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[OBF-421229-002-01]
Briefkorpus

68. Dienstag, am 29. Dezember 1942.

Geliebtes, teures Herz! Mein herzallerliebster [Roland]! Geliebter! Oh mein Herzelein! Jetzt muß ich aber ganz schnell zu Dir kommen! Du!! Du!!! Oh, wie hast Du mich doch heute so ganz von Herzen froh und glücklich gemacht!

Geliebter! Sooo glücklich und sooo selig!

Drei liebe liebe Boten kamen an! Ach Schätzeli!

Deine Freude! Deine große Freude bringen sie mir doch! All Deinen Jubel, Deine Seligkeit! Oh Du!!! Du!!!!!

Du liebst mich! Du liebst mich! Herzensgeliebter! Ach Du! Wie Du mich bedrängst mit Deiner Liebe! Mir wird doch ganz warm und fröhlich zumute! Ganz, ganz warm und lieb eingehüllt fühle ich mich in Deine Liebe. Sie umhüllt mich wie ein schützender, wärmender Mantel. Du!! Wie wogt es, wie flutet es in mein Herz hinein, daß ich Dir weit, weit offenhalte, Du mein Geliebter!

Ach Du! Du!!! 3 so liebe, liebe und lange Boten sind da! Sie umschließen mir das Liebste: Dich! Mein [Roland]! Ach, sind doch auch noch 2 liebe Boten von Dir zu beantworten von vor den 'Festen'! Du! Aber die neuen lieben Boten heute, die übertönen doch alles andere. Geliebter!

Du steckst mich doch richtig an mit Deinem Glücksjubeln, ich mag doch am liebsten alles andere noch unbeantwortet lassen und nur in Dein Jubeln einstimmen. Ich liebe Dich! Ich bin Dein!

Ach Geliebter! Das wollte ich Dir ja auch sagen! Nur das allein, zu Deinem Geburtstage und zur Freude am Weihnachtsfest auch! Ich liebe Dich!

Ich bin Dein! Bis in alle Ewigkeit Dein!

Ach Du! Du!!! Geliebtes Mannerli! Mein [Roland]! Ich sehe es ja, wie Du so ganz erfüllt bist von Freude! Und nun kann ich mich doch auch erst recht von ganzem Herzen mitfreuen.

Du! Daß Dir mein Bild gefällt! Daß Du es lieb an Dein Herz nehmen willst! Ach, daß Du mich so ganz darauf wiedererkennst und schaust, was ich Dir sagen viel damit! Das ist nun auch meine Freude, Geliebter!

Meine Geburtstagsfreude ist vollkommen gelungen! Du!!! Ach Schätzeli! Ein klein wenig war mir doch Bange darum, wie Du mich würdest empfangen – versteh mich recht: daß Du mein Geschenk würdest annehmen so oder so, das wußte ich. Aber ich wollte Dir doch etwas ganz Bestimmtes damit verdeutlichen, damit sagen, und so gewiß sagen, wie ich es Dir mit Worten garnicht gewisser sagen könnte. Oh Geliebter! Es ist mir gelungen! Du!!! Und das macht doch auch mein ganzes Glück aus nun! Oh Geliebter! Ich hätte brauchen nicht zu bangen, ich trage Dich ja so tief, so ganz gewiß im Herzen, daß keine Regung im Gesicht ein Mißverständnis ließe! Und auch Du trägst nur mein Bild im Gedächtnis, wie auch im Herzen. Und ich kann Dir nimmermehr fremd erscheinen! Zu innig sind wie miteinander vermählt, innerlich wie äußerlich! Und Du sagst es so recht:

Spiegel unsrer Seele ist solch Bildnis. Alles, alles, bis ins letzte Herzensgeheimnis offenbart sich uns darin! Du! Und weil Du es schaust, Geliebter! Ebenso, wie ich es Dir sagen und künden wollte, darum ist meine Freude nun auch so groß. Du!! Geliebter!

Ich habe doch nur an Dich gedacht, als ich vor dem Apparat saß.

Und die Photographin in Chemnitz, sie war so nett, sie ließ sich meine Züge erst so ganz entspannen und lösen, wie es nun im Bilde sichtbar ward.

