetzt über Deinen [Roland]! Du!!! Mit Deinen Augen und - - - ach Du!! Du!!! mit allem!!! Früher hattest Du sie nicht – da war mein liebes Weiberl noch ein Backfischlein – ein Schulmädel noch, ein großes langs liebs vielleicht – Dein Hubo wußte es nicht – und nach Schulmädeln guckte er nicht – dürft er doch auch gar nicht, siehst!

Wo hast denn Dein liebs Mündel - will mir gleich mal ein liebs Kussel nehmen von dem süßen Schmollmündchen – bumms – so heißt das wohl nicht – (Du, jetzt muß ich selber lachen – bumms ist doch was ganz anderes – aber radiert und ausgestrichen wird heut abend nicht) – bei mir hat's nicht gebumst – ist denn noch jemand in der Stube?!! – Ja, ein Backfischlein also – ein Schmollmündchen, das besinn ich mich, hat's aber schon früher ziehen können – und bös kucken [sic] – hat den [Roland] so angefunkelt, damals mit dem Telefon, und damals mit der Eintrittskarte – Angst hat er gehabt vor diesem Funkeln – Du!! Du!!! Liebes!!!!!

So vorwurfsvoll hast ihn angeschaut, als ob Du schon lange über ihn zu gebieten hättest und er Dir nicht gefolgt hätte! Geliebte!! Du!!! Ich werd ihn immer bewahren, diesen Blick, werde die Erlebnisse mit Dir nie vergessen, [w]erde sie bewahren als köstliche Pfänder Deiner großen Liebe. Gebieterin meines Herzens - - heute bist Du es!! Du!!!!! Hast ja schon früher in Deinem Sehnen heimlich über mein Herz geboten – hast mich ja aus lauter Liebe so angefunkelt, so bös aus Liebe. Du!! Du!!!

Aber nur in diesem Funkeln hatte es Macht und machte es mir Eindruck, das liebe Mädel! "Schaff Dir keine Ungelegenheiten – geh nicht drauf ein – das geht vorüber – Du!!! So herzlos hat Dein Dickerle gedacht damals!" - Herzlieb! Herzlieb!! [D]u! Ich will es alles wiedergutmachen, Du!!

Nur mit dem Funkeln also – ja, das and[e]re, es lag noch nicht drin in mDeinen Augen – war auch nicht Gelegenheit vielleicht – vielleicht hättest mir's gezeigt, wenn wir allein gewesen wären, Du??

Leicht ist es auch nicht zu sehen, Du!! Vielleicht sehe es ich nur recht, weil ich Dich so lieb habe!

Du! Dein und mein liebs Gesichtelx, Dein und mein Wesen, Dein und mein Körper, sie sind arm an Ausdruck, karg. Verstehst mich, Liebes? Denk an die Schauspieler oder die Filmgesichter - die auch ganz feine Regungen in ihrem Antlitz spiegeln können – an ihnen gemessen sind wir beide ganz arm. Stimmt das? Ein lebhaftes Wesen in dieser Beziehung kann sehr liebreizend sein. Aber ein Grad zuviel - und man schließt unwillkürlich auf eine gewisse Flachheit: ‚sie schauspielert’. Du! Die G.er Elfrieder hatte diesen Liebreiz, hatte ihn zu jedermann – und so schrieb ich einmal betrübt nieder: Wie will sie ihren Liebsten denn auszeichnen, was hebt sie ihm denn Besonderes auf?

