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[OBF-410409-002-01]
Briefkorpus

Mittwoch, am 9. April 1941.

Mein geliebtes Herz! Du mein lieber, liebster [Roland]!

Herzlieb Du!! Die große Freude ist noch immer in mir, die Glückseligkeit, daß unsre Boten der Liebe uns einbinden wieder[,] ganz fest verbinden. Sooo weit sind wir voneinander entfernt, sooo nahe sind wir uns durch unsre Zeichen der großen Liebe! Du!! Oh Du!! Ich habe Dich so ganz sehr lieb! Mein [Roland]! Ganz tief und fest und traumlos habe ich heute Nacht geschlafen, Herzlieb! Weil ich so froh und glücklich bin, weil ich nun weiß, wir reichen uns wieder ganz lieb und fest die Hände! Ich habe lange nicht mehr von Dir geträumt, wohl seit Du wieder ein stehendes Quartier hast. Die erste Zeit, da Du noch auf der Bahn saßt, habe ich Nacht für Nacht von Dir geträumt – und weil ich in dieser Zeit auch so ganz im Ungewissen war über Dich, da waren meine Nerven mehr aufgepeitscht.

Herzlieb! Vorhin habe ich auf den heutigen Wehrmachtbericht gehört. Du wirst ihn auch täglich mit Spannung verfolgen. Große deutsche Erfolge sind zu verzeichnen – viele Gefangene gemacht, darunter 8 Generale! Und Du bist dem Kämpfen so nahe, Geliebter! Ach, wir sind ja alle, alle mit heißem Herzen dabei in dieser Zeit des neuen Kampfes – jetzt besonders, da ich Dich, mein Lieb, mit dabei weiß.

Wer von uns Deutschen könnte sich dieser großen Zeit verschließen? Mein [Roland]! Es ist eine große Ruhe über mich gekommen, sie ist so wohltuend, so tröstlich – sie ist nicht wie die Ruhe vor einem herannahenden Sturm. Und das nur, weil ich Dich fest in Gottes Händen weiß, das macht mich ganz stark und getrost. Weil ich weiß, wir sind fest, für immer in Liebe verbunden. Mit leisem Befremden höre ich andere Frauen klagen und hilflos reden über ihr Geschick. Ob denn bei ihnen nicht auch der Alltag überstrahlt ist vom großen Glück der Liebe, ob sie denn nicht auch in diesem beglückenden Gefühl die Zeit des bangen Wartens ertragen? Wer kann es sagen? Ob sie wohl alle um diesen letzten Trost wissen, um die eine Zuflucht, wenn alles Menschendenken zu Ende geht?

Ach ja Herzlieb, das ist es wohl, was viele verzweifeln lassen will, weil sie in der Finsternis gehen. Ich und Du, wir sehen das göttliche Licht der Gnade über uns – wir wissen froh den Himmel über uns. Wie unendlich wohl tut das. Du!! Herzlieb!! Ich war auch eine Zeitlang verzagt — ich bin es nicht mehr. Und ich werde es auch nicht mehr. Ich habe gelernt, mich in Gottes Willen zu schicken, weil ich erkannt habe, daß er uns nur mit Weisheit und Güte regiert. Es geschieht nichts umsonst – und der Sinn unsres Geschicks, er wird uns am Ende dieser Zeit auch offenbar werden, Geliebter – wir wissen es. Darum beugen wir uns demütig und still seinem Vaterwillen.

Was uns ganz zuversichtlich und froh sein läßt, das ist der Beweis seiner großen Güte, den wir all die vergangene Zeit daher erfuhren an uns und unserm Bunde. Dafür gebührt Gott Dank, tiefer Dank und größtes, letztes Vertrauen in alle Zeit.

Und das geloben wir ihm beide aus tiefsten Herzen.

Ich befehle Dich ihm so ganz an, Dich, das Liebste, was ich besitze. Mein [Roland]! Du mein Sonnenschein! All mein Glück!!!

Heute ist Dein lieber Bote noch nicht angekommen, er wird dafür morgen erscheinen. Der Siegfried schrieb mir heute einen lieben Brief. Er erlebt den Frühling am Rhein und er kann von sich nur Gutes sagen. Zum Unteroffizier ist er befördert! Denke an, die [Nordhoff]s beginnen zu steigen! Bald wird mein Hubo Gefreiter sein! Ach, was Orden und Rang – wenn ihr uns alle gesund zurückkehrt! Mir ist ein Matrosenhubo, ein ganz gewöhnlicher genau so lieb!! Mein Hubo ohne Uniform tausendmal lieber, weil er so ganz mein ist!