Das versteht nicht gleich eines so gut. Und ich habe den Eindruck gewonnen, daß eine Frau hierin mehr Verständnis, mehr Feingefühl dafür besitzt.

Ich war ja nun schon öfter fotografieren, meist kam ich mir bedrängt vor, beklommen und unfrei.

Dieser Frau aber, Maria S. heißt sie übrigens – ihr konnte ich ganz frei gegenübersitzen. Und sie ließ mir Zeit, mich zu sammeln.

Es gehört gewiß viel Übung und auch Menschenkenntnis dazu, auch Verständnis in Antlitzen und Mienen zu lesen, um immer glücklich gelungene Aufnahmen zu haben. Ach Herzelein! Weil Du Dich nur so sehr gefreut hast, Das war ja mein größter Wunsch: Dich zu beglücken! Du! Ich würde mich ja so sehr freuen, wenn ich von Dir auch ein Bild hätte in Lebensgröße! Weißt Du in B. [sic] einen guten Lichtbildner?

Ach Mannerli! Noch lieber wäre mir aber, wenn ich Dich recht bald selber wieder einmal schauen könnte!

Dich an mein Herz drücken – Dich küssen – oh, und Dich liebhaben – – – sooo ganz sehr liebhaben, liebhaben! Geliebter! Geliebter! Ich liebe Dich unendlich!

Ach Geliebter! Wie werden wir an die Zeit zurückdenken, da wir so aufeinander warteten, wenn wir zum ersten Male dann unsre Geburtstage feiern können miteinander! Du!

Ach Geliebter! Wie freue ich mich, wenn Du mir’s wieder und wieder sagst: 'so lieb bist Du noch nie zu mir gekommen über alle Ferne, wie nun in Deinem Geschenk!'

Daß ich Dir so ganz tiefe, große Freude bereiten konnte! Oh möchte sie doch immer wieder aufklingen, diese tiefe Freude, so oft Du mich anschaust, Geliebter!

Und wenn wir nun unsere Bilder vergleichen, die wir uns schon schenkten, seit Anbeginn unsrer Freundschaft, dann sehen wir doch so ganz deutlich wie glückhaft ein Erschließen, wie ein Erblühen es in unseren Antlitzen steht!

Der Schein unsrer Augen ist nicht nur mehr Schein – glückhafter Widerschein ist es geworden! Du!!!

Und das Bildnis, das ich Dir nun sandte, das sagt es Dir in aller Deutlichkeit, zeigt es Dir in aller Liebe, daß ich Dein bin! So ganz Dein, in glücklicher Liebe! Du!!!

Deine [Hilde] bin ich! Dein!! Nur Dein!

So ganz Dein liebend Weib! Dein treuer Gefährte! Du! Herzelein! Vergiß es nie! Nimmermehr! Was auch kommen mag! Ich liebe nur Dich! Ach, Du! So wie Dir das die glücklichste Kunde ist, der ganzen Liebe Inbegriff, so ist’s ja mir auch! Du! Ich fühle es, wie Du mich liebst, ganz unendlich liebst! Oh Geliebter! Nicht nur fühle ich es, ich weiß es!

Oh Du!! Du!! Voller Jubel und Seligkeit weiß ich es! Ein Mensch ist auf weiter Erden, ein Einziger, der liebt mich, wie mich nie zuvor und darnach wieder jemand lieben kann. Einmalig, ganz einmalig tief und groß ist seine Liebe. Und ich hüte sie wie meinen höchsten Schatz, wie mein Leben selbst, wie ein Heiligtum. Ach Herzelein! Du!!! Wie ich Dir gehöre, ich erlebe es ja täglich an mir selbst: und wie wir einander ganz gehören, das müssen wir uns doch täglich bekennen und erzeigen. Und müssen es auch einander leben. Du! Wie sind wir uns einander doch so glückhaft nahe gekommen, Geliebter!

Und unser Seelenleben, es hat sich geprägt und zu schönster Blüte geformt, wie es wohl im täglichen Umeinandersein [sic] garnicht gekonnt hätte, weil da das tiefe Sehnen gemangelt hätte. Wir wären vielleicht heute kaum so reich im Inneren und hätten so viel reine, tiefe Herzensfreude an unserm Wesen, wie es nun ist, bedingt durch die Trennung.