So, jetzt holt sich der Hubo erst noch ein Kussel – und jetzt will er sein Lieb erst mal ganz fest umfassen und drücken – wo bist Du denn? Es ist schon ganz finster geworden beim Plaudern. Du!! Du!!! Ich hab Dich doch so sehr lieb grade wie Du bist – es paßt ja gar kein and[e]res Menschenkind zu mir – und ich bin ja so froh, daß ich sie ganz allein höre und verstehe – die Sprache Deiner Augen – daß sie nur mir sich liebevoll sehnend sich öffnen, die weißen Arme – daß niemand als ich ihn fühlt, den Schlag Deines Herzens - und die Nähe Deines lieben Schoßes! Du!!! Du!!!!! Herzlieb!!!!! Erst wer dieses Herzlein spürt, ganz nahe, und wenn dieser Schoß sich öffnet, der spürt Deine ganze große Liebe, dem gehört sie – der Glückliche!!! – Die köstliche, die heimliche, die tiefe Liebe – und dieser Glückliche, dieser Glückliche – – Du!! Du!!!!! – Der bin ich!!, ich!!! Dein [Roland]. Geliebte!!! Du!!!!! Wie soll ich Dir denn danken? Wie kann ich es Dir denn noch sagen, wie so glücklich ich bin – wie so reich – und daß ich Dich so lieb habe!! So lieb!!! Du!!! Herzlieb! Du!! Bist auch Du glücklich? Auch, wenn Du Dein Dummerle hast so draufstoßen müssen, auf sein Glück? Auch, wenn es sich so hat ziehen lassen wie ein unwilliges Bübchen?

Herzlieb, kann ich Dir denn auch etwas sein? Kann ich Dich glücklich machen? - Ach Herzlieb, wenn ich die Antwort nicht schon wüßte und so wahr und gewiß fühlte, ich wäre ja nicht so froh und glücklich. Ja Du! Nun läuft der Bogen über – vor Glück – vor lauter Glück. Soll es. Glück und Liebe wollen nicht geizen, sie wollen verschwenden.

Meine liebe, liebste [Hilde] Du!! Ich bin Dir heut so nahe. Fühlst Du es? Gott behüte Dich!!

Du, die Feder muß ich nun weglegen – aber die lieben Hände lasse ich noch nicht, die halte ich ganz fest – und nehme sie mit, ins Bettlein – und was dran hängt an den Händlein — muß mit! muß mit!!! Geliebte!!! Dein [Roland] sehnt sich nach Dir – aber er will, geduldig und stark, getreulich mit Dir ausharren. Ich will doch alles mit Dir! Du!! Mag Dir gar nichts voraus haben - und mag Dir auch nichts überlassen – will auch nicht nachgeben, weil Du jünger bist – will doch genauso jung sein, Dein liebs Mannerli!

Herzlieb! Du! Ich möcht heut noch lang so mit Dir plauschen – Ich liebe Dich! Du!! Dein [Roland] bin ich, Dein Bübchen, alles was Du willst – heute – was Du wohl möchtest, wenn ich jetzt wirklich bei Dir wäre? Du!! Du!!! Du!!!!! Ich weiß es! Du!!! Aber Du darfst mirs trotzdem ganz leise ins Ohr sagen. Du! Du!!

Und ich möchte Dir ja nichts überlassen, und wenn es was Feines wäre,  dann wollt ich auch was Du willst.

Herzlieb! Gut Nacht! Gut Nacht! Du!!

Ich glaube, Du denkst mein so lieb heute!

Du!! Ich liebe Dich!! Ich küsse Dich!! Ich bin ganz, ganz, ganz Dein!!! Dein [Roland]!!! Geliebte!! Der Glückliche! Weil Du mein bist! Meine liebe, liebe [Hilde]!!!!!

Bitte grüße die lieben Eltern!

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[Seitenende Blatt 4] x Du, Dein Dickerle steht falsch herum, gib ihm einen Klaps, damit ers merkt.

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Autor Roland Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Roland Nordhoff

Foto von Roland Nordhoff. Nahaufnahme, Person sitzend in einem Fensterrahmen.
Ba-OBF K01.Ff2_.A39, Roland Nordhoff, 1940, wahrscheinlich Bülk, Fotograf unbekannt, Ausschnitt.

 

Roland Nordhoff wurde 1907 in eine bürgerliche Familie in einem ländlichen Dorf im östlichen Sachsen, Kamenz, hineingeboren. Nachdem er ein Musikstudium aufgegeben hatte, arbeitete er als Dorflehrer in Oberfrohna, nahe Chemnitz. Im Frühjahr 1938 wurde er nach Lichtenhain in Sachsen versetzt

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946