Mittwoch, am 5. Februar 1941.
Herzallerliebster!! Geliebter!! Mein lieber, liebster [Roland]!!!
Nun bin ich endlich wieder daheim. Müde, hungrig, erfroren. Ach – es war richtig ein verlorener Tag heute, bis auf die Freude, die wir Tante Marthel machen konnten mit unserem Besuch.
Wie vorgesehen fuhren wir heute früh 3/4 8 [Uhr] weg. In Penig hätten wir genug Zeit gehabt, um den Zug zu erreichen nach Glauchau, wenn – ja wenn –
1. die Oma schneller laufen könnte – noch dazu war sie heute halb krank, einen furchtbaren Husten und Schnupfen, Du!! Wenn Dicke so husten müssen, das ist schrecklich beängstigend!
2. Wenn der Omnibus nicht 5 min. Verspätung hatte. Kurz: der Zug der uns um 1/2 10 [Uhr] nach Glauchau gebracht hätte, fuhr uns vor der Nase weg und wir durften 3 Stunden auf den nächsten warten, im Bahnhofsrestaurant. Glücklich um 1 Uhr mittag waren wir in Tantes Wohnung, eine Frau im Hause behält ihre beiden Kinder. Nun sind wir um 2 Uhr nach der Entbindungsstation des Krankenhauses, mit den Kindern und der Frau "Pflegemutter". Tante geht's soweit wieder gut, sehr matt ist sie noch. Das Bärbel, so heißt mein Patenkind[,] bekamen wir nicht zu sehen! Wegen Ansteckungsgefahr. Schade – das war doch meine ganze Freude. Na, dann später einmal. Viele junge Mütter waren da, viele noch nicht verheiratet! Gestern ist es schon getauft worden. Onkel Albert will auf Urlaub kommen, er ist von Frankreich raus nach Hamburg versetzt worden.
Bis 4 Uhr blieben wir bei Tante, dann ging es zurück mit dem Bus zum Bahnhof Glauchau, bis Penig mit Zug; von da mit dem Bus nach Oberfrohna. Du!! Ich war froh, als ich aussteigen konnte! Soo kalt! Paarmal sind wir eingekehrt, haben was Warmes genossen, aber etwas zu Essen gabs nicht. Ich hab von Semmeln gelebt. Mit Oma zu reisen ist eine Strafe! Man verzeih' mir – aber bestimmt. Sie wollte gleich in's Bett, so krank fühlte sie sich. Sie ist so schlecht zu Fuß und bei dem Schneetreiben und der Kälte soo langsam laufen ist eine Qual! Ach ja!! Du!! Herzlieb!! Das erste, was ich heimgekommen an mich nahm? – rate!! Du!!!!! Dein lieber Brief!! Trotzt Kälte und Hunger!!
Du!! Ich danke Dir sooo von ganzem Herzen Geli[ebte]r!! Du hast mir soo viel Glück und Sonnenschein geschenkt mein [Roland]!! Nun klingt mein Tag erst schön aus!! Auf diesen Liebesgruß habe ich den ganzen Tag so sehnsüchtig gewartet, Herzlieb!! Du!! Ich habe Dich sooo innig lieb!! So sehr, ganz sehr lieb!!! Herzallerliebster!! Du!! Aber heute abend bin ich ganz müde und kalt! Oh – kalt!! Müßt [sic] bald, bald kommen! Du!!! Morgen, wenn ich vom Bäcker komme[,] will ich Dir wieder schreiben, ja? Dickerle!!!!!
Du!! Gut Nacht! Behüt Dich Gott! Geliebter!! Ich bin Dir sooo sehr gut!! Ich liebe, liebe Dich!!! Ich bin ganze Deine [Hilde]. Du!!! Und Du bist mein allerallerliebstes, bestes Mannerle!! Du!!!
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Hilde Nordhoff
Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.
Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen
Oberfrohna
Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946