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[OBF-410927-002-01]
Briefkorpus

Sonnabend, am 27. September 1941.

Herzensschätzelein! Geliebter [Roland]! Du!

Eben habe ich einen langen Schreibebrief [sic] an die lieben Eltern nach Kamenz beendet. Ich zählte ihnen auf, was wir an all den schönen Sonnentagen noch miteinander unternahmen, erlebten. Wie wir Dich ausrüsteten auf die Rückreise, damit sie sich nicht sorgen! Und wie der letzte Tag in der Heimat verlief. Sie werden sich gewiß recht freuen, daß ich sie mit teilhaben lasse an allem. 4 lange Seiten sind es geworden. Wir sind heute soweit fertig mit unserem Programm (Reinemachen)[,] ich denke nicht daran, mich zu überstürzen. Während ich schrieb, stand ein Hefeapfelkuchen im Ofen. Weißt, es ist ja morgen Kirchweih im Ort und da muß, der alten Tradition gemäß a [sic: ein] Kuchen her! Mag er fett sein oder dürftig! Hauptsache ist: Kuchen. Na, ich tat, was die Küche hergab!! Er wird schon rutschen. Und mein Herzlieb wird morgen im Geiste bei uns sein und mithalten, Du wirst sicher ein Stück Deines Kuchens bis S. [sic] mitbringen. Ach ja, Du!!! Wenn ich nur erst wüßte, wie Du angekommen bist! Heute von 12 [Uhr] mittags an schluckte es mich dauernd! Doch daßs hat ja bei Dir nichts zu sagen, gelt? Du Unverbesserlicher! Ich glaube fest, daß Du mein dachtest – siehste!

Herzlieb Du! Bist Du wohl noch ganz gesund und munter? Ist alles gut gegangen? Ist nichts geschehen? Hast Du recht frieren müssen? Hast Du Kameraden getroffen? Ach, ich hätte schon viele Fragen, Du!!!

Ich will ganz fein geduldig warten bis Dein erster Bote kommt. Heute kam eine erfreuliche Sondermeldung, Herzlieb! Kiew ist in unsrer Hand! Endlich! Ich glaube fast, es wird doch noch einm Ende nehmen mit Rußland, bevor der Winter kommt. Gott gebe es. Ob wohl die Brüder dann einmal heimdürfen? –

Heute habe ich nun alle lieben Hubosachen wieder in die Schränke eingeräumt, Du!! Wann dürfen sie wohl wieder aufstehen von ihrem Winterschlafe? O Du! Ich bin aber doch zu unverschämt, ja? Welche vorlaute Frage. Jetzt heißt’s erst mal fein brav gedulden. Du!!! Ach, ich kann es! Ich weiß, ich kann es! Geliebter!!! Für Dich! Du mein Sonnenschein! Mein Ein und Alles! Du!! Du!! Weißt Du denn noch, wie sehr – oh sooooo sehr ich Dich liebe? Du? Mein herzliebes Mannerli? Ach! Du kannst es nimmermehr vergessen! Du!!! Ich will aber heute ganz artig und brav sein im Briefe!! Ich erzähle Dir´was andres, ja?

In 14 Tagen, wenns‘ [sic] gut geht kommt der Ofensetzer. Er macht uns alles fein neu. Über 8 Tage will Mutsch nach Glauchau. Und drum nahmen wir uns vor, morgen, wenn es noch schön ist[,] auszufliegen. Es kann leicht der letzte sommerliche Sonntag sein und dann kann ich nicht mehr hinaus mit den Eltern. Da werden die Sonntage dann mit Basteleien ausgefüllt aller Art, die wochentags bleiben müssen. Ich freue mich auf morgen, wie will ich ganz lieb Dein denken, mein Schätzelein. Ganz tief drinnen in meinem Herzen, da steht Dein geliebtes Bild, es wird immer mit mir sein, Geliebter Du! Voraussichtlich wollen wir über den Hohen Hain nach Hartmannsdorf laufen und nach einer netten Kaffeestation im Park Hartmannsdorf mit dem Zügle zurück. Früh will ich zum Gottesdienst gehen. Mitsingen tu ich nicht, „man“ könnte sich entrüsten, wenn ich auf dem Chor erscheine, ohne vorher mitgeübt zu haben. Es gibt verschiedene Leutchen, die sich da mokieren. So werde ich einmal ganz ungestört im Schiff sitzen und zuhören.

Du! Denkst Du wohl morgen an mich? Geliebter. Um 6 Uhr früh, oh da will ich fein munter sein! Mit ganz blanken Augen will ich mein Dickerle auf dem Bilde betrachten und will froh danken, daß es nun wieder an Ort und Stelle ist, unversehrt. Der Herrgott sei mit Dir allerwegen, mein [Roland]. Ich will Dir nun für heute die lieben Hände drücken. Mein Herzensschätzelein Du! Ich muß gleich in die Badewanne, das Wasser drinnen dampft! Die Mutsch ruft! Also los!! Herr Bademeister? Wann darf ich mit Ihrer Hilfe rechnen??!! Ich werde es schon selber schaffen, Du!

Und dann trage ich gleich noch den Brief zur Post.

So. Auf Wiedersehen! Liebes! Herziges! Mein!! Der Herrgott sei mit Dir!

Ich liebe Dich! Du!!! Ich liebe Dich! Ich bin in Liebe und Treue immer ganz

Deine [Hilde].

Viele herzliche Grüße auch von den beiden Eltern!

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Kommentare

Hallo,

gibt es eine Quellensammlung(en) aus denen diese Briefe entnommen werden? Oder liegen diese den Transkripteuren nur im Original vor?

drew.bergerson

Di., 04.10.2016 - 20:56

Das Briefwechsel Hilde und Rolands steht im privaten Besitz, wurde aber dem Projekt zur Verfügung gestellt in der Absicht, anonyme digitale Editionen hier als Blog und bei <a href="https://info.umkc.edu/dfam/einholen/podcasts/">Radio Tonkuhle</a> als Radioprogramme zu erstellen, um Engagement mit der Vergangenheit zu fördern. Benutzer sind gern eingeladen, Fragen als Kommentar zu posten bzw. direkt an den <a href="https://info.umkc.edu/dfam/uber-uns/">Projektleitern</a&gt; zu stellen. Suchen durch den bisher veröffentlichten Briefwechsel kann man auch nach Schlagwörter, Datum, usw.

Einordnung
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Autor Hilde Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
Gesendet nach
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Über den Autor

Hilde Nordhoff

Foto von Hilde Nordhoff. Nahaufnahme, Person im Sommerkleid, im Hintergrund Bäume.
Ba-OBF K01.Ff2_.A12. Hilde Nordhoff, 1940, Oberfrohna, Fotograf unbekannt, Ausschnitt aus Fotoalbum.

Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.

Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946