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Briefkorpus

Deutschland, den 10. Mai 1941.

Liebe [Ella]!

Deinen lieben Brief vom 4. Mai habe ich schon am 7. Mai erhalten. Meinen herzlichsten Dank dafür. Bist Du noch hingekommen zum Jahrmarkt? Viel los war wohl nicht? Oder doch? Hauptsache ist Du hast Dich gut amüsiert. Bei uns ist heute Jahrmarkt. Heute Nachmittag haben wir dienstfrei. Folgedessen [sic] wird mal hingegangen. Sowas hat man ja nicht alle Tage. Von unserer Einheit haben wir sogar dafür eine Mark extra bekommen! Was meinst Du [Ella], ist dat [sic] denn etwa nix? Anschließend werde ich dann wohl ins Kino gehen. „Die schwedische Nachtigall“ gibt es ab heute. „Ohm Krüger“ habe ich auch gesehen. In einer Art war er ja ganz gewaltig. Doch einen Film wie z.B. „Das unsterbliche Herz“ sehe ich lieber. Kurzum, es ist eben Geschmacksache. Wär ganz nett wenn Du jetzt hier wohnen tätest, zumal hier keine englischen Flieger mehr her kommen können. Doch das geht ja nun mal eben nicht, weil Du jetzt eben mal in Lohbrügge wohnst und noch dazu eine Menge zu tun hast. Hoffentlich verschonen Euch die hundsverfluchten Engländer. Ich weiß nicht, ich hab eben eine Mordswut auf die Brüder!

Jetzt ist es bereits Abend. Heute mittag fing ich an diesen Brief zu schreiben. Bin da aber nicht ganz vertig [sic] geworden, weil mein Freund mir dazwischenfuhr. Denn punkt [sic] zwei Uhr wollten wir in die Stadt gehen. – Also weiter im Text. –

Der Nachmittag verlief ganz nett. Der Marktplatz war brechend voll. Als ich das sah hatte ich die Nase gleich wieder voll. Wir drehten gleich wieder ab. Weil solch wunderschönes Frühlingswetter war, machten wir einen kleinen Spaziergang zum See raus. Wenn man eine Stunde gemütlich geht ist man da. Dort mieteten wir uns einen kleinen Kahn und fingen an zu schippern. Ach [Ella], das war ja so wunderschön, und trotzdem – war ich nicht zufrieden. Als mir das zum Bewußtsein kam erschrak ich. Warum und wieso wußte, oder besser weiß ich selbst nicht. Dann dachte ich drüber nach. Auch über unsere feund Freundschaft; [Ella]. Doch alles vergebens. In mir ist zur Zeit ein wüstes Durcheinander. Ich könnte ^versuchen, Dir darüber ein Bild zu geben. Doch das ist sehr schwer. Und für Dich [Ella], glaub ich, noch schwerer zu begreifen. Ich finde, über solche Sachen zu schreiben, ist immer eine heikle Sache. Buchstaben können soleicht [sic] unendlich kalt und nüchtern erscheinen. Trotz alledem will ich versuchen mir und auch Dir ein klares Bild zu verschaffen. Und das so schnell es nur irgend geht. Denn, liebe [Ella], ich habe so das Gefühl als hätten wir beide uns noch mancherlei zur sagen „persönlich“ zu sagen.

Dein

[Albert]

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Autor Albert Müller
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Über den Autor

Albert Müller

Albert Müller wurde 1919 geboren. Seine Familie kam aus Escheburg in Schleswig-Holstein. Auch in anderen schleswig-holsteinischen Orten hatte er Verwandtschaft. In seinen Briefen machte Albert Müller oft Andeutungen, dass es Geheimnisse bezüglich seiner Eltern gebe, die er erst später preisgeben

Über die Korrespondenz

Lohbrügge

Fotografie einer handgeschriebenen Liste mit Zahlen, aus dem Konvolut Lohbrügge, die Briefdaten sortiert.

Der Briefwechsel von Ella und Albert Müller befindet sich im Archiv des Kultur- und Geschichtskontors in Hamburg-Bergedorf. Erhalten sind fast 900 Briefe und Postkarten. Gesammelt wurden sie von Ella Müller, die Briefe von ihrem Ehemann, aber auch von Familienangehörigen aufbewahrte, zum Teil