Ach Du! Ein Land der Sehnsucht lebt in vielen Menschenherzen. Ein Glaube, ein hohes Streben und Strecken nach Gutem und Schönem und Wahrem, und solcher Glaube und solches Sehnen lebt doch auch in unseren Herzen, Du! Ist darin lebendig, so lebendig. doch [sic] erst, seit wir uns so ganz liebhaben. Und Du sagst es auch: dieses hohe Sehnen, es will sich erfüllen, will Gestalt annehmen in Worten und Taten, will befreit sein im Wollen und Vollbringen.

Und wo das Schicksal zwei Menschen zusammenführt, da verstummt, da erstickt dieses Sehnen so leicht, so oft; wird erstickt von sinnlicher Liebe, oder von Lieblosigkeit.

Das feine zarte Saitenspiel verstummt unter der Rauhheit eines der Liebenden, unter den Mißtönen der Herzen.

Man sagt, das die Wirklichkeit Ernüchterung bringe.

Oh Geliebter! Mag es mehr oder weniger für alle zutreffen, wir beide haben von Anbeginn daran gedacht, unsre Liebe rein und hoch zu halten. Und nun rührt die Ferne täglich das feine, zarte Saitenspiel unsrer Seelen und Herzen und es wird nimmermehr verstummen zwischen uns! Oh Geliebter! Wie will ich Dich immer liebhaben, Du! Liebhaben, wenn Du erst immer um mich bist, dann! Genau so sehr lieb Dich haben, wie Du mich! Du!!! Ein Wetteifern soll es werden um unsre Liebe!

Unsere Welt, unser Heim, sie werden der Ort sein, an dem wir unser Sehnen verwirklichen. Oh Geliebter! Unsre Welt! Unser Garten der Liebe! Wie wollen wir ihn bestellen mit aller Liebe und Sorgfalt! Unser liebster Hort soll es sein! Und Du darinnen, mit mir lieb vereint! Du!

Es wird ein rechtes Glückshäusel sein, Geliebter!

Ach Du! Mit Deinen jubelnden Dankworten rührst Du so an meine Sehnsucht, daß sie ganz wach wird und ich am liebsten hin in Deine Arme eilte, an Dein Herz! [Roland]! Mein geliebter [Roland]! Oh, ich liebe Dich! Ach Du! Du! Wie beglückt mich Dein Dank, Dein Jubel, Deine Freude! Wie hast Du mich glücklich gemacht!!! Du! Tränen der Freude stiegen mie in die Augen.

Geliebter! Wie hast Du mich sooo lieb! Oh Herzelein! Laß uns in unserem großen Glücke ganz dankbar die Hände falten und den Herrgott bitten, daß er uns seine Güte und Liebe immer wieder schen[kt!] Daß er uns einander behüte vor allem Übel, und uns gesund und froh und glaubensstark auch durch das nächste Jahr gehen lässt! Möge er uns einander räumlich nicht noch weiter entführen – im Herzen kann er es nie, dazu gab er doch selbst seinen Segen! Oh schenke uns Gott ein geduldiges, starkes Herze, ein hoffendes, liebereiches zugleich!

Er erhalte mir Dich, mein Ein und Alles! Amen.

Mein geliebter [Roland]! Nun halte ich auch schon die Kunde von Deinem Feiertagsprogramm in Händen, zu einem Teil. Eure Feier, die Ihr gemeinsam in des Stadt verlebt habt, ist teils ganz nett gewesen. Ich lese doch mit Freuden das Programm, in dem mein liebes Mannerli so reich beigesteuert hat mit seiner Kraft. Du! Hätte ich doch mögen dabei sein und lauschen!

Die Ansprache des Admirals zeigt gute Gedanken!

Na, wie das Ende einer solchen Feier ausschaut, das kann man unschwer vorneweg sagen.

Ich glaub's Dir, daß Du Dir bald fehl am Platze vorkamst. Weil nur noch einige Vernünftige dabei waren!