In Kiel haben sie heute Nacht viel Schaden angerichtet, meldet der Wehrmachtbericht – da denke ich immer mit einem leisen Schauder an die Nacht, da wir beide auch in Kiel waren. Du!! Wie wohlbehütet sind wir durch alle Zeit geschritten und es läßt uns diese Tatsache nur immer mehr ganz auf Gott vertrauen. Ins Innere des Reiches gelangen nur selten Engländer mit ihren Fliegern, wir hatten dieses Jahr noch keinen Fliegeralarm.

Mein Herzlieb! Es geht jetzt auf 4 Uhr, ich will noch an Siegfried paar Zeilen schreiben, damit er zu Ostern meine Glückwünsche zur Beförderung hat! Und er fragt mich auch nach Deiner Nummer! Dann möchte ich auch an die liebe Verwandtschaft Ostergrüße senden — ich werde gleich Deine Weihnachtskarten nehmen, die sind schon geschrieben!! Und so viel gibt es noch für mich zu tun. Heute mittag haben wir in der Kirche wieder Ordnung gemacht, alles wieder eingeräumt. Nun kommt das Innenprogramm dran, Schränke und Kästen ausseifen, frisch mit Schrankpapier auslegen (Du! Da nehme ich das feine aus Kamenz, das hat mir die Mutsch bezahlt, Dir hatte sie es vergessen zu bezahlen!) Die Stubenmöbel mit Politur abreiben, Gardinen frisch aufstecken – ach – ich kann Dir doch garnicht alles aufzählen. Sämtliche Türen abseifen, frisch mit Politur bearbeiten. Das ist die Frühjahrsarbeit im Hauswesen – dann ist für den ganzen Sommer Ruhe. Diesmal ist's besonders schlimm, weil der Maler da war. Aber fein ist's bei uns, Du!! Mußt bald mal zu Besuch kommen, ehe es wieder schmutzig wird! Herzlieb!! Ach, ich will noch bissel Geduld haben, dann kommst Du gleich für immer heim, ja? Du!!!

Gründonnerstag ist Abendmahlsfeier in der Kirche mit Kirchenmusik, wir singen den Sanktus': Heilig, heilig ist der Herr. Am Karfreitag, zu Mutters Geburtstag singen wir nachmittags auch, Du weißt es ja schon.

So. Mein Herzlieb! Morgen nehme ich mir noch ein Stündchen Zeit für Dich. Du!!!

Ich liebe Dich so sehr! Du mein herzliebes Mannerli!

Ich bin so ganz Dein, mit allem, was ich habe! Du!!!!! Und Deine Liebe macht mich über alle Maßen froh und glücklich, Geliebter! Du weißt es! Du! Du!!!

Gott behüte Dich mir! Er führe uns bald, recht bald für immer zusammen! Du!!

Bleib schön gesund! Mein Herzallerliebster! Du!!

Ich küsse Dich! Ich grüße Dich herzlich aus der Heimat!

Ich liebe Dich herzinniglich, Du!!!

Ganz Deine [Hilde].

Recht herzliche Grüße auch von den lieben Eltern! Und alle guten Wünsche für Dein Wohlergehen! Ich soll Dich immer grüßen, aber meistens ist gar kein Platz mehr frei dafür! Du!!!

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Hilde Nordhoff

Foto von Hilde Nordhoff. Nahaufnahme, Person im Sommerkleid, im Hintergrund Bäume.
Ba-OBF K01.Ff2_.A12. Hilde Nordhoff, 1940, Oberfrohna, Fotograf unbekannt, Ausschnitt aus Fotoalbum.

Hilde Nordhoff wurde 1920 als Hilde Laube in eine Arbeiterfamilie in Oberfrohna, eine Kleinstadt in Sachsen, hineingeboren. Sie arbeitete ein Jahr lang als Hausangestellte, dann in einem Trikotagenwerk.

Sie kannte Roland Nordhoff aus der Kantorei in Oberfrohna und trat sogar der evangelischen

Über die Korrespondenz

Oberfrohna

Fotografie des Brautpaars Nordhoff am Tag ihrer Hochzeit vor dem Portal der Kirche.

Das Konvolut aus Oberfrohna befindet sich gut erhalten in privaten Händen in Deutschland. Es umfasst 24 Aktenordner mit ca. 2600 Briefen, die zwischen 1 und 20 Seiten lang sind. Der Briefwechsel beginnt im Mai 1938 und dauert, mit einigen kurzen (Urlaubs bedingten) Unterbrechungen, bis Februar 1946