Kamenz, am 23. Juni 1942
Herzallerliebster! Mein geliebtes, treues Herz! Mein liebster [Roland!]
Nun ist schon Dienstag und heute kann aber kommen was will, ich schreibe Dir, Du mein liebes Herzelein! Prachtvolles Wetter ist, seit ich hier bin, daran habe ich meine Freude; denn ich kann doch faulenzen Herzlieb! Einmal die Sonne genießen von früh bis abends! Ja, denke Dir nur, da bin ich doch schon nebenan bei S.s in der Erntehilfe tätig. Siegfried auch mit. Heuernte ist’s! Es ist keine schwere Arbeit. Die S.s haben keine Leute zum Heuwenden und Einfahren, da haben wir uns zur Verfügung gestellt. Es wäre doch schade um das schöne Futter, wenn es plötzlich wieder zu regnen anfänge. Wo die Wiesen sind? Da, wo wir Hafer ernteten. Herzlieb, und weit hinten an der Siedlung, Viehkoppel nennt sich‘s. Gestern haben wir den ganzen Nachmittag geholfen und heute von früh 8 bis Mittag. Nun ists erst mal Schluß. Ich gehe heute nicht mehr hin und Siegfried fuhr ½ 200 nach Bischofswerda, er kommt heute nicht heim, wir treffen morgen alle in Großröhrsdorf wieder zusammen. Mutter und ich wollen früh schon hinfahren. Eigentlich wollte ich so gern mit ins Bad gehen, aber ich habe keinen Badeanzug. Deinen schwarzen habe ich gesucht, darin gefalle ich mir nur nicht sehr! Na, mal sehen.
Du Herzlieb! Gestern sind wir schon früh auf den Berg gestiegen, haben uns in die Sonne gelegt. Ich habe an die Eltern geschrieben und Siegfried hat Kreuzworträtsel gelöst. Die Mutter hat mit uns auf der Heuwiese Kaffeestunde gehalten, das war schön. Abends gingen wir erst einkaufen in die Stadt und dann alle 3 spazieren. Dann machten wir noch paar Spiele, hörten Musik und freuten uns mit an der Beförderung Rommels zum Generalfeldmarschall, das war die neueste Rundfunkmeldung. Ach, die Stunden gehen ja sooo rasch herum, besonders in Gesellschaft und dabei tut man nichts als faulenzen. Ich habe nur erst 5 Paar Strümpfe gestopft seit ich hier bin, sonst nichts getan als Mutter ein wenig zur Hand gegangen.
Aber ach, Du ––––– es tut schon auch mal gut das Faulenzen. Besuch ist gekommen Schätzel! Tante Gretchen! Nun ist meine ruhige Stunde auch bald wieder hin. Es gibt immer Abwechslung in Kamenz. Bei mir daheim ist‘s viel stiller. Ach Du!
Herzlieb! Ich warte so sehnsüchtig auf ein Zeichen von Dir, von Deiner neuen Umgebung! Die Mutter soll mir gleich alles nachschicken, was ankommt. Bis heute ist nur noch nichts da. Ach, wie mag es Dir wohl gehen? Wirst Du gut untergekommen sein? Und wirst Du noch wohlauf sein? Liebster! Abends, wenn ich das leere Bettlein neben mir sehe, dann muß ich doch so lieb an Dich denken, Du! Ob Du es wohl fühlst? Du! Herzelein! Ich bete für Dich. Oh möchte Dich Gott behüten auf allen Wegen! Möchte er Dich gesund heimführen! Es ist nun schon das zweite Mal, daß Siegfrieds Gesellschaft mir über einsame Tage hinweghilft. Du bist wie einst auf der Reise nach dem Balkan, diesmal auch wieder auf der Fahrt und auch diesmal ist Siegfried da. Er hilft mir ein wenig über die unruhigen und sorgenvollen Tage hinweg. Ja Du, ehe ich nichts von Dir in den Händen halte über Dein Ergehen, sorge ich mich um Dich. Siegfried nimmt alles nicht mehr so tragisch. Man wird sicher selbst so, wenn man 5 Jahre beim Militär ist. Wenn Du mir nur gesund bleibst!! Sonntag ist voraussichtlich Hellmuth da, dann soll Wiedersehen in Bisch. gefeiert werden. Herzlieb! Alle fragen nach Dir, die mich hier kennen. Ich soll Dir viele herzliche Grüße sagen, von Tante und [d]en Eltern die herzlichsten!
Du! Heute abend nimmt mich Mutter mit in den Frauendienst auf den Hutberg. Nun will ich mich auch noch ein wenig dem lieben Besuche widmen! Herzelein! Bald komme ich wieder zu Dir. Ich denke Dein in inniger Liebe und Treue!
Du!! Ich küsse Dich herzinnig und bleibe ganz Deine [Hilde],
Deine glückliche!
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Hilde Nordhoff
Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.
Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen
Oberfrohna
Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946