Der Schmaus was ja reichlich, gelt? Ja, so gut wie bei Müttern schmeckt’s halt in der Masse nicht. Man kann kleinere Mengen mehr mit Liebe und Sorgfalt bereiten. Du Herzlieb! Wer nun auch so eingestellt ist seelisch, wie Du, und muß bei den Soldaten nun sein Leben fristen, ohne einen rechten Kameraden, ohne einen lieben Lebensgefährten, ach – wie arm ist der! Das bedeutet ja geistig schon tot sein!

Wie glücklich bist Du daran, daß Du Dich dann, wenn Du nicht mehr mitkannst, nicht mehr magst, heim zu mir flüchten kannst, an mein Herz!

Oh Geliebter! Ich will doch immer Dein Herze [sic] besitzen! Und so ganz es besitzen! Du!!! Nicht zu einem Teil nur! Und ich weiß es beglückt, daß mir’s gehört, Dein ganzes Herz und Verbrauen dazu! Mir allein! Wie keinem Menschen noch!

Wie glücklich bin ich darum! Mit all meiner Gegenliebe will ich mir Dein Vertrauen erringen immer neu, es erhalten lebenslang! Du bist mein – ich bin Dein!

Ach, ich bin doch so glücklich mit Dir! Mein [Roland]!

Ich warte auf Dich! Ich halte Dir mein Herz ganz weit offen immer! Mein Geliebter!!! Du Schätzeli! Heute nach habe ich doch von Dir geträumt. Du warst der Zahnarzt und ich saß bei bei Dir im Behandlungsstuhl und ließ mir die Backzähne [sic] ausrädeln! Ich habe es richtig gemerkt und habe es auch ganz genau gesehen, mit welchen Instrumenten Du hantiertest. Und auch an den beiden vorderen Zähnen bohrtest Du mir rum, da bin ich ganz zornig geworden und habe Dir die Hand weggestoßen.

"Es sind ja gar keine Löcher da!” rief ich. Und war ganz sehr böse auf Dich! Und da wolltest mich beruhigen, zeigtest mir einen Goldtaler, den ließest einschmelzen und wolltest mir Goldsplompen [sic] machen! Ich war aber unversöhnlich über meine angebohrten Zähne und habe mich dann bequemt gute Miene zu zeigen, weil Du mich gar so bestürzt und traurig anschautest!

Putzig, gelt? Ach Du! Du machst doch solche Dummheiten garnicht [sic] mit mir, gelt? Du stopfst mir das Guschel höchstens mit etwas Feinem, Süßem! Oder viel schöner: mit lauter süßen Küssen! Du!!! Du!!! Aber anbohren?, nein! Das tust nicht! Gelt?

Ach Du! Liebster! Ich freu mich immer, wenn ich von Dir träume, wenn’s auch nicht immer etwas Süßes, Schönes ist. Wenn ich Dich nur wieder mal gesehen hab! Und als ich erwachte, da mußte ich so lieb, so süß Dein denken, heute gegen Morgen, so um 6 Uhr. Oh Du! Weil ich Dich ganz nacht gesehen hab, zu böses Mannerli! Warst doch ein ganz nackter Zahnarzt! Ja, da bekommt das Weibel auch Sehnsucht!!

Oh Herzelein! So lieb und sehnsüchtig denke ich Dein! Und nun muß ich Dir erst einmal die Hand zum Abschied geben, will noch einholen gehn, für Vater Suppe kochen. Die Mutsch arbeitet nämlich heute nachmittag mal. Du! Ich war so schön allein mit Dir!

Wie lieb ich Dich!

Geliebter mein!

Gott behüte Dich!

Ich bin Deine glückliche [Hilde].

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Autor Hilde Nordhoff
Korrespondenz Oberfrohna
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Über den Autor

Hilde Nordhoff

Foto von Hilde Nordhoff. Nahaufnahme, Person im Sommerkleid, im Hintergrund Bäume.
Ba-OBF K01.Ff2_.A12. Hilde Nordhoff, 1940, Oberfrohna, Fotograf unbekannt, Ausschnitt aus Fotoalbum.

Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.

Